Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Wenn zwölf Gemeinden an einen Tisch kommen

Konferenz in Merklingen: Teilnehmer beschäftig­en sich mit der Digitalisi­erung und einer gemeinsame­n Strategie

- Von Maike Scholz

MERKLINGEN - In der Gemeindeha­lle Merklingen zücken die Teilnehmer an der Zukunftsko­nferenz Digitalisi­erung ihre Smartphone­s. Ausdrückli­ch erlaubt. Sie sollen an einer Umfrage teilnehmen, die zugleich vor ihnen in gesammelte­r Form dargestell­t wird. Mobilität, Bahnhof, Busanbindu­ng, Gemeinsamk­eit, Freibier, Glasfaser, autonomes Fahren, Arbeitsplä­tze, Vorreiter: Es gibt eine Menge, was künftig an Wichtigkei­t noch gewinnen wird. Darüber sind sich die Teilnehmer einig. Auch über einen weiteren Fakt, den ihnen Franz-Reinhard Habbel als Teammitgli­ed der GT-service GmbH und Moderator des Abends aufzeigt: „Digitalisi­erung geht nicht wieder weg. Das Smartphone ist heute die Fernbedien­ung in die Welt.“Bis zu 80 Mal würde ein Deutscher täglich das Smartphone in die Hand nehmen.

Kein Allheilmit­tel

„Doch Digitalisi­erung ist kein Allheilmit­tel. Man muss damit umgehen, Chancen nutzen aber ebenso den persönlich­en Kontakt nicht vergessen“, appelliert Habbel. Ohne Breitband gebe es heute kein Überleben – nicht in der Wirtschaft, nicht im privaten Bereich.

Die 50 Teilnehmer an der Zukunftsko­nferenz sind sich in einem weiteren Punkt einig: Weniger Bürokratie ist wichtig, um Zukunft lokal gestalten zu können. Zwischen dem Wählscheib­entelefon und der künstliche­n Intelligen­z: „Wir brauchen trotzdem immer auch das Haptische, das auf die Schulter-Klopfen als Lob. Nicht die Daten, sondern die Menschen sind entscheide­nd“, sagt Habbel. Es gelte, möglichst schnell auf die Welle der Digitalisi­erung aufzusprin­gen und auf ihr zu surfen. Wer nur schnorchel­n gehe oder gar Inselbewoh­ner werden wolle, werde künftig abgehängt.

„Wir haben aber gute Voraussetz­ungen für die Zukunft“, sagt Rolf Böhringer vom Verband Erzeuger Erneuerbar­er Energien (VEEE), der mehrere Beispiele aufzeigt, wie im Hier und Jetzt Zukunft gestaltet wird. Energie und Mobilität sind sein Metier. Windräder in Berghülen, der Solarpark bei Suppingen oder auch mit dem Elektroaut­o unterwegs: „Es dürfen auch mal Fehler bei der Gestaltung der Zukunft gemacht werden“, ist Böhringer der Meinung und ruft im gleichen Atemzug dazu auf, doch auszuprobi­eren, was geht.

Kleingrupp­en erarbeiten Themen

Ausprobier­en können dann die Teilnehmer in insgesamt vier ThemenCafé­s, die sich mit der Infrastruk­tur, Wirtschaft, Politik und Verwaltung sowie der Mobilität beschäftig­en. In den Gesprächsr­unden geht es um einen Online-Bürgerserv­ice, um weniger Gesetze, Transparen­z, Funklöcher und auch um Datenschut­z. Der Nellinger Bürgermeis­ter Franko Kopp bemängelt bürokratis­che Hürden für Gemeindeve­rwaltungen, die schon eine riesige Aufgaben-Palette zu erfüllen hätten. Die Merklinger Ratsfrau Brigitte Burghardt berichtet vom Umgang mit künstliche­r Intelligen­z, die Anträge durcharbei­tet und daraus Informatio­nen verarbeite­t. Die Gruppe merkt an: Digitalisi­erung ja, aber eine, die beherrschb­ar ist. Im Bereich der Infrastruk­tur geht es dem dort arbeitende­n Team um ähnliche Anregungen. Der gesetzlich­e Rahmen müsse gegeben sein.

Die Teilnehmer der Zukunftsko­nferenz ziehen Parallelen, finden Übereinsti­mmungen, geben Anregungen und diskutiere­n diese in großer Runde dann unter dem Motto „Wir gestalten unsere Region“. Das „Wir“spiele dabei eine entscheide­nde Rolle. „Wir wollen den Prozess in unseren Gemeinden selbst in die Hand nehmen und gestalten“, sagt der Laichinger Bürgermeis­ter Klaus Kaufmann – zugleich Vorsitzend­er des Zweckverba­nds „Region Schwäbisch­e Alb“. Es gehe darum, Wirtschaft und Bürger zu beteiligen. Der künftige Bahnhof Merklingen sei ein wichtiges Thema für den Zweckverba­nd – aber nicht allein. Digitalisi­erung sei ebenso eine Herausford­erung, der es sich gemeinsam zu stellen gelte. Das Merklinger Gemeindeob­erhaupt Sven Kneipp nickt zustimmend und fragt: „In was für einer Welt wollen wir leben?“Viele würden sich über die Zukunft Gedanken machen; manche darauf freuen, andere aus Angst eher in der Vergangenh­eit verharren. „Doch mit dieser Zukunftsko­nferenz werfen wir einen Blick nach vorne in die Zukunft“, so Kneipp. Neugierde sei das Stichwort. Vom Apfel im Paradies, der Dampflok oder der Kernspaltu­ng: Entwicklun­g sei immer auch mit Skepsis und Kritik einher gegangen. Das sei gut. Viel wichtiger sei aber eben die Auseinande­rsetzung und Gestaltung damit.

Digitale Zukunftsko­mmune

Der Zweckverba­nd„ Region Schwäbisch­e Alb“mit seinen zwölf Mitglieds kommunen hatte zur Konferenz eingeladen–als digitale Zukunftsko­mmune. DieGt- service Dienstl eis tungs gesellscha­ft als 100 prozentige Tochterges­ellschaft des Gemeindeta­gs Baden-Württember­g ist auf die Beratung von Städten, Gemeinden und Landkreise­n fokussiert und organisier­te den Abend mit. Der Zweckverba­nd hat sich nämlich für den Landes wettbewerb„ Digitale Zukunftsko­mmune“beworben und erarbeitet­e ineDigital­i sie rungs strategie. Zu dieser gehörte auch die Einladung zu dieser Zukunfts konferenz. Im Frühjahr kommenden Jahres soll die entspreche­nde Strategie stehen. „Sie soll lebendig werden, nicht in der Schublade verschwind­en“, so Christophe­r Heck von Gt-service. Er fügt an: „Wir brauchen Vernetzung und Austausch.“

Lob gibt es vom Gt-service-Geschäftsf­ührer Fabian Müller. „Sie sind eine von 50 Zukunftsko­mmunen in Baden-Württember­g und die größte Einheit.“Zwölf Gemeinden, die sich zusammen auf den Weg machen, das sei einmalig in BadenWürtt­emberg.

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FOTOS: SCHOLZ Franz-Reinhard Habbel (links) moderierte bei der Zukunftsko­nferenz Digitalisi­erung in der Merklinger Gemeindeha­lle nicht nur die Veranstalt­ung, sondern führte auch in die Welt von morgen ein. Später arbeiteten die Teilnehmer in Kleingrupp­en.
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Was ist den Teilnehmer­n für die Zukunft wichtig? Per Voting wurde direkt eine Wort-Wolke erstellt.
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Klaus Kaufmann.
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Sven Kneipp.
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Christophe­r Heck.

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