Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Abbild der Spaltung
Die politische Schlacht um die Berufung des umstrittenen Juristen Brett Kavanaugh an das Oberste Gericht wird nachwirken. Der Ruf des Supreme Court hat massiven Schaden genommen. Dabei gibt es nur noch wenige Institutionen, denen die Amerikaner vertrauen. An erster Stelle steht die Armee, mit einigem Abstand folgt das Oberste Gericht, während der Kongress in den Augen vieler Normalbürger nur noch als Bühne politischer Eitelkeiten gilt. Mit Kavanaughs Berufung schwindet die Illusion, die illustre Runde der neun Männer und Frauen in schwarzen Roben könnte sich abheben von der Polarisierung ringsum. Mit der Personalie hat das Gericht viel von seinem Nimbus verloren, so etwas wie ein Rat der Weisen zu sein – neutral, souverän, über den Dingen stehend. Der Supreme Court ist zum bloßen Abbild einer tief gespaltenen Gesellschaft geworden.
US-Präsident Donald Trump machte sich erst gar nicht die Mühe, einen eher moderaten Kandidaten zu nominieren, der für die Demokraten akzeptabler gewesen wäre. Ihm ging es allein darum, die Kräftebalance am Supreme Court auf Jahre hinaus so zu verschieben, dass die liberale Fraktion dort auf verlorenem Posten steht. Das sichert ihm den Applaus einer wichtigen Wählergruppe: evangelikaler Christen, die ansonsten eher fremdeln mit dem in dritter Ehe verheirateten früheren Immobilienmogul.
Kavanaugh selbst hat die Polarisierung noch verstärkt, indem er auf dem Höhepunkt des Duells eine Brandrede hielt, die jeglichen Respekt für die Opposition vermissen ließ. Statt Haltung zu wahren und sachlich zu argumentieren, stellte er wilde verschwörungstheoretische Thesen auf – und unterstellte den Demokraten, ihm „aus Rache für die Clintons“die Tour vermasseln zu wollen. Mit einem mal aggressiven, mal weinerlichen Auftritt hat er bewiesen, dass ihm die Souveränität fehlt, die man bei einem Höchstrichter als selbstverständlich voraussetzen sollte. Damit, nicht durch unbewiesene Vorwürfe, hat er sich disqualifiziert für das Amt.