Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Wenn zwölf Gemeinden an einen Tisch kommen
Konferenz in Merklingen: Teilnehmer beschäftigen sich mit der Digitalisierung und einer gemeinsamen Strategie
MERKLINGEN - In der Gemeindehalle Merklingen zücken die Teilnehmer an der Zukunftskonferenz Digitalisierung ihre Smartphones. Ausdrücklich erlaubt. Sie sollen an einer Umfrage teilnehmen, die zugleich vor ihnen in gesammelter Form dargestellt wird. Mobilität, Bahnhof, Busanbindung, Gemeinsamkeit, Freibier, Glasfaser, autonomes Fahren, Arbeitsplätze, Vorreiter: Es gibt eine Menge, was künftig an Wichtigkeit noch gewinnen wird. Darüber sind sich die Teilnehmer einig. Auch über einen weiteren Fakt, den ihnen Franz-Reinhard Habbel als Teammitglied der GT-service GmbH und Moderator des Abends aufzeigt: „Digitalisierung geht nicht wieder weg. Das Smartphone ist heute die Fernbedienung in die Welt.“Bis zu 80 Mal würde ein Deutscher täglich das Smartphone in die Hand nehmen.
Kein Allheilmittel
„Doch Digitalisierung ist kein Allheilmittel. Man muss damit umgehen, Chancen nutzen aber ebenso den persönlichen Kontakt nicht vergessen“, appelliert Habbel. Ohne Breitband gebe es heute kein Überleben – nicht in der Wirtschaft, nicht im privaten Bereich.
Die 50 Teilnehmer an der Zukunftskonferenz sind sich in einem weiteren Punkt einig: Weniger Bürokratie ist wichtig, um Zukunft lokal gestalten zu können. Zwischen dem Wählscheibentelefon und der künstlichen Intelligenz: „Wir brauchen trotzdem immer auch das Haptische, das auf die Schulter-Klopfen als Lob. Nicht die Daten, sondern die Menschen sind entscheidend“, sagt Habbel. Es gelte, möglichst schnell auf die Welle der Digitalisierung aufzuspringen und auf ihr zu surfen. Wer nur schnorcheln gehe oder gar Inselbewohner werden wolle, werde künftig abgehängt.
„Wir haben aber gute Voraussetzungen für die Zukunft“, sagt Rolf Böhringer vom Verband Erzeuger Erneuerbarer Energien (VEEE), der mehrere Beispiele aufzeigt, wie im Hier und Jetzt Zukunft gestaltet wird. Energie und Mobilität sind sein Metier. Windräder in Berghülen, der Solarpark bei Suppingen oder auch mit dem Elektroauto unterwegs: „Es dürfen auch mal Fehler bei der Gestaltung der Zukunft gemacht werden“, ist Böhringer der Meinung und ruft im gleichen Atemzug dazu auf, doch auszuprobieren, was geht.
Kleingruppen erarbeiten Themen
Ausprobieren können dann die Teilnehmer in insgesamt vier ThemenCafés, die sich mit der Infrastruktur, Wirtschaft, Politik und Verwaltung sowie der Mobilität beschäftigen. In den Gesprächsrunden geht es um einen Online-Bürgerservice, um weniger Gesetze, Transparenz, Funklöcher und auch um Datenschutz. Der Nellinger Bürgermeister Franko Kopp bemängelt bürokratische Hürden für Gemeindeverwaltungen, die schon eine riesige Aufgaben-Palette zu erfüllen hätten. Die Merklinger Ratsfrau Brigitte Burghardt berichtet vom Umgang mit künstlicher Intelligenz, die Anträge durcharbeitet und daraus Informationen verarbeitet. Die Gruppe merkt an: Digitalisierung ja, aber eine, die beherrschbar ist. Im Bereich der Infrastruktur geht es dem dort arbeitenden Team um ähnliche Anregungen. Der gesetzliche Rahmen müsse gegeben sein.
Die Teilnehmer der Zukunftskonferenz ziehen Parallelen, finden Übereinstimmungen, geben Anregungen und diskutieren diese in großer Runde dann unter dem Motto „Wir gestalten unsere Region“. Das „Wir“spiele dabei eine entscheidende Rolle. „Wir wollen den Prozess in unseren Gemeinden selbst in die Hand nehmen und gestalten“, sagt der Laichinger Bürgermeister Klaus Kaufmann – zugleich Vorsitzender des Zweckverbands „Region Schwäbische Alb“. Es gehe darum, Wirtschaft und Bürger zu beteiligen. Der künftige Bahnhof Merklingen sei ein wichtiges Thema für den Zweckverband – aber nicht allein. Digitalisierung sei ebenso eine Herausforderung, der es sich gemeinsam zu stellen gelte. Das Merklinger Gemeindeoberhaupt Sven Kneipp nickt zustimmend und fragt: „In was für einer Welt wollen wir leben?“Viele würden sich über die Zukunft Gedanken machen; manche darauf freuen, andere aus Angst eher in der Vergangenheit verharren. „Doch mit dieser Zukunftskonferenz werfen wir einen Blick nach vorne in die Zukunft“, so Kneipp. Neugierde sei das Stichwort. Vom Apfel im Paradies, der Dampflok oder der Kernspaltung: Entwicklung sei immer auch mit Skepsis und Kritik einher gegangen. Das sei gut. Viel wichtiger sei aber eben die Auseinandersetzung und Gestaltung damit.
Digitale Zukunftskommune
Der Zweckverband„ Region Schwäbische Alb“mit seinen zwölf Mitglieds kommunen hatte zur Konferenz eingeladen–als digitale Zukunftskommune. DieGt- service Dienstl eis tungs gesellschaft als 100 prozentige Tochtergesellschaft des Gemeindetags Baden-Württemberg ist auf die Beratung von Städten, Gemeinden und Landkreisen fokussiert und organisierte den Abend mit. Der Zweckverband hat sich nämlich für den Landes wettbewerb„ Digitale Zukunftskommune“beworben und erarbeitete ineDigitali sie rungs strategie. Zu dieser gehörte auch die Einladung zu dieser Zukunfts konferenz. Im Frühjahr kommenden Jahres soll die entsprechende Strategie stehen. „Sie soll lebendig werden, nicht in der Schublade verschwinden“, so Christopher Heck von Gt-service. Er fügt an: „Wir brauchen Vernetzung und Austausch.“
Lob gibt es vom Gt-service-Geschäftsführer Fabian Müller. „Sie sind eine von 50 Zukunftskommunen in Baden-Württemberg und die größte Einheit.“Zwölf Gemeinden, die sich zusammen auf den Weg machen, das sei einmalig in BadenWürttemberg.