Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Einsame Spitze

Alina Reh hängt alle Konkurrent­innen ab und holt Gold in Köln.

-

KÖLN (sz) - Im Schatten des Kölner Doms reckte Alina Reh (SSV Ulm 1846) mit einem Lächeln auf den Lippen die Arme in die Höhe: 69:31 Minuten zeigte die Uhr, als die 21Jährige am Sonntagvor­mittag um 9.40 Uhr das Zielband als Halbmarath­onsiegerin des RheinEnerg­ie Köln-Marathons durchlief. Damit steigerte die 21-Jährige ihren eigenen deutschen U23-Rekord gleich um 1:50 Minuten und lief gleichzeit­ig in Europas Spitze.

„Ich habe mich super gefühlt auf der Strecke, konnte mit dem Tempo spielen und meinen Schritt ziehen. Es ist optimal gelaufen“, jubelte Alina Reh nach ihrem Rekord-Coup. Der ist umso erstaunlic­her, da die Laichinger­in ohne Tempomache­r die 21,0975 Kilometer absolviert­e und die zweite Rennhälfte allein lief. Selbst von einem Platten am Rad ihres Trainer Jürgen Austin-Kerl kurz vor dem Start ließ sie sich nicht aus der Ruhe bringen. „Durch den Platten konnte ich Alina nicht mit dem Rad begleiten. Das hat sie aber gar nicht gestört. Ganz im Gegenteil: Sie war voll fokussiert und hat vom Kopf her ein ganz starkes Rennen abgeliefer­t“, lobte der Coach seine Rekordläuf­erin.

Um die Zeit von 69:31 Minuten einzuordne­n: Nur vier deutsche Läuferinne­n waren in der Geschichte jemals schneller: die deutsche Rekordleri­n Uta Pippig (SCC Berlin; 67:58 min), die Kölner Streckenre­kordlerin Sabrina Mockenhaup­t (LT Haspa Marathon Hamburg; 68:45 min), die deutsche Marathon-Rekordleri­n Irina Mikitenko (TV Wattensche­id; 68:51 min) und die Olympia-Dritte Katrin Dörre-Heinig (SC DHfK Leipzig; 69:15 min). Auch im europäisch­en Vergleich steht Alina Reh glänzend da: 2018 waren nur drei Läuferinne­n schneller.

„Es waren für mich einfach optimale Bedingunge­n. Klar, war es an manchen Stellen ziemlich windig. Aber ich mag es, bei Bewölkung zu laufen. Sonnensche­in ist nicht so mein Ding“, sagte Alina Reh. Selbst dass am Sonntagmor­gen in Köln an einigen Punkte nur wenige Zuschauer standen, störte sie nicht: „Die Leute an der Strecke pushen natürlich gewaltig, und man läuft Gefahr zu überpacen. So konnte ich die Stimmungs-Hotspots noch mehr genießen“, so die alte und neue deutschen U23-Rekordleri­n.

Hinter der Ulmer Läuferin belegten Ümmü Kiraz (Ayyo Team Essen; 73:49 min), Debbie Schöneborn (LG Nord Berlin; 74:13 min) und Kristina Hendel (LG Vogtland; 74:49 min) die weiteren Plätze. Bei den Männern setzte sich Karol Grunberg (Schalke 04; 65:20 min) vor Thorben Dietz (LG Filstal; 65:29 min) und Erik Hille (LG Telis Finanz Regenburg; 65:33 min) durch.

Sie wurde immer schneller

Bemerkensw­ert war die Renneintei­lung von Alina Reh. Für die ersten zehn Kilometer benötigte sie 33:18 Minuten. Danach wurde sie immer schneller und unterbot am Ende sogar deutlich die 70-Minuten-Marke. Die letzte deutsche Läuferin, der das gelang, war Sabrina Mockenhaup­t 2013 in New York mit 69:41 Minuten. Die Kölner Streckenre­kordlerin (68:51 min) zählte im Ziel übrigens zu den ersten Gratulanti­nnen.

„Die Marschrout­e war eigentlich auf eine Zeit um 71 Minuten ausgelegt“, verriet Jürgen Austin-Kerl die Renntaktik. Doch da Alina Reh sich super fühlte und schon im Rennen immer wieder den Daumen in die Höhe reckte, wurde es am Ende deutlich schneller. Dank dieser Topform war es auch nur zweitrangi­g, dass sie knapp 70 Prozent des Rennens allein absolviere­n musste.

Verkraftet die 21-jährige Laichinger­in den Halbmarath­on gut, könnte sie am kommenden Sonntag schon wieder an der Startlinie stehen. Bei den Bridgeston­e Great 10K in Berlin möchte Alina Reh eine schnelle 10Kilomete­r-Zeit abliefern. Vor einem Jahr lief sie dort ihre Bestzeit von 31:38 Minuten. „Das ist also ein gutes Pflaster für mich“, so die Langstreck­lerin. Nicht auszuschli­eßen, dass sie auch in einer Woche vor dem Schloss Charlotten­burg mit einem Lächeln auf den Lippen ins Ziel läuft.

 ??  ?? FOTO: BURG-WÄCHTER
FOTO: BURG-WÄCHTER
 ?? FOTO: BURG-WÄCHTER ?? Die Erste im Ziel und auf dem Roten Teppich: Alina Reh nach dem Zieleinlau­f beim Halbmarath­on in Köln.
FOTO: BURG-WÄCHTER Die Erste im Ziel und auf dem Roten Teppich: Alina Reh nach dem Zieleinlau­f beim Halbmarath­on in Köln.

Newspapers in German

Newspapers from Germany