Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Verlust landwirtschaftlicher Fläche tut mir weh“
Merklinger Ratsmitglieder sprechen über interkommunales Gewerbegebiet – mit Bedenken
MERKLINGEN - In allen zwölf Kommunen des Verbands „Region Schwäbische Alb“ist derzeit das interkommunale Industrie- und Gewerbegebiet Thema. Drei mögliche Standorte sind vorgesehen, über deren Vor- und Nachteile das Planungsbüro Künster in den einzelnen Gremien informiert. In Merklingen präsentierte in der Gemeinderatssitzung am Dienstagabend der Planungsbüro-Mitarbeiter Martin Homm das Vorgehen und die Entscheidungen, die zu einer Standortkonzeption führten.
Drei Möglichkeiten: Insgesamt hat das Büro Künster drei Standortmöglichkeiten ausgearbeitet. Das erste Gebiet liegt zwischen Laichingen und Machtolsheim. Dieses ist nicht an vorderster Stelle gewichtet, da das Gebiet weiter weg von der Autobahn 8 liegt. Ein weiterer Standort wurde zwischen Merklingen und Nellingen – im westlichen Bereich – ausgemacht. Die dritte Fläche liegt der zweiten gegenüber. Dazwischen sind Aussiedlerhöfe zu finden; machbar also, aber auch nicht ideal. Favorisiert werde also die zweite Variante mit Flächen auf Merklinger und Nellinger Gemarkung.
Zum Hintergrund: Im November 2016 fand die konstituierende Sitzung des Verbands „Region Schwäbische Alb“statt, in der sich Vertreter der Stadt Laichingen sowie der Gemeinden
Berghülen, Drackenstein, Heroldstatt, Hohenstadt, Merklingen, Nellingen und Westerheim das Ziel setzten, mit dem Bahnhof Merklingen für die weitere positive Entwicklung der Region einen Grundstein zu legen. Als ein zusätzliches Ziel wurde ein interkommunales Industrieund Gewerbegebiet angedacht. Mitte des vergangenen Jahres entschlossen sich die Stadt Wiesensteig und die Gemeinden Ditzenbach, Mühlhausen und Dornstadt, dem Verband ebenfalls beizutreten. Ziel der Standortkonzeption für das interkommunale Gewerbegebiet, die im April dieses Jahres in Auftrag gegeben wurde, war eine Untersuchung der Gesamtfläche der zwölf Verbandsmitglieder mit Blick auf die Ausweisung eines entwicklungsfähigen Bereichs von insgesamt 50 Hektar. Die ursprüngliche Gesamtfläche umfasste insgesamt 33 000 Hektar – ohne jegliche voranzustellenden Ausschluss- und Begünstigungskriterien.
Die Ausschlusskriterien: Um zu der Standortkonzeption zu gelangen, gab es mehrere Schritte, die wiederum Gebiete ausschlossen. In einem ersten Schritt wurden naturschutzrechtliche Vorgaben berücksichtigt. Danach wurden alle planungsrechtlichen Restriktionen angeschaut. Der dritte Schritt umfasste die Untersuchung von Prüfkriterien und Prüfflächen. Dazu zählten beispielsweise die Anbindung an die übergeordnete Verkehrsinfrastruktur, Vorgaben durch die Topographie, Konflikte mit Erholungsnahgebieten oder die Qualität des Landschaftsbildes. Nachdem die Summe aller Ausschlusskriterien erfasst war, stand laut Homm fest, dass noch etwa 4000 Hektar übrig bleiben, woraus wiederum jene drei Standorte resultieren. Es sollten eine optimale Anbindung an das Verkehrsnetz, eine geringe Schutzbelastung für Mensch und Landschaftsbild sowie gute Bauverhältnisse mit Blick auf Altlasten und Kosten aus der Untersuchung hervorgehen.
Die Diskussion im Rat: Der Merklinger Bürgermeister Sven Kneipp (parteilos) stellte klar, dass es sich jetzt zunächst um eine Konzeption handelt. Eigentumsverhältnisse seien dahingehend noch nicht einbezogen. „Es ist eine sehr sachliche Arbeit“, so das Gemeindeoberhaupt.
Ratsfrau Brigitte Burghardt hatte etwas ganz anderes auf dem Herzen: „Der Verlust von landwirtschaftlicher Fläche tut mir weh. 50 Hektar sind enorm.“Zudem werde im Konzept nicht die Gemarkungsfläche der einzelnen Verbandsmitglieder bedacht. Merklingen sei durch die Bahnund AutobahnBaustelle schon „gebeutelt“. Der Bürgermeister nickte verständnisvoll. Fakt sei aber, dass ein 15 oder 20 Hektar großes Gebiet überregional nicht bedeutsam sei. Die Entwicklung der 50 Hektar erfolge aber auch nicht auf einen Schlag. „Dennoch sind unsere Landwirte betroffen. Es ist eine Belastung, kann aber gleichzeitig auch Chance für unsere Raumschaft sein“, sagte Kneipp. Er merkte auch an: Der Flächenfraß werde nicht weniger, wenn die Kommunen jeweils für sich Gewerbegebiete ausweisen, die Zersiedlung jedoch sei verstärkt.
„Die Landwirte werden leiden“, prophezeite Klaus Danzer und fügte an: „Aber ein solches Gebiet muss eine gute Verkehrsanbindung haben.“Ähnlich sah es Marie-Luise Jakob: „Ich bin froh, dass das priorisierte Gebiet so rausgekommen ist. Es ist in der Nähe des Bahnhofs Merklingen. Jeglicher anderer Standort wäre sonst auch noch zusätzlich mit Verkehr belastet.“
Thema war dann auch die Debatte um Ausgleichsfläche, die künftig im Verband geführt werden müsse. Auch das Nellinger Gremium hatte in der vergangenen Woche darüber beraten und zur Bedingung gemacht, dass sich alle Kommunen im Verband an eben diesem Ausgleich beteiligen. Die Last könne nicht nur von den direkt Betroffenen – Nellingen und Merklingen – getragen werden. Das sah das Merklinger Gremium ebenso.
„Es ist eine sehr sachliche Arbeit“, sagt Bürgermeister Sven Kneipp zur Standortkonzeption des Planungsbüros Künster.