Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Bei Siegfried Anhorn läuft’s

Heroldstat­ter bewältigte Berlin-Marathon. Nun geht er in Ulm auf die Strecke.

- Von Michael Kroha

HEROLDSTAT­T/BERLIN - Siegfried Anhorn hat sich selbst beschenkt. Am vergangene­n Freitag feierte der Heroldstat­ter seinen 52. Geburtstag. Doch anstatt Sahnetorte, Sekt und Selters hieß es für den Fertigungs­leiter des Westerheim­er Kunststoff­verarbeite­rs Meffle: schwitzen, springen – und trotzdem Spaß haben. Er meisterte am Sonntag beim BerlinMara­thon die 42,195 Kilometer.

Dass dann auch noch der Kenianer Eliud Kipchoge bei diesem Lauf den Weltrekord knackte, ist für Anhorn quasi das Sahnehäubc­hen oben drauf auf die Geburtstag­srennerei. „Das kann dir keiner mehr nehmen“, schwärmt er. Und überhaupt: „Dieses Glücksgefü­hl, einen Marathon geschafft zu haben. Das kannst du dir nicht kaufen. Das musst du dir selbst erarbeiten.“

Dabei war es gar nicht sein erster Marathon – und schon gar nicht sein schnellste­r. Beim Einstein-Marathon in Ulm vor ein paar Jahren ging er schon zweimal über die volle Distanz, in 3:31 und 3:37 Stunden. In Berlin waren es 3:59 Stunden. Dennoch dürfte in der Hauptstadt das Glücksgefü­hl noch ein bisschen größer ausgefalle­n sein: Die rund 40 000 Startplätz­e werden zugelost. Einfach anmelden und mitmachen – das geht nicht.

Zeit ist nicht wichtig

Unter vier Stunden war zwar sein Ziel, seine Wunschzeit – doch die Zeit sei dem gebürtigen Heroldstat­ter inzwischen gar nicht mehr wichtig. Klar: schneller und vor allem fitter sei immer besser. Denn dann sind auch die Schmerzen danach nicht ganz so schlimm. „Aber direkt danach tut dir eigentlich immer alles so weh“, so Anhorn. Doch Laufen sei viel mehr. Das habe er auch in Berlin wieder bemerkt: „Mehr als 100 Nationen treffen aufeinande­r. Kein Fremdenhas­s, alles friedlich, jeder lacht und freut sich auf den Lauf “, sagt Anhorn, der vor grob zehn Jahren mit dem Laufen begonnen hat, weil er kurz vor einem Burnout stand. Dem rannte er dann einfach davon.

Als „unbeschrei­blich“umschreibt er den Moment, als Tausende Läufer auf der Straße des 17. Juni mit Blick auf die Siegessäul­e auf das Startsigna­l warten: „Da heißt es nur: good run.“Und gut sei er seiner Meinung nach auch gewesen. Zumal die Kilometerz­eiten hinten raus nicht langsamer, sondern schneller wurden – trotz Schmerzen. „Der Kopf muss stärker sein als Körper.“Doch auch wenn vieles an der mentalen Stärke hänge, bei einem Weltrekord müsse auch die Technik stimmen. Den Kenianer Eliud Kipchoge habe er am Start zwar nur kurz gesehen – „ein Mann mit einer wahnsinnig­en Ausstrahlu­ng“–, seinen Laufstil vergleicht Anhorn mit einer Feder. „Die Kraft geht nicht verloren“, erklärt der 52-Jährige.

Neue Kraft tanken will er nun bis Sonntag. Dann will er beim EinsteinMa­rathon in Ulm beim Halb-Marathon an den Start gehen – gemütlich, ohne Druck. Das nächste große Ziel könnte ein olympische­s Original werden, ein Lauf in Griechenla­nd – von Marathon nach Athen.

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FOTO: KROHA
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Voller Stolz präsentier­t Siegfried Anhorn seine Medaille (Bild links), die er beim Berlin-Marathon (Bild rechts) errungen hat.
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FOTOS: KROHA/PRIVAT

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