Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
4000 neue Arbeitsplätze für Laichinger Alb
Grund: das neue interkommunale Gewerbegebiet – Entwicklung weckt Befürchtungen
LAICHINGEN - Goldene Zukunft? Zumindest wirtschaftlich stehen die Zeichen auf der Laichinger Alb auf Wachstum. Gründe sind der neue Bahnhof Merklingen (Schwäbische Alb) und das neue interkommunale Gewerbegebiet (50 Hektar), das wohl nahe dem Bahnhof realisiert wird. Der Gemeindeverwaltungsverband Laichinger Alb (GVV) verweist darauf, dass mit rund 4000 neuen Arbeitsplätze zu rechnen ist. Nicht jedem scheint diese Entwicklung geheuer: vor allem nicht in Merklingen.
Wo Gewerbe, da Verkehr. Doch die Gemeinde Merklingen hat sich – als einzige der fünf Verbandsgemeinden des GVV – gegen einen vollwertigen Ausbau der neuen A8Anschlussstelle Hohenstadt ausgesprochen. Beschlossen hat der GVV die Forderung, dass die Autobahnanschlussstelle zu einer vollwertigen ausgebaut werden soll (auch für Verkehr von und nach Stuttgart), trotzdem. Nun liegt der Ball im Feld des Regierungspräsidiums Stuttgart, dieses muss sich mit der Forderung auseinandersetzen. Neben Merklingen gehören dem GVV an: Laichingen, Westerheim, Nellingen, Heroldstatt.
Die Ablehnung Merklingens, geäußert am Mittwoch in der GVV-Verbandsversammlung in Laichingen, zeigt: Nicht alle sind von der Wachstumsperspektive der Laichinger Alb überzeugt. Manche haben offenbar Angst, etwas zu verlieren. Merklingens Bürgermeister Sven Kneipp verwies bei der Begründung seiner Ablehnung darauf, dass mit dem Vollausbau der Landwirtschaft Flächen weggenommen werden könnten; außerdem würde womöglich die Verkehrsbelastung des Weilers Widderstall zunehmen. Westerheims Bürgermeister
Hartmut Walz warb in der Sitzung um Verständnis für seinen Merklinger Amtskollegen. Und er warnte: Wenn wegen der Forderungen des GVV „die ganze Kiste“des Planfeststellungsverfahrens wieder von vorne aufgerollt werden müsse, „dann sind wir, was die Umsetzung angeht, in ganz anderen zeitlichen Dimensionen“.
Landwirtschaft, Flächenverbrauch? Argumente, die der Laichinger Bürger Gerhard Maier, der sich maßgeblich auch für die Realisierung des Merklinger Bahnhofs eingesetzt hat, nicht teilen kann. Er findet sogar: Bislang sei vor allem auch auf eine Bevölkerungsgruppe Rücksicht genommen worden: auf die Landwirte. Maier hat einen Brief geschrieben an den Tübinger Regierungspräsidenten Klaus Tappeser (CDU), welcher der SZ vorliegt. Darin kommt er darauf zu sprechen, dass zwischen Widderstall und Merklingen Geld für drei neue Brücken ausgegeben wurde – damit die Landwirtschaft die A8 und die Neubautrasse Wendlingen-Ulm überqueren kann; „drei Brücken auf einer Länge von 1,9 Kilometern!“. Angesichts dessen könne er es nicht verstehen, „dass Autobahnauffahrten für Bürger der Laichinger Alb, die ihren Lebensunterhalt in der Stuttgarter Region verdienen müssen, zu teuer sein sollen“.
Hintergrund: Bei einem Besuch in Merklingen hatte Tappeser davon gesprochen, dass ein Vollausbau der Auffahrt Hohenstadt zu teuer sei – in Relation zum Nutzen. Zuständig ist Tappeser für Hohenstadt aber mitnichten. Das ist das Regierungspräsidium Stuttgart.
„Merklingen ist eine Katastrophe“
Maier und der GVV begründen ihre Forderung an das RP nach einem Vollausbau der Anschlussstelle Hohenstadt unter anderem mit wachsendem Verkehrsaufkommen auf der Laichinger Alb. Die Anschlussstelle Merklingen sei so schon jetzt an ihren Grenzen angelangt. „Merklingen ist eine Katastrophe“, meinte dazu in der GVV-Sitzung Joachim Reif, einer der Laichinger Vertreter in der Verbandsversammlung. Dem pflichtete für Heroldstatt auch Rudolf Weberruß bei. Und diese Problematik werde sich noch weiter verstärken, so der GVV, da sich durch den Bahnhof Industrie und Gewerbe „dynamisch entwickeln“werden. Und das auch durch den geplanten neuen Gewerbepark, der aller Voraussicht nach zwischen Merklingen und Nellingen entstehen wird. Durch diesen, so prognostiziert der GVV, entstünden sage und schreibe 4000 neue Arbeitsplätze. Dies geht aus Unterlagen hervor, mit denen der GVV beim RP Stuttgart für den Vollausbau der A8Anschlussstelle wirbt.
Analog dazu soll das Verkehrsaufkommen zunehmen. Nach einer Studie des Regionalverbandes DonauIller soll der Personenverkehr im Alb-Donau-Kreis bis zum Jahr 2030 um zehn Prozent, der Güterverkehr sogar um 18 Prozent steigen. Diese Zahlen sind aber auf die gesamte Fläche gerechnet, sprich: In wirtschaftlich prosperierenden Regionen des Kreises wie der Laichinger Alb soll der Verkehr noch einmal deutlich mehr zunehmen, so GVV-Vorsitzender Klaus Kaufmann. Worauf er im nachträglichen Gespräch mit der SZ aber Wert legt: Dass er die Entscheidung Merklingens natürlich sehr wohl respektiere. Nellingens Bürgermeister Franko Kopp sprach sich für den Ausbau der Autobahn-Anschlussstelle aus. Für ihn nur logisch und konsequent, die Infrastruktur den neuen Gegebenheiten anzupassen. „Wir sind eine Wachstumsregion. Und das wollten wir auch.“