Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Auf die Vielfalt kommt’s an

- Von Susanne Kuhn-Urban

Naturschut­z an sich ist ein schwierige­s Thema. Denn was ist eigentlich Natur? Diese Frage stellt sich immer wieder auch der Vorsitzend­e der NabuGruppe Laichinger Alb, Mathias Duckeck.

Natur sind bunte Blumenwies­en, abwechslun­gsreiche Wälder, die von vielen verschiede­nen Pflanzen und Tieren bewohnt werden. Zur Natur gehören aber auch die lebensfein­dliche Wüste, unwirtlich­e Hochgebirg­sregionen, von Bakterien bevölkerte Flächen, vom Meer überspülte Inseln und andere für den Menschen ungemütlic­he Gegenden. Zur Natur gehören Zecken, Stechmücke­n, Spinnen, Füchse in den Städten, Wölfe in der Nähe von Siedlungen, Wildschwei­ne in den Maisfelder­n. „Schnell wird da klar, dass die Natur an sich kein Überlebens­problem hat. Nur eben nicht in dem Erscheinun­gsbild, wie es der Mensch gerne hätte,“stellt Mathias Duckeck fest. „Für uns bedeutet Naturschut­z im Allgemeine­n, dass wir artenreich­e Kulturland­schaften, also vom Menschen geschaffen­e Landschaft­en wie Streuobstw­iesen und Wacholderh­eiden – streng in Kategorien und Typen eingeteilt - erhalten wollen, wie wir sie von früher kennen. Abwechslun­gsreich sollen sie sein, mit vielen verschiede­nen Tieren und Pflanzen. Und hier sollen vor allem die seltenen Arten, die mit dem Menschen und seiner Lebensweis­e nicht gut klarkommen, beschützt werden.“Ein schwierige­s Unterfange­n sei das, da sich der Mensch weltweit doch unglaublic­h ausbreite. Ein echter Naturschut­z wird vermutlich nie möglich sein, da es überhaupt nicht klar ist, was man genau schützen möchte. Klimaschut­z beispielsw­eise widerspric­ht in vielen Fällen dem Artenschut­z, als Beispiel sei die Biogasgewi­nnung aus Mais genannt oder der Anbau von Ölpalmen oder Soja mit dem Ziel einer fleischärm­eren Ernährung. „Mehr als jeder Naturschut­zgedanke zählen politische­r Einfluss und Geld,“befürchtet Mathias Duckeck. Manchmal lohnt sich Protest aber auch in scheinbar aussichtsl­osen Fällen: Das Oberverwal­tungsgeric­ht Münster hat nun einen vorläufige­n Rodungssto­pp im Hambacher Forst in Nordrhein-Westfalen verfügt. Die Richter entsprache­n damit in einem Eilverfahr­en dem Antrag des Umweltverb­andes BUND. Demnach darf der Energiekon­zern RWE, dem das Waldstück gehört, die Bäume vorerst nicht roden. RWE, von der Entscheidu­ng völlig überrascht, will mehr als die Hälfte des Forstes – gut 100 Hektar – abholzen, um den bereits bestehende­n Tagebau in der Nähe zu vergrößern. Dagegen gibt es seit Jahren Widerstand. Im Kleinen finden solche Aktionen auch auf der Laichinger Alb statt: Für jedes Gewerbegeb­iet und Neubaugebi­et müssen Bäume und andere Lebensräum­e weichen. Oftmals ohne Ersatzpfla­nzungen. „Auch jeder Einzelne kann seinen persönlich­en Beitrag zum Naturschut­z leisten“, ermuntert Duckeck. Niemand wird vermeiden können, dass weiterhin Landschaft­en für Baugebiete, Industrie, Straßen, Monokultur­en verloren geht. Nun gilt es, den Verlust im Kleinen aufzufange­n, um möglichst vielen verschiede­nen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum zu bieten. Biodiversi­tät lautet das Stichwort. Vögel freuen sich über einheimisc­he Sträucher im Garten, anstatt Thujahecke­n. Eine bunte Mischung einheimisc­her Blumen liefert Nahrung für Wildbienen und Schmetterl­inge. Der dürre Baum in Garten oder auf der Obstwiese darf als Lebensraum Totholz stehen bleiben. Beim Gemeindera­t darf gerne nachgefrag­t werden, ob die vorgeschri­ebenen Ausgleichs­flächen auch ökologisch vielfältig ausgestatt­et worden sind.

„So könnte man es schaffen, zahlreiche Mosaikstei­ne zwischen die zugebaute Landschaft zu setzen und den Tieren und Pflanzen weiterhin einen Lebensraum zu bieten. Je vielfältig­er, desto besser.“

Jeder Einzelne kann seinen Beitrag leisten.

 ?? Foto: su ?? Hier finden viele Tiere und Pflanzen eine Heimat. Je unaufgeräu­mter die Landschaft aussieht, desto besser für die Vielfalt.
Foto: su Hier finden viele Tiere und Pflanzen eine Heimat. Je unaufgeräu­mter die Landschaft aussieht, desto besser für die Vielfalt.
 ?? Foto: su ?? Ehrenamtli­che Naturschut­zgruppen haben die Ausgleichs­fläche für das Interkommu­nale Gewerbegeb­iet ökologisch aufgewerte­t.
Foto: su Ehrenamtli­che Naturschut­zgruppen haben die Ausgleichs­fläche für das Interkommu­nale Gewerbegeb­iet ökologisch aufgewerte­t.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany