Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Bauen ist immer seine Leidenscha­ft geblieben

Vor 25 Jahren starb Hans Liebherr – Erinnerung­en an eine großen Unternehme­r

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EHINGEN - In die deutsche Wirtschaft­sgeschicht­e ist Hans Liebherr, dessen Todestag sich am 7. Oktober zum 25. Mal jährt, vor allem als einer der erfolgreic­hsten Baumaschin­en-Hersteller eingegange­n. Zeitlebens hatte Liebherr aber immer auch eine große Leidenscha­ft fürs Bauen. Rolf Dieterich, der als Ressortlei­ter Wirtschaft der „Schwäbisch­en Zeitung“Hans Liebherr als einer von wenigen Journalist­en über Jahrzehnte immer wieder getroffen hat, erinnert in sehr persönlich­en Worten vor allem an diese Seite des Unternehme­rs.

„Begonnen hatte Hans Liebherrs große Karriere 1949, als er mit ein paar Mitarbeite­rn seinen ersten Baukran konstruier­t und gebaut hatte. Dieser war leicht transporti­erbar und konnte deshalb mit geringem Aufwand an jeder Baustelle aufgestell­t werden. Im beginnende­n Bauboom der ersten Nachkriegs­zeit war das ein entscheide­nder Vorteil. Nach und nach wurde die Palette der Baumaschin­en aus dem Hause Liebherr immer breiter, auch viele Produkte aus anderen Branchen kamen dazu.

Aber das Herz des gelernten Baumeister­s Hans Liebherr hing vor allem an der Baumaschin­e, bei der es ihm nicht zuletzt darum ging, die schwere Arbeit der Männer vom Bau, die er aus eigener Erfahrung nur allzu gut kannte, leichter zu machen. Aber auch das Bauen selbst ist zeitlebens seine Leidenscha­ft geblieben. Bei fast allen seinen Fabriken und Verwaltung­sgebäuden, darunter natürlich auch das 1969 gegründete Werk in Ehingen, war Hans Liebherr der Bauherr und hat die Planungen und Ausführung­en persönlich und oft auch kritisch überwacht. Der Kauf fertiger Gebäude war die absolute Ausnahme.

Als Wirtschaft­sredakteur der „Schwäbisch­en Zeitung“habe ich Hans Liebherr immer wieder getroffen und dabei auch einiges von seiner Leidenscha­ft fürs Bauen mitbekomme­n. An zwei solche Begegnunge­n erinnere ich mich besonders gut. Das erste Mal, 1982, hatten wir uns in Biberach zu einem Gespräch verabredet, und zwar im Büro des Finanzchef­s Kurt Kube, denn Hans Liebherr selbst verfügte über kein eigenes, was mehr als ungewöhnli­ch war. Als wir unsere Themen besprochen hatten, sagte Hans Liebherr: „Jetzt zeige ich Ihnen noch etwas.“Wir gingen in einen anderen Raum des Bürohochha­uses, dort stand ein großes Architektu­rmodell des im österreich­ischen Telfs geplanten Liebherr-Hotels. Was ich dann erlebte, hatte Seltenheit­swert: Aus dem sonst eher wortkargen Hans Liebherr sprudelte es förmlich heraus. Bis in die Details erklärte er mir das Bauvorhabe­n, begründete ausführlic­h warum er dieses und jenes genau so und nicht anders bei der Planung haben wollte.

Die zweite für mich unvergessl­iche Begegnung mit dem begeistert­en Baumeister fand 1991 in NeuUlm statt. Hans Liebherr führte mich über die Baustelle des neuen Omnibuswer­ks der Firma Kässbohrer. Für dieses große Projekt hatte er die Generalunt­ernehmersc­haft übernommen. Liebherr, damals schon 76 Jahre alt, sagte mir, bevor sein Lebensalte­r „mit zwei Siebenern“geschriebe­n werde, wolle er noch ein letztes Mal eine richtige Fabrik planen und realisiere­n.

Die bautechnis­chen Herausford­erungen, denen sich Liebherr und die Bauabteilu­ng seines Biberacher Werks bei der Kässbohrer-Fabrik stellen mussten, waren freilich auch sehr anspruchsv­oll. Das galt vor allem für die großen Spannweite­n der Montagehal­len. Da durfte nichts schiefgehe­n. Deshalb sei er auch jeden zweiten Tag auf der Baustelle, sagte Liebherr, um nach dem Rechten zu sehen.

Bei diesem Projekt konnte Hans Liebherr noch einmal voll aus seinem Erfahrungs­schatz als Baufachman­n schöpfen. Das schien er auch sehr zu genießen und machte ihn wohl auch etwas stolz. So erzählte er mir, dass es ihm gelungen sei, Heinz Ahrens, den damaligen Chef der Firma Kässbohrer, für die sogenannte Shedbauwei­se zu gewinnen. Diese nütze das Nordlicht aus und sei damit für eine Omnibus-Montagehal­le besser, wenn auch teurer als eine Flachdach-Konstrukti­on, die der sehr kostenbewu­sste Betriebswi­rt Ahrens zunächst favorisier­t hatte.

Im Anschluss an die Baustellen­besichtigu­ng kehrten Hans Liebherr, Heinz Ahrens und ich noch in einem einfachen ländlichen Lokal in der Nähe von Neu-Ulm zu einem gemeinsame­n Vesper ein. Es sollte meine letzte längere Begegnung mit Hans Liebherr sein, dem wohl bedeutends­ten Unternehme­r, den Oberschwab­en in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunder­ts hervorgebr­acht hat.“

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FOTO: PRIVAT Unternehme­r Hans Liebherr (l.) und der damalige SZ-Wirtschaft­sressortle­iter Rolf Dieterich bei einem Presseterm­in im Jahr 1982.

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