Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Findet gefälschte Laichinger Hungerchronik Erwähnung?
SWR3 strahlt am Sonntag Dokumentation „Das Jahr ohne Sommer“zum Cannstatter Volksfest aus
LAICHINGEN (hjs) - Eine sicherlich interessante Dokumentation mit dem Titel „Das Jahr ohne Sommer“ist am Sonntag, 23. September, von 20.15 Uhr an im SWR3-Fernsehen zu sehen. In dem Beitrag wird beleuchtet, wie das Cannstatter Volksfest entstand. Gespannt dürfen die Zuschauer sein, welche Bedeutung die Laichinger Hungerchronik in der eineinhalbstündigen Dokumentation spielt und ob sie erwähnt wird.
Die Dokumentation zum 200. Jubiläum des Cannstatter Volksfests führt zurück in die Entstehungszeit der Traditionsveranstaltung in Stuttgart. Drei Jahre vor der Gründung des Festes war der Vulkan Tambora in Indonesien ausgebrochen – mit gravierenden Auswirkungen: Der Himmel verdunkelte sich auch in Württemberg. König Wilhelm I., frisch verheiratet mit der Zarentochter Katharina, stiftete das Fest.
Als 1815 im fernen Indonesien der Vulkan Tambora ausbricht, ahnt im Königreich Württemberg niemand, welch gravierende Auswirkungen diese Naturkatastrophe haben wird. Das folgende „Jahr ohne Sonne“stürzt die verarmte Landbevölkerung in allergrößte Not. Infolge der einsetzenden Missernten kommt es zu einer anhaltenden Hungersnot. Viele Menschen wandern aus. Die bäuerliche Bevölkerung muss ums nackte Überleben kämpfen.
Die SWR-Dokumentation vereint historische Spielszenen und Experteninterviews, wie in der Ankündigung nachzulesen ist. Zu Wort kommen unter anderem Historiker, Volkskundler, Landwirtschaftsexperten und auch Nachfahren des württembergischen Königspaares. Gedreht wurde der Film etwa an der Universität Hohenheim, in der Esslinger Altstadt oder im Freilichtmuseum Wackershofen.
Die harte Zeit in den Jahren 1816 und 1817 beleuchtet auch die Laichinger Hungerchronik, die allerdings – wie schon mehrfach berichtet – als antisemitischen Fälschung zu sehen ist. Diese Tatsache konnte der frühere Archivar Günter Randecker aus Münsingen 1987 aufdecken, als er erstmals die angeblichen „Aufzeichnungen eines Älblers über die Teuerung und Hungersnot 1816/17“las und ihm Zweifel an der Echtheit dieser „Quelle“gekommen sind, wonach die Juden von Buttenhausen schuld an dem Elend gewesen seien.
Diese „Laichinger Hungerchronik“ist gefälscht worden, und zwar von dem aus Laichingen stammenden Lehrer Christian August Schnerring (Jahrgang 1870), um das Jahr 1916, als die erste Druckfassung erschien, deckte in den 1980er Jahren Günter Randecker auf und führte Beweise an. Der Mär von der von den Juden aus Buttenhausen angeblich ausgelösten Hungersnot könnte in der Dokumentation ein weiteres Ende gesetzt werden. Ob und wie die gefälschte Hungerchronik Einklang in dem Filmbeitrag „Das Jahr ohne Sommer“findet, bleibt abzuwarten.