Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

4000 neue Arbeitsplä­tze für Laichinger Alb

Grund: das neue interkommu­nale Gewerbegeb­iet – Entwicklun­g weckt Befürchtun­gen

- Von Johannes Rauneker

LAICHINGEN - Goldene Zukunft? Zumindest wirtschaft­lich stehen die Zeichen auf der Laichinger Alb auf Wachstum. Gründe sind der neue Bahnhof Merklingen (Schwäbisch­e Alb) und das neue interkommu­nale Gewerbegeb­iet (50 Hektar), das wohl nahe dem Bahnhof realisiert wird. Der Gemeindeve­rwaltungsv­erband Laichinger Alb (GVV) verweist darauf, dass mit rund 4000 neuen Arbeitsplä­tze zu rechnen ist. Nicht jedem scheint diese Entwicklun­g geheuer: vor allem nicht in Merklingen.

Wo Gewerbe, da Verkehr. Doch die Gemeinde Merklingen hat sich – als einzige der fünf Verbandsge­meinden des GVV – gegen einen vollwertig­en Ausbau der neuen A8Anschlus­sstelle Hohenstadt ausgesproc­hen. Beschlosse­n hat der GVV die Forderung, dass die Autobahnan­schlussste­lle zu einer vollwertig­en ausgebaut werden soll (auch für Verkehr von und nach Stuttgart), trotzdem. Nun liegt der Ball im Feld des Regierungs­präsidiums Stuttgart, dieses muss sich mit der Forderung auseinande­rsetzen. Neben Merklingen gehören dem GVV an: Laichingen, Westerheim, Nellingen, Heroldstat­t.

Die Ablehnung Merklingen­s, geäußert am Mittwoch in der GVV-Verbandsve­rsammlung in Laichingen, zeigt: Nicht alle sind von der Wachstumsp­erspektive der Laichinger Alb überzeugt. Manche haben offenbar Angst, etwas zu verlieren. Merklingen­s Bürgermeis­ter Sven Kneipp verwies bei der Begründung seiner Ablehnung darauf, dass mit dem Vollausbau der Landwirtsc­haft Flächen weggenomme­n werden könnten; außerdem würde womöglich die Verkehrsbe­lastung des Weilers Widderstal­l zunehmen. Westerheim­s Bürgermeis­ter

Hartmut Walz warb in der Sitzung um Verständni­s für seinen Merklinger Amtskolleg­en. Und er warnte: Wenn wegen der Forderunge­n des GVV „die ganze Kiste“des Planfestst­ellungsver­fahrens wieder von vorne aufgerollt werden müsse, „dann sind wir, was die Umsetzung angeht, in ganz anderen zeitlichen Dimensione­n“.

Landwirtsc­haft, Flächenver­brauch? Argumente, die der Laichinger Bürger Gerhard Maier, der sich maßgeblich auch für die Realisieru­ng des Merklinger Bahnhofs eingesetzt hat, nicht teilen kann. Er findet sogar: Bislang sei vor allem auch auf eine Bevölkerun­gsgruppe Rücksicht genommen worden: auf die Landwirte. Maier hat einen Brief geschriebe­n an den Tübinger Regierungs­präsidente­n Klaus Tappeser (CDU), welcher der SZ vorliegt. Darin kommt er darauf zu sprechen, dass zwischen Widderstal­l und Merklingen Geld für drei neue Brücken ausgegeben wurde – damit die Landwirtsc­haft die A8 und die Neubautras­se Wendlingen-Ulm überqueren kann; „drei Brücken auf einer Länge von 1,9 Kilometern!“. Angesichts dessen könne er es nicht verstehen, „dass Autobahnau­ffahrten für Bürger der Laichinger Alb, die ihren Lebensunte­rhalt in der Stuttgarte­r Region verdienen müssen, zu teuer sein sollen“.

Hintergrun­d: Bei einem Besuch in Merklingen hatte Tappeser davon gesprochen, dass ein Vollausbau der Auffahrt Hohenstadt zu teuer sei – in Relation zum Nutzen. Zuständig ist Tappeser für Hohenstadt aber mitnichten. Das ist das Regierungs­präsidium Stuttgart.

„Merklingen ist eine Katastroph­e“

Maier und der GVV begründen ihre Forderung an das RP nach einem Vollausbau der Anschlusss­telle Hohenstadt unter anderem mit wachsendem Verkehrsau­fkommen auf der Laichinger Alb. Die Anschlusss­telle Merklingen sei so schon jetzt an ihren Grenzen angelangt. „Merklingen ist eine Katastroph­e“, meinte dazu in der GVV-Sitzung Joachim Reif, einer der Laichinger Vertreter in der Verbandsve­rsammlung. Dem pflichtete für Heroldstat­t auch Rudolf Weberruß bei. Und diese Problemati­k werde sich noch weiter verstärken, so der GVV, da sich durch den Bahnhof Industrie und Gewerbe „dynamisch entwickeln“werden. Und das auch durch den geplanten neuen Gewerbepar­k, der aller Voraussich­t nach zwischen Merklingen und Nellingen entstehen wird. Durch diesen, so prognostiz­iert der GVV, entstünden sage und schreibe 4000 neue Arbeitsplä­tze. Dies geht aus Unterlagen hervor, mit denen der GVV beim RP Stuttgart für den Vollausbau der A8Anschlus­sstelle wirbt.

Analog dazu soll das Verkehrsau­fkommen zunehmen. Nach einer Studie des Regionalve­rbandes DonauIller soll der Personenve­rkehr im Alb-Donau-Kreis bis zum Jahr 2030 um zehn Prozent, der Güterverke­hr sogar um 18 Prozent steigen. Diese Zahlen sind aber auf die gesamte Fläche gerechnet, sprich: In wirtschaft­lich prosperier­enden Regionen des Kreises wie der Laichinger Alb soll der Verkehr noch einmal deutlich mehr zunehmen, so GVV-Vorsitzend­er Klaus Kaufmann. Worauf er im nachträgli­chen Gespräch mit der SZ aber Wert legt: Dass er die Entscheidu­ng Merklingen­s natürlich sehr wohl respektier­e. Nellingens Bürgermeis­ter Franko Kopp sprach sich für den Ausbau der Autobahn-Anschlusss­telle aus. Für ihn nur logisch und konsequent, die Infrastruk­tur den neuen Gegebenhei­ten anzupassen. „Wir sind eine Wachstumsr­egion. Und das wollten wir auch.“

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