Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
20! 21! Elisabeth Seitz turnt sich in die Rekordbücher
Die lange Erkrankte veredelt ihr Comeback mit zwei deutschen Titeln – Andreas Bretschneider fällt für die WM aus
LEIPZIG (SID/dpa) - Als neue Turnkönigin von Sachsen winkte Elisabeth Seitz ins Publikum und genoss glückstrahlend den Beifall der Zuschauer: Mit ihrem 21. nationalen Titel erklomm die Weltcup-Gesamtsiegerin die alleinige Spitze der Rekordliste und stand bei den deutschen Meisterschaften in Leipzig im Mittelpunkt der Ovationen. Obwohl noch von einer dreimonatigen Trainingspause zur Jahresmitte zurückgeworfen, erfüllte sich die Stuttgarterin mit dem Sieg im Mehrkampf und dem Triumph am Stufenbarren ihren ganz persönlichen Traum: Die 24-Jährige überbot die Bestmarke der bisherigen Rekordhalterin Karin Büttner-Janz aus Berlin (20 DDR-Meisterschaften).
„Das war für mich alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Vor zwei Wochen hatte ich noch ein bisschen Angst, den Anschluss noch nicht gefunden zu haben“, sagte die Lehramtsstudentin. Da war Elisabeth Seitz bei der ersten WM-Qualifikation in Stuttgart – auch aufgrund ihres Trainingsrückstands wegen einer Entzündung im Bauchraum – noch deutlich unter ihren Möglichkeiten und MehrkampfFünfte geblieben.
Der alten und neuen Mehrkampfmeisterin fällt nun auch die Führungsrolle bei den in vier Wochen beginnenden Weltmeisterschaften in Doha/Katar zu. Auch weil Schwebebalken-Weltmeisterin Pauline Schäfer, belastet durch die Trennung von Trainerin Gabi Frehse und gehandicapt von einer (in Stuttgart zugezogenen) Fußverletzung, in der Arena Leipzig nur eine winzige Nebenrolle spielte: Schäfer trat nur am Stufenbarren an, verpatzte ihre Übung aber komplett und erhielt dafür eigentlich indiskutable 10,050 Punkte. „Die Sache bei Pauline ist doch schmerzhafter und langwieriger als gedacht. Aber es bleibt ihr ja noch ein bisschen Zeit, um wieder vollständig fit zu werden“, sagte Bundestrainerin Ulla Koch, die Schäfers Vereinskollegin Sophie Scheder hingegen fest für die WM einplanen kann.
Nach langer verletzungsbedingter Wettkampfpause wurde die 21-Jährige hinter Seitz und Kim Bui aus Stuttgart auf Anhieb Mehrkampfdritte. Für Elisabeth Seitz übrigens hatte Ulla Koch ein – fast schon obligatorisches – Lob parat. „Eli ist und bleibt eine Wettkampfsau“, befand die 63-Jährige.
Nguyen kämpft, Dauser schwächelt
Über ein ganz spezielles Comeback durfte sich Marcel Nguyen freuen. Acht Jahre nach seinem bislang einzigen Mehrkampftitel triumphierte der mittlerweile 31-Jährige in der Königsdisziplin und unterdrückte dabei die Schmerzen, die eine vor zehn Tagen angebrochene Rippe verursachte. „Trotzdem bin ich nur mittelmäßig zufrieden. Bis zur WM will ich mehrere Übungen noch aufstocken“, analysierte der Unterhachinger seinen Auftritt, für den er dennoch ein Lob von Bundestrainer Andreas Hirsch erhielt: „Es ist erfreulich, dass Marcels Einstellung stimmt.“Seinen Start in den Einzelfinals am Sonntag sagte der 26-jährige dann allerdings ab, um im Hinblick auf die WM jedes Risiko zu vermeiden. Plagen Andreas Hirsch vor den Welttitelkämpfen doch schon genug personelle Sorgen: Reck-Spezialist Andreas Bretschneider aus Chemnitz erlitt beim Einturnen am Boden einen Achillessehnenriss und wird bis weit ins kommende Jahr ausfallen.
Ernüchternd war auch der Auftritt von Vorjahresmeister Lukas Dauser. Der Titelverteidiger aus Unterhaching kam in der sächsischen Metropole auf einen indiskutablen 20. Platz. „Das war ein Totalausfall, aber das weiß Lukas auch selbst“, sagte Andreas Hirsch, der in der ihm eigenen bildhaften Sprache die schwierige Situation seiner Turner so skizzierte: „Unser Weg zur WM ist nicht gerade und nicht frisch asphaltiert.“ Die für Doha wollen die Bundestrainer Andreas Hirsch (Männer) und Ulla Koch (Frauen) am Montag (Hirsch) und Donnerstag (Koch) benennen.