Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Union vereint sich hinter der Kanzlerin
CDU-Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer fordert ein Ende der Streitereien
KIEL/BERLIN (dpa/AFP/sal) - Eine Woche vor der Landtagswahl in Bayern haben führende Vertreter von CDU und CSU die zerstrittene Union aufgerufen, mit Geschlossenheit das Ruder herumzureißen. Es könne nicht angehen, dass schon vor einer Wahl öffentlich darüber geredet werde, wer Schuld an der Niederlage sei, sagte CDUGeneralsekretärin
Annegret KrampKarrenbauer (Foto: dpa) am Sonntag zum Abschluss des dreitägigen Deutschlandtags der Jungen Union in Kiel. CDU und CSU müssten sich darauf konzentrieren, die Wähler in Bayern und Hessen von der Union zu überzeugen. Die Union müsse aufhören, sich öffentlich zu streiten.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte vor allem die Bundespolitik für die schlechten Umfragewerte seiner Partei verantwortlich gemacht. Bundesinnenminister Horst Seehofer, der CSU-Chef bleiben will, sagte daraufhin der „Süddeutschen Zeitung“: „Ich habe mich in den letzten sechs Monaten weder in die bayerische Politik noch in die Wahlkampfführung eingemischt.“Das sei das persönliche Vorrecht Söders. In Bayern drohen der CSU schwere Verluste, zum Teil liegen die Umfragen bei unter 35 Prozent.
CDU-Chefin Angela Merkel hatte in Kiel an beide Parteien appelliert, „dass wir uns jetzt an die Wähler wenden und nicht miteinander Fingerhakeln machen“. Viele Wähler hätten sich noch nicht entschieden. Sie würden es nicht gutheißen, wenn es Streit gebe und sie noch nicht einmal verstünden, um was es gehe.
Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hielt sich in seiner Rede mit Schuldzuweisungen an die Kanzlerin sehr zurück und beschwor die Geschlossenheit der Schwesterparteien. „Die Gemeinsamkeit von CDU und CSU ist unverrückbar, auch wenn wir uns im Detail mal unterscheiden.“Der Deutschlandtag des Unionsnachwuchses galt als Stimmungsbarometer für die CDU-Vorsitzende. Merkel erhielt dort wohlwollenden Beifall.
Indes bahnt sich in der CDU ein neuer Machtkampf an. Der badenwürttembergische CDU-Landesgruppenvorsitzende Andreas Jung will für den frei gewordenen Posten des Unionsfraktionsvize kandidieren, um das Gewicht Baden-Württembergs in der Fraktion zu stärken. In einer Sitzung der Landesgruppe soll er dies nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“angekündigt haben. Allerdings haben auch zwei weitere Mitglieder ihr Interesse an dem Posten des Vize für Haushalt und Finanzen bekundet: die Abgeordneten und Finanzpolitiker Olav Gutting (Bruchsal-Schwetzingen) und Axel Fischer (Karlsruhe). Der Posten ist nach der Wahl von Ralph Brinkhaus zum Unionsfraktionschef frei geworden.
BERLIN - Es war ein Wochenende der demonstrativen Rückendeckung für Angela Merkel (CDU). Gleich mehrere Spitzenpolitiker der Union sprachen sich für eine Wiederwahl Merkels zur Parteichefin beim CDU-Parteitag im Dezember aus. Er sei „sicher, dass Angela Merkel auf dem kommenden Parteitag als CDU-Vorsitzende wiedergewählt wird“, erklärte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Der CDU-Politiker und frühere Partei- und Fraktionschef sieht Merkel nach dem Sturz ihres Vertrauten Volker Kauder als Chef der Bundestagsfraktion sogar gestärkt. In der Union gebe es seit geraumer Zeit eine unbehagliche Stimmung. Für viele sei jetzt die Abwahl Kauders ein Ventil gewesen.
Auch der hessische Ministerpräsident und CDU-Vizechef Volker Bouffier stellte sich hinter Merkel und rechnet mit „klarer Zustimmung der Delegierten für sie bei der Wahl auf dem Bundesparteitag. CSU-Chef Horst Seehofer bescheinigte der Kanzlerin, „in Topform“zu sein. „Sie macht mit voller Energie ihre Arbeit und lässt keinen Zweifel aufkommen, dass sie noch viel vorhat“, erklärte er. Er finde es richtig, dass Merkel erneut für den Parteivorsitz kandidiere. Die Große Koalition werde bis zum Ende der Wahlperiode halten, lautet seine Prognose.
Die Spitzen der Union zeigen sich unmittelbar vor den Landtagswahlen in Bayern am kommenden Sonntag und in Hessen Ende Oktober bemüht, die Reihen zu schließen – gerade angesichts der schlechten Umfragewerte von CDU und CSU. Anders als noch vor einem Jahr erlebte die Kanzlerin am vergangenen Samstag auch beim Deutschlandtag der Jungen Union, dem CDU-Nachwuchs, in Kiel einen freundlichen Empfang, Kritik an ihr hielt sich in Grenzen.
Einen Seitenhieb geben die JU-ler Merkel doch mit: Sie sprechen sich dafür aus, die Amtszeiten von Kanzlern auf drei Wahlperioden und 12 Jahre zu begrenzen. Die CDU-Chefin ist in ihrer vierten Amtszeit. Beim Kongress des Unions-Nachwuchses brachten sich mögliche Nachfolger Merkels in Stellung: Allen voran Gesundheitsminister Jens Spahn, der für seine Rede deutlich stärkeren Applaus von den 300 Delegierten als die Kanzlerin zuvor erhielt.
Und was passiert, wenn die Union in Bayern und Hessen kräftig verliert? Auf die Kanzlerin kommen stürmische Zeiten zu. Bundestagspräsident Schäuble sieht drei mögliche Optionen: Merkel entscheidet selbst über den Zeitpunkt ihres Rückzuges – oder sie wird im Bundestag durch mangelnde Zustimmung etwa bei einer Vertrauensfrage zum Rücktritt veranlasst oder durch ein konstruktives Misstrauensvotum gestürzt. Und sollte sie noch ein weiteres Mal bei der nächsten Bundestagswahl antreten, könnten auch die Wählerinnen und Wähler ihre Amtszeit beenden.