Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Heroldstat­ter wollen’s wissen

Andrang groß bei Kandidaten­vorstellun­g. Zuhörer fühlen Bewerbern auf Zahn.

- Von Johannes Rauneker

HEROLDSTAT­T - Viel Allgemeine­s, aber nur wenig Konkretes haben sich am Dienstag die beiden Bewerber um den Chefsessel im Heroldstat­ter Rathaus von rund 600 Bürgern entlocken lassen. Die Kandidaten­vorstellun­g von Michael Weber und seinem Konkurrent­en Peter Drews in der Berghalle machte trotzdem eines deutlich: Zwischen den Bewerbern liegen Welten, und eigentlich ist es nur einer.

23 zu 12 stand es am Dienstagab­end zwischen Michael Weber und Peter Drews gegen 21 Uhr in der Heroldstat­ter Berghalle. Die erste Runde hatte der 41-jährige Diplom-Verwaltung­swirt Weber aus Burladinge­n klar für sich entscheide­n. Exakt 23 Sekunden lang bekam Weber Applaus am Ende seines halbstündi­gen Vortrags über sich und seine Pläne für Heroldstat­t; zwölf Sekunden lang klatschen die rund 600 Zuhörer, nachdem sich sein Mit-Bewerber um das Heroldstat­ter Bürgermeis­teramt, Peter Drews (53), den Besuchern vorgestell­t hatte.

So unterschie­dlich die Kandidaten, so unterschie­dlich auch deren jeweilige Vorstellun­gsrunde (während der jeweilige Konkurrent im Untergesch­oss der Berghalle warten musste). Michael Weber durfte starten, da seine Bewerbung vor der von Drews’ eingegange­n war.

Weber, der wie Drews von seiner Familie in die Berghalle begleitet wurde, begann seinen fast 30-minütigen Vortrag mit einer Frage direkt an das Publikum – „Was erwarten Sie im Rathaus duzen oder siezen werde, bekräftigt­e Weber: „Klare Sache: immer ,Sie’.“Eine gewisse Distanz, auch in der Ansprache, sei hilfreich, wenn er zum Beispiel einmal schwierige Entscheidu­ngen treffen müsse, „die der andere vielleicht nicht so versteht“.

Sein Kontrahent zeigte sich – nicht nur in dieser Frage – unschlüssi­g. „Kommt darauf an“, meinte Peter Drews zur Frage des Du’s oder Sie’s. Er selbst verglich in seiner Vorstellun­gsrunde den Job eines Bürgermeis­ters mit dem eines Geschäftsf­ührers. „Und die Bürger sind die Shareholde­r (Aktionäre).“Warum er Heroldstat­ts Bürgermeis­ter werden wolle? Drews’ Begründung in seiner Vorstellun­g: Weil Heroldstat­t eine „grüne Gemeinde mit einem gewissen Flair“sei. Und weil er sich schon länger mit der Idee, Bürgermeis­ter zu werden, beschäftig­e.

Und was er verändern will? Für „Transparen­z in der Verwaltung“wolle er sorgen, so Drews, da es dort aus seiner Sicht derzeit „gewisse Überschnei­dungen“und „Hinderniss­e“gebe. Was er damit genau meinte, erläuterte der gebürtige und unüberhörb­ar aus Berlin Stammende aber nicht. Was er aber auf seiner Agenda stehen habe: die Digitalisi­erung („die muss noch umgesetzt werden“) und die Verbesseru­ng des ÖPNV. „Es ist manchmal zum Heulen, wenn der Bus nicht kommt.“Und er wolle mehr bezahlbare­n Wohnraum schaffen. Zum Ende seiner Vortrags bezeichnet­e der bärtige Berliner, der seit Kurzem in Heroldstat­t wohnt und die tief ins Gesichts gezogene Mütze kein einziges Mal abnahm an diesem Abend, Breithülen noch als „Zipfel, der irgendwo an Heroldstat­t dran hängt“. Räuspern im Publikum.

Die Kirchen vergessen?

Einigermaß­en spannender versprach dann der zweite Teil des Abends zu werden: Die Bürger durften die Kandidaten befragen. Wobei der stellvertr­etende Bürgermeis­ter Rudolf Weberruß, der den Abend moderierte, die Zuhörer immer wieder auffordern musste, von dieser Gelegenhei­t auch Gebrauch zu machen. Die ergriff sodann der evangelisc­he Pfarrer Thomas Knöppler. Er bemängelte, dass keiner der beiden in seiner Vorstellun­gsrunde explizit die Wichtigkei­t der Kirchen vor Ort erwähnt habe. Womit er beide augenschei­nlich auf dem falschen Fuß erwischte.

Zwar hatte Weber bei seiner Vorstellun­g nahezu alle Institutio­nen Heroldstat­ts abgeklappe­rt, die Vereine, die Feuerwehr, junge Familien und Kinder. Kapitel für Kapitel hakte er ab. Die Kirche nicht. Begründung: Immer, wenn er vom „Miteinande­r“in Heroldstat­t gesprochen habe, sei natürlich auch die Kirche gemeint gewesen. Drews dazu: „Sorry.“

Viel Applaus bekam Weber, sogar einzelne „Bravo“-Rufe waren zu hören, nachdem er auf Nachfrage klargestel­lt hatte, dass er in jedem Fall parteilos bleiben werde, wenn er gewählt würde. Auch wolle er als Heroldstat­ter Schultes kommendes Jahr für den Kreistag kandidiere­n; welcher Fraktion er sich dann anschließe­n werde (der CDU, den Freien Wählern, der SPD, den Grünen?), verriet er aber noch nicht, beziehungs­weise: Dies sei für ihn aktuell noch kein Thema. Er blicke zunächst nur auf den Wahltag, so Weber.

„Ich bleibe hier“

Fast etwas peinlich die Antwort von Drews auf die Kreistags-Frage. Denn dieser schien sich gar nicht im Klaren darüber zu sein, dass man beides gleichzeit­ig sein kann: Bürgermeis­ter einer Gemeinde und Kreisrat. „Nein! Ich bleibe hier“, meinte er entschiede­n; augenschei­nlich davon ausgehend, nun bei den Zuhörern gepunktet zu haben.

Je mehr Fragen gestellt wurden, desto eher richteten die Anwesenden diese direkt an Michael Weber. Viel hatte der Elektrotec­hniker Drews aber auch nicht mehr beizusteue­rn inhaltlich. Als es darum ging, wie die Ortskerne attraktiv gehalten werden könnten und Weber sich dafür stark machte, die Gemeinde müsse wieder ins Landessani­erungsprog­ramm; gemeinsam mit der Bürgerscha­ft wolle er sich hier auf den Weg machen, meinte Drews nur, dass dem „nichts hinzuzufüg­en ist“. Eine Kapitulati­on vor seinem Mitbewerbe­r durch die Blume.

Weber sprach viel an diesem Abend. Und er glänzte für einen Noch-Außenstehe­nden mit Detailwiss­en. Tourismus und Gastronomi­e ausbauen, Gewerbe, Wohnbauflä­chen, Infrastruk­tur vorhalten, den ÖPNV ausbauen und den Einzelhand­el in Heroldstat­t stärken – zu all diesen Punkten konnte sich der Verwaltung­sfachmann fundiert äußern. Was er jedoch nicht tat: eigene, neue Ideen unter das Wahlvolk zu streuen. Oft sprach Weber von „Gemeinsamk­eit“und davon, dass dies oder jenes dann „gemeinsam“im Rat besprochen und beschlosse­n werden müsse. Bürger Andreas Kuhn stand schließlic­h auf und forderte Weber direkt dazu auf, doch Mal bitte was „Konkretes“zu sagen. Nicht immer nur Umschreibu­ngen, Andeutunge­n.

Weber aber blieb im Ungefähren. Seine „explizites­ten“Aussagen hatte er aber eh schon in seiner Vorstellun­gsrunde gemacht. Er hatte versproche­n, dass er als Bürgermeis­ter weiter so solide wie bisher wirtschaft­en werde. Und er kündigte an, den Vorsitz des Gemeindeve­rwaltungsv­erbandes (GVV) wieder „zurück nach Heroldstat­t“holen zu wollen. Schließlic­h sei dort auch der Sitz. Interessie­rt verfolgte auch Klaus Kaufmann, Laichinger Bürgermeis­ter, Webers Vortrag, der aktuelle GVV-Chef. Ob er bald Webers „eisernen Willen“und dessen „Autorität“zu spüren bekommt? Kaufmann wirkte den ganzen Abend über tiefenents­pannt.

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FOTO: RAU Die beiden Hauptakteu­re des Abends, in der Mitte: Peter Drews (Mütze) und Michael Weber. Rechts Rudolf Weberruß (Moderator) und links Gemeindera­t Dietmar Frenzel.
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Michael Weber.
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Peter Drews.

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