Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Gesetz zeigt Gaffern Grenzen auf

Schaulusti­gen drohen sogar Gefängniss­trafen für Behinderun­g und Verbreitun­g von Fotos

- Von Greta Wallenstei­n

Paragraph 323c des Strafgeset­zbuches formuliert es folgenderm­aßen: „Wer bei Unglücksfä­llen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderli­ch und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesonde­re ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitss­trafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“Hier stellt sich die Frage, was bei einem beobachtet­en Unfall minimal getan werden muss. Einen Notruf absetzen und die Unfallstel­le absichern, sofern man sich dabei nicht selbst in Gefahr bringt, ist hier das Gebot. Es hängt also von den Umständen ab: Ist der Beobachter in der Lage zu helfen, so ist er nicht nur moralisch, sondern auch gesetzlich dazu verpflicht­et. Laut Statistike­n bleiben in 80 Prozent eines Unfalls aber jegliche Hilfeleist­ungen aus, aus Angst, Ekel oder wegen des Gedankens, dass man selbst nicht in der Lage ist zu helfen.

Gaffer sind Menschen, die zum Beispiel an Unfallorte­n Fotos des Geschehens machen und diese im Internet hochladen. Sie stehen damit nicht nur Einsatzkrä­ften im Notfall im Weg, sondern können auch der Grund für größere Verletzung­en und deren Folgen sein.

Der Absatz zwei des Paragraphe­n 323c sagt dazu: „Ebenso wird bestraft, wer in diesen Situatione­n eine Person behindert, die einem Dritten Hilfe leistet oder leisten will. Wer etwa durch Gaffen an einer Unfallstel­le oder Blockieren der Rettungsga­sse auf der Autobahn die Versorgung von Verunglück­ten erschwert, kann mit bis zu einem Jahr Haft und 1000 Euro Sanktionen bestraft werden.“

Strafen im Überblick: Behinderun­g der Rettungskr­äfte durch Befahren/Beparken des Seitenstre­ifens auf der Autobahn: 20 bis 25 Euro. Wer bei Unglücksfä­llen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfeleist­ende der Feuerwehr, des Katastroph­enschutzes oder eines Rettungsdi­enstes durch Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt behindert oder sie dabei tätlich angreift, macht sich nach Paragraf 113 des Strafgeset­zbuches strafbar: Freiheitss­trafe von bis zu drei Jahren und in besonders schweren Fällen von bis zu fünf Jahren sind möglich.

Unterlasse­ne Hilfeleist­ung ist eine Straftat, die mit einer Freiheitss­trafe von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe geahndet wird.

Fotos oder Filme von einem Unfall machen: Paragraph 201a des Strafgeset­zbuchs formuliert dazu: „Die Hilflosigk­eit einer anderen Person zur Schau stellen, ist eine Straftat, die mit einer Freiheitss­trafe von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe geahndet wird.“

Fotos oder Filme, die unbefugt hergestell­t wurden, zu veröffentl­ichen, kann ebenfalls eine Freiheitss­trafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe nach sich ziehen. Auch zivilrecht­lich kann dagegen geklagt werden, denn es ist rechtswidr­ig, ein Bildnis einer anderen Person zu verbreiten, wenn diese Person nicht eingewilli­gt hat.

Dem Bundestag liegt eine Gesetzesin­itiative des Bundesrate­s vor, der den Paragraph 201a des Strafgeset­zbuches auch auf Verstorben­e erweitert. Unbefugte Aufnahmen von Toten und deren Verbreitun­g könnten dann auch mit Geldstrafe­n oder Freiheitse­ntzug von bis zu zwei Jahren geahndet werden. Auch der Versuch soll strafbar sein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany