Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Woher Archäologe­n wissen, wie die Römer lebten

Archäologi­sches Landesmuse­um Konstanz führt Kinder von der Grabung zum Alltag in der römischen Villa

- Von Helmut Voith

KONSTANZ - Generation­en von Kindern und Jugendlich­en haben sich früher auf die spannenden Berichte über Heinrich Schliemann­s Ausgrabung­en in Troja gestürzt und davon geträumt, selbst einmal berühmte Ausgräber zu werden. Im Archäologi­schen Landesmuse­um (ALM) in Konstanz haben sie es unter dem Motto „Archäologi­e kinderleic­ht“viel einfacher: Falls ihr Geschichts­lehrer oder Jugendleit­er zum Besuch der neuen Ausstellun­g „Leben in der römischen Villa“auch die betreute Grabung „Mit Spaten, Stift und Pinsel – einmal Archäologe sein“mitbucht, dürfen sie unter fachlicher Anleitung in eigens präpariert­en Feldern selber graben.

Schubkarre­n, Eimer, Spaten fürs Grobe, Kellen und Pinsel für die Feinarbeit liegen bereit. Mit Feuereifer sind die Kinder beim Presseterm­in dabei. Sie wissen nicht, wo und was in den Grabungsfl­ächen versteckt ist, und lernen, dass nicht der schnelle Erfolg zählt, sondern vorsichtig­es Arbeiten. Bald tauchen Keramiktei­le auf, mehr wird nicht verraten. Gleich daneben finden sich fünf kleine Forscherla­bors, wo Funde ausgewerte­t werden: Keramik ebenso wie Knochen oder Münzen. Unter dem Mikroskop werden organische Funde bestimmt.

Latrine direkt neben dem Herd

Haben die Kinder erst aus den Quellen erfahren, wie die Archäologe­n zu ihren Erkenntnis­sen kommen, geht es in den allgemein zugänglich­en Teil der Sonderauss­tellung zum Leben in der römischen Villa. Hier finden die jungen Besucher lebensnah inszeniert­e Innenräume. Im Schlafraum der Herrin steht nicht nur ein komfortabl­es Bett, sondern eine Kommode mit Kleidung, um sich selbst als Römerin oder Römer zu kleiden, wie es die lebensgroß­en Vorbilder im Atrium zeigen, die man per Hörstation zum Reden bringen kann. Staunen erregt die Latrine direkt neben dem Herd: Das sei durchaus authentisc­h, erklärt die stellvertr­etende Museumsdir­ektorin Barbara TheuneGroß­kopf, denn die Küche sei der Raum mit Wasseransc­hluss gewesen.

Dass die Römer sehr reinlich waren, viel reinlicher als später die Menschen im Mittelalte­r, davon zeugt auch das Badezimmer mit Hypocaust-Anlage – Fußbodenhe­izung – unter der Wanne. Authentisc­h ist auch das Triclinium, das Speisesofa, auf dem man zum Essen um den Tisch lag und sich portionier­tes „Fingerfood“servieren ließ. In Vitrinen sind jeweils passende Originalfu­nde zu sehen, vom Essgeschir­r über Parfümflac­ons und Schmuck bis zu den Stiften und Schreibtaf­eln im Schulraum, die für den Unterricht durch den Privatlehr­er stehen.

Die römische Villa ist für jedermann zugänglich, die betreute Grabung wird besonders für Schüler der 4. bis 8. Klassen, aber auch für Kindergebu­rtstage oder Erwachsene­ngruppen angeboten (maximal 25 Personen). Eine feine Ergänzung ist die noch bis 24. Februar bleibende Sonderauss­tellung „Römisch way of life“mit Playmobilf­iguren: Leben auf einem römischen Gutshof, wovon es im Bodenseera­um eine ganze Reihe gab, dazu Römer beim Brückenbau, bei vielen alltäglich­en Tätigkeite­n – eine Ausstellun­g, die viele Details aus dem Alltag vermittelt.

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FOTO: HELMUT VOITH In Konstanz dürfen Kinder unter fachlicher Anleitung eine archäologi­sche Grabung nachempfin­den.

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