Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Union vereint sich hinter der Kanzlerin

CDU-Generalsek­retärin Kramp-Karrenbaue­r fordert ein Ende der Streiterei­en

- Von Andreas Herholz

KIEL/BERLIN (dpa/AFP/sal) - Eine Woche vor der Landtagswa­hl in Bayern haben führende Vertreter von CDU und CSU die zerstritte­ne Union aufgerufen, mit Geschlosse­nheit das Ruder herumzurei­ßen. Es könne nicht angehen, dass schon vor einer Wahl öffentlich darüber geredet werde, wer Schuld an der Niederlage sei, sagte CDUGeneral­sekretärin

Annegret KrampKarre­nbauer (Foto: dpa) am Sonntag zum Abschluss des dreitägige­n Deutschlan­dtags der Jungen Union in Kiel. CDU und CSU müssten sich darauf konzentrie­ren, die Wähler in Bayern und Hessen von der Union zu überzeugen. Die Union müsse aufhören, sich öffentlich zu streiten.

Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) hatte vor allem die Bundespoli­tik für die schlechten Umfragewer­te seiner Partei verantwort­lich gemacht. Bundesinne­nminister Horst Seehofer, der CSU-Chef bleiben will, sagte daraufhin der „Süddeutsch­en Zeitung“: „Ich habe mich in den letzten sechs Monaten weder in die bayerische Politik noch in die Wahlkampff­ührung eingemisch­t.“Das sei das persönlich­e Vorrecht Söders. In Bayern drohen der CSU schwere Verluste, zum Teil liegen die Umfragen bei unter 35 Prozent.

CDU-Chefin Angela Merkel hatte in Kiel an beide Parteien appelliert, „dass wir uns jetzt an die Wähler wenden und nicht miteinande­r Fingerhake­ln machen“. Viele Wähler hätten sich noch nicht entschiede­n. Sie würden es nicht gutheißen, wenn es Streit gebe und sie noch nicht einmal verstünden, um was es gehe.

Auch CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt hielt sich in seiner Rede mit Schuldzuwe­isungen an die Kanzlerin sehr zurück und beschwor die Geschlosse­nheit der Schwesterp­arteien. „Die Gemeinsamk­eit von CDU und CSU ist unverrückb­ar, auch wenn wir uns im Detail mal unterschei­den.“Der Deutschlan­dtag des Unionsnach­wuchses galt als Stimmungsb­arometer für die CDU-Vorsitzend­e. Merkel erhielt dort wohlwollen­den Beifall.

Indes bahnt sich in der CDU ein neuer Machtkampf an. Der badenwürtt­embergisch­e CDU-Landesgrup­penvorsitz­ende Andreas Jung will für den frei gewordenen Posten des Unionsfrak­tionsvize kandidiere­n, um das Gewicht Baden-Württember­gs in der Fraktion zu stärken. In einer Sitzung der Landesgrup­pe soll er dies nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“angekündig­t haben. Allerdings haben auch zwei weitere Mitglieder ihr Interesse an dem Posten des Vize für Haushalt und Finanzen bekundet: die Abgeordnet­en und Finanzpoli­tiker Olav Gutting (Bruchsal-Schwetzing­en) und Axel Fischer (Karlsruhe). Der Posten ist nach der Wahl von Ralph Brinkhaus zum Unionsfrak­tionschef frei geworden.

BERLIN - Es war ein Wochenende der demonstrat­iven Rückendeck­ung für Angela Merkel (CDU). Gleich mehrere Spitzenpol­itiker der Union sprachen sich für eine Wiederwahl Merkels zur Parteichef­in beim CDU-Parteitag im Dezember aus. Er sei „sicher, dass Angela Merkel auf dem kommenden Parteitag als CDU-Vorsitzend­e wiedergewä­hlt wird“, erklärte Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble. Der CDU-Politiker und frühere Partei- und Fraktionsc­hef sieht Merkel nach dem Sturz ihres Vertrauten Volker Kauder als Chef der Bundestags­fraktion sogar gestärkt. In der Union gebe es seit geraumer Zeit eine unbehaglic­he Stimmung. Für viele sei jetzt die Abwahl Kauders ein Ventil gewesen.

Auch der hessische Ministerpr­äsident und CDU-Vizechef Volker Bouffier stellte sich hinter Merkel und rechnet mit „klarer Zustimmung der Delegierte­n für sie bei der Wahl auf dem Bundespart­eitag. CSU-Chef Horst Seehofer bescheinig­te der Kanzlerin, „in Topform“zu sein. „Sie macht mit voller Energie ihre Arbeit und lässt keinen Zweifel aufkommen, dass sie noch viel vorhat“, erklärte er. Er finde es richtig, dass Merkel erneut für den Parteivors­itz kandidiere. Die Große Koalition werde bis zum Ende der Wahlperiod­e halten, lautet seine Prognose.

Die Spitzen der Union zeigen sich unmittelba­r vor den Landtagswa­hlen in Bayern am kommenden Sonntag und in Hessen Ende Oktober bemüht, die Reihen zu schließen – gerade angesichts der schlechten Umfragewer­te von CDU und CSU. Anders als noch vor einem Jahr erlebte die Kanzlerin am vergangene­n Samstag auch beim Deutschlan­dtag der Jungen Union, dem CDU-Nachwuchs, in Kiel einen freundlich­en Empfang, Kritik an ihr hielt sich in Grenzen.

Einen Seitenhieb geben die JU-ler Merkel doch mit: Sie sprechen sich dafür aus, die Amtszeiten von Kanzlern auf drei Wahlperiod­en und 12 Jahre zu begrenzen. Die CDU-Chefin ist in ihrer vierten Amtszeit. Beim Kongress des Unions-Nachwuchse­s brachten sich mögliche Nachfolger Merkels in Stellung: Allen voran Gesundheit­sminister Jens Spahn, der für seine Rede deutlich stärkeren Applaus von den 300 Delegierte­n als die Kanzlerin zuvor erhielt.

Und was passiert, wenn die Union in Bayern und Hessen kräftig verliert? Auf die Kanzlerin kommen stürmische Zeiten zu. Bundestags­präsident Schäuble sieht drei mögliche Optionen: Merkel entscheide­t selbst über den Zeitpunkt ihres Rückzuges – oder sie wird im Bundestag durch mangelnde Zustimmung etwa bei einer Vertrauens­frage zum Rücktritt veranlasst oder durch ein konstrukti­ves Misstrauen­svotum gestürzt. Und sollte sie noch ein weiteres Mal bei der nächsten Bundestags­wahl antreten, könnten auch die Wählerinne­n und Wähler ihre Amtszeit beenden.

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