Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Auf die Vielfalt kommt’s an
Naturschutz an sich ist ein schwieriges Thema. Denn was ist eigentlich Natur? Diese Frage stellt sich immer wieder auch der Vorsitzende der NabuGruppe Laichinger Alb, Mathias Duckeck.
Natur sind bunte Blumenwiesen, abwechslungsreiche Wälder, die von vielen verschiedenen Pflanzen und Tieren bewohnt werden. Zur Natur gehören aber auch die lebensfeindliche Wüste, unwirtliche Hochgebirgsregionen, von Bakterien bevölkerte Flächen, vom Meer überspülte Inseln und andere für den Menschen ungemütliche Gegenden. Zur Natur gehören Zecken, Stechmücken, Spinnen, Füchse in den Städten, Wölfe in der Nähe von Siedlungen, Wildschweine in den Maisfeldern. „Schnell wird da klar, dass die Natur an sich kein Überlebensproblem hat. Nur eben nicht in dem Erscheinungsbild, wie es der Mensch gerne hätte,“stellt Mathias Duckeck fest. „Für uns bedeutet Naturschutz im Allgemeinen, dass wir artenreiche Kulturlandschaften, also vom Menschen geschaffene Landschaften wie Streuobstwiesen und Wacholderheiden – streng in Kategorien und Typen eingeteilt - erhalten wollen, wie wir sie von früher kennen. Abwechslungsreich sollen sie sein, mit vielen verschiedenen Tieren und Pflanzen. Und hier sollen vor allem die seltenen Arten, die mit dem Menschen und seiner Lebensweise nicht gut klarkommen, beschützt werden.“Ein schwieriges Unterfangen sei das, da sich der Mensch weltweit doch unglaublich ausbreite. Ein echter Naturschutz wird vermutlich nie möglich sein, da es überhaupt nicht klar ist, was man genau schützen möchte. Klimaschutz beispielsweise widerspricht in vielen Fällen dem Artenschutz, als Beispiel sei die Biogasgewinnung aus Mais genannt oder der Anbau von Ölpalmen oder Soja mit dem Ziel einer fleischärmeren Ernährung. „Mehr als jeder Naturschutzgedanke zählen politischer Einfluss und Geld,“befürchtet Mathias Duckeck. Manchmal lohnt sich Protest aber auch in scheinbar aussichtslosen Fällen: Das Oberverwaltungsgericht Münster hat nun einen vorläufigen Rodungsstopp im Hambacher Forst in Nordrhein-Westfalen verfügt. Die Richter entsprachen damit in einem Eilverfahren dem Antrag des Umweltverbandes BUND. Demnach darf der Energiekonzern RWE, dem das Waldstück gehört, die Bäume vorerst nicht roden. RWE, von der Entscheidung völlig überrascht, will mehr als die Hälfte des Forstes – gut 100 Hektar – abholzen, um den bereits bestehenden Tagebau in der Nähe zu vergrößern. Dagegen gibt es seit Jahren Widerstand. Im Kleinen finden solche Aktionen auch auf der Laichinger Alb statt: Für jedes Gewerbegebiet und Neubaugebiet müssen Bäume und andere Lebensräume weichen. Oftmals ohne Ersatzpflanzungen. „Auch jeder Einzelne kann seinen persönlichen Beitrag zum Naturschutz leisten“, ermuntert Duckeck. Niemand wird vermeiden können, dass weiterhin Landschaften für Baugebiete, Industrie, Straßen, Monokulturen verloren geht. Nun gilt es, den Verlust im Kleinen aufzufangen, um möglichst vielen verschiedenen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum zu bieten. Biodiversität lautet das Stichwort. Vögel freuen sich über einheimische Sträucher im Garten, anstatt Thujahecken. Eine bunte Mischung einheimischer Blumen liefert Nahrung für Wildbienen und Schmetterlinge. Der dürre Baum in Garten oder auf der Obstwiese darf als Lebensraum Totholz stehen bleiben. Beim Gemeinderat darf gerne nachgefragt werden, ob die vorgeschriebenen Ausgleichsflächen auch ökologisch vielfältig ausgestattet worden sind.
„So könnte man es schaffen, zahlreiche Mosaiksteine zwischen die zugebaute Landschaft zu setzen und den Tieren und Pflanzen weiterhin einen Lebensraum zu bieten. Je vielfältiger, desto besser.“
Jeder Einzelne kann seinen Beitrag leisten.