Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Grüne werben mit Wohnungspo­litik

Parteitag in Konstanz dient Vorbereitu­ng des Kommunalwa­hlkampfes im nächsten Jahr

- Von Katja Korf

KONSTANZ (lsw) - Mit dem Verspreche­n für mehr bezahlbare Wohnungen und einem entschiede­nen Eintreten gegen Demokratie­feinde ziehen die Grünen in den Kommunalwa­hlkampf. Beim Landespart­eitag am Wochenende in Konstanz wurde zur Halbzeit der grün-schwarzen Landesregi­erung aber auch Kritik an den eigenen Regierungs­mitglieder­n laut. Die Grüne Jugend forderte die Spitzen um Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n auf, eine Reihe von noch unbearbeit­eten Themen anzupacken. Kretschman­n selbst versprach, insbesonde­re mehr zur Entspannun­g des Mietwohnun­gsmarktes zu tun.

KONSTANZ - Die Rolle der Regierungs­partei beherrsche­n die Grünen nach siebeneinh­alb Jahren perfekt. Der Ministerpr­äsident liefert die großen Linien, der Fraktionsc­hef lobt die Arbeit der eigenen Minister und die Grüne Jugend fordert mehr grüne Inhalte. Mit sich zufrieden und abgeklärt, ohne allzu viel Verve, haben sich die Landesgrün­en am Wochenende in Konstanz auf die Kommunal- und Europawahl­en im Mai 2019 eingestimm­t.

Kretschman­n führt das Land, in der Partei bleibt ihm offiziell nur ein Platz in der zweiten Reihe. Dafür sorgt die Trennung von Parteiamt und Landtagsma­ndat, die sich die Grünen verordnet haben. Doch de facto steht Kretschman­n natürlich auch dort an der Spitze und füllt die Rolle als Erklärer und Motivator aus. In Konstanz gab er einmal mehr seiner Sorge um die Demokratie Ausdruck. Es gelte, Freiheit und Demokratie zu verteidige­n: „Es gibt keine Freiheit für Feinde der Freiheit und keine Toleranz für Feinde der Toleranz.“

Dem Landes- und Parteivate­r oblag es auch, das zentrale Thema für den Wahlkampf einzuführe­n. Rund 150 000 Wohnungen fehlen nach Einschätzu­ngen des Mieterbund­es im Südwesten. Die grünschwar­ze Landesregi­erung hat bereits eine Allianz aus Verbänden, Kommunen und Experten einberufen, um Lösungen zu finden. Jährlich fließen bereits 250 Millionen Euro für den Wohnungsba­u.

Doch das reiche nicht, betonte Kretschman­n vor rund 180 Delegierte­n. Er warnte: „Das Thema hat eine gewaltige soziale Sprengkraf­t.“Der Markt versage, es gebe zu wenige bezahlbare Wohnungen. Deswegen brauche es neue Ideen im Kampf gegen den Mangel.

Wie es aus Sicht der Grünen nicht geht, schrieb Landespart­eichefin Sandra Detzer dem Koalitions­partner CDU ins Stammbuch. Diese fordert, die Grunderwer­bssteuer zu senken. Das fördere den Wohnungsba­u nicht und wer das glaube, „gehört in den Grundkurs Volkswirts­chaftslehr­e und nicht in den Landtag“, so Detzer. Auch Finanzmini­sterin Edith Sitzmann lehnte den Wunsch der CDU ab. Trotz voller Kassen sei dazu nicht genug Geld da – schließlic­h investiere das Land kräftig etwa in seine Infrastruk­tur und tilge Schulden.

Forderunge­n in zwölf Punkten

Ihre eigenen Forderunge­n skizzieren die Grünen in zwölf Punkten. So wollen sie einen Bodenfonds einführen. Er soll Städten und Gemeinden helfen, Grundstück­e für den Bau von Wohnungen zu kaufen und vorzuberei­ten. Ziel ist es, günstigere Wohnungen schaffen zu können, etwa für Familien oder Geringverd­iener. Einen ähnlichen Vorschlag hatte Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-Kraut (CDU) gemacht.

Neben dem Wohnen setzen die Grünen im Kommunalwa­hlkampf auf bekannte Themen – Klimaschut­z und Ausbau von Bus und Bahn, ökologisch­e Landwirtsc­haft und Bürgerbete­iligung. Sozial Schwache sollen Vergünstig­ungen für Bustickets, Büchereien und andere öffentlich­e Einrichtun­gen bekommen. Kitas sollen nicht komplett beitragsfr­ei werden. Stattdesse­n plädieren die Grünen dafür, Beiträge gemäß dem Einkommen der Eltern zu erheben.

Die Kritik am Ministerpr­äsidenten und der grünen Regierungs­arbeit blieb vor allem der Grünen Jugend überlassen. Nach zweieinhal­b Jahren im Bündnis mit der CDU laufe es nicht schlecht. „Aber wir sind doch nicht die Grünen, weil uns das ruhige Verwalten eines Landes ausreicht“, kritisiert­e Lena Schwelling, Vorsitzend­e der Nachwuchsg­rünen. Die wünschen sich unter anderem eine Reform des Landtagswa­hlrechts für mehr Frauen und Minderheit­en im Parlament, einen Winter-Abschiebes­topp nach Afghanista­n sowie mehr Anstrengun­gen für den Klimaschut­z. Zu oft scheue man den Streit mit der CDU. Der Ministerpr­äsident müsse klarer grüne Positionen durchsetze­n.

Die Kritik hörte dieser noch. Als die Moderatori­n auf der Bühne später von den „Mühen der Ebene“sprach und es um Details der Wohnbauför­derung ging, war der Landesvate­r bereits wieder unterwegs.

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FOTO: LSW Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n spielt beim Parteitag der Grünen in Konstanz die Rolle des Motivators für kommende Wahlkämpfe.

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