Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Wie Neu-Ulm Einwanderer einbinden will
Im neuen Integrationskonzept der Stadt geht es weniger um Flucht und Asyl - Warum das Vorhaben so wichtig ist
NEU-ULM - Die Stadt Neu-Ulm hat ein strategisches Integrationskonzept erarbeitet. Es sei nicht so sehr „auf Flucht und Asyl“ausgerichtet, sagte der zuständige Fachbereichsleiter Ralph Seiffert bei der Vorstellung des Konzepts. Denn das sei hier momentan nicht das große Thema. Stattdessen liege der Schwerpunkt in der Integration – auch von Mitbürgern, die schon lange hier leben. Das strategische Konzept, das mit allen beteiligten Stellen wie zum Beispiel den Kammern, Bildungs- und Sozialeinrichtungen, erarbeitet wurde, soll auch dazu dienen, sich „für den Ernstfall zu wappnen, zum Beispiel für eine kurzfristige Flüchtlingswelle“, erläuterte Seiffert. Der Ausschuss für Bildung, Familie und Kultur hat am Dienstagnachmittag einstimmig sein Ja gegeben.
Der Fachbereichsleiter berichtete, dass man sich ganz bewusst für ein strategisches Konzept entschieden habe. Gemäß diesem gebe es Ober- und Teilziele, an denen nie gerüttelt werde. Man könne auf Veränderungen reagieren, ohne das Erreichen des Ziels zu gefährden. Ein Integrationskonzept war der Stadt ganz wichtig. „Neu-Ulm hat einen Ausländeranteil von 19 Prozent, der liegt über dem bundesdeutschen Durchschnitt“, betont Ralph Seiffert. „In unserer Stadt leben Menschen aus 98 Nationen. In der Vergangenheit war Migration immer ein Thema, aber man hat nichts getan. Es gibt hier Menschen, die sind nur scheinbar integriert. Sie fühlen sich in unserem System nicht wohl, sind also nicht wirklich integriert.“
Deshalb reagiert Neu-Ulm jetzt auf diesen Umstand. „Wir brauchen ein Konzept, damit uns in 40, 50 oder 60 Jahren niemand vorwerfen kann, wir hätten es nicht zumindest versucht, etwas für die Integration zu tun“, sagt Seiffert. Er sieht nicht nur Negatives: „In Neu-Ulm leben die Leute in friedlicher Koexistenz, aber wir müssen für die Zukunft vorbauen.“
Klar sei, dass die Stadt meistens nur die Rolle des Initiators, Ideengebers und Netzwerkers übernehmen könne, sagte Seiffert. „Für die Umsetzung müssen, zum Beispiel in der Wirtschaft, andere sorgen.“Das neue Integrationskonzept leiste eine wichtige Hilfestellung. Aus der Koordinierungsstelle Flucht und Asyl sei nun die Koordinierungsstelle interkulturelles Neu-Ulm geworden. Geleitet wird sie von Silvia Godano und Ildiko Dienel, die sich eine Stelle teilen. Fachbereichsleiter Seiffert betont, dass bei der Integrationsarbeit beide Seiten betrachtet werden müssen: Die Menschen, die sich integrieren wollen oder müssen und die, die ohne Migrationshintergrund sind, also hier geboren sind. „Es muss einen gemeinsamen Wertekanon geben“, betont er, „basierend auf der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland“.
Dabei gelte, dass Recht nicht gebogen werden könne. „Wo es der rechtliche Spielraum zulässt, wollen wir aber das Maximale herausholen“, verspricht Seiffert zum Beispiel mit dem Blick auf mögliche Abschiebungen.
Beteiligte sollen sich vernetzen
Der erste Schritt bei der Umsetzung des Konzepts sei die Bildung eines funktionierenden Netzwerkes. Im Projekt spielen Sprache und Bildung, Arbeitsmarktintegration, Wohnen, Vernetzung und Transparenz sowie gesellschaftliche Teilhabe die zentrale Rolle. Zum Themenschwerpunkt Bildung und Sprache heißt es im Konzept unter anderem: Sprachkursangebot und Kinderbetreuung ausweiten; Kulturaustausch und Erfahrungsaustausch fördern. Beim Thema Wohnen wird zum Beispiel angeführt: Bezahlbaren Wohnraum schaffen; Diskriminierung bei der Wohnungssuche vermeiden. Zur gesellschaftlichen Teilhabe wird zum Beispiel angekündigt: Kontakt zwischen Zugewanderten und Einheimischen herstellen; Möglichkeiten zum sprachlichen und kulturellen Austausch schaffen. Ganz wichtig ist das Thema Arbeitsmarkt. Da heißt es unter anderem: viele Jobvermittlungsangebote; Handlungshilfen wie Schritte, Verfahren, Ansprechpartner, Adressen, interkulturelle Kompetenz bereitstellen.
Dies und mehr im 50 Seiten umfassenden Konzept klingt selbstverständlich. Ist es offenbar aber nicht. Ralph Seiffert und seine Mitarbeiter sind sehr engagiert zu Werke gegangen und haben ein sehr detailliertes Konzept vorgelegt. Der Fachbereichsleiter blickt auch sehr zuversichtlich in die Zukunft: „Ich bin sehr optimistisch, dass die Verschmelzung der Menschen gelingt. Es ist für jeden eine Win-win-Situation.“