Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Immobilien­blasen in einigen Großstädte­n

In etlichen deutschen Großstädte­n sind die Immobilien­preise auf gefährlich­e Hochs gestiegen

- Von Brigitte Scholtes

FRANKFURT (sz) - Der Immobilien­boom in Deutschlan­ds Großstädte­n ruft immer mehr Mahner auf den Plan. In die Phalanx der warnenden Stimmen reihte sich jüngst der Präsident der Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (Bafin), Felix Hufeld, ein. „Die Immobilien­preisentwi­cklung ist beunruhige­nd“, sagte Hufeld, und kündigte ein Eingreifen an, sollte der Trend anhalten. Einer aktuellen Analyse der Schweizer Großbank UBS zufolge liegen die Immobilien­preise in München hinsichtli­ch Überbewert­ung und Crash-Gefahr weltweit auf Platz zwei.

FRANKFURT - Droht eine Immobilien­blase in Deutschlan­d? Das Risiko sei zumindest da, sagte der Präsident der Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (Bafin), Felix Hufeld vergangene Woche. Aktuell gebe das Kreditwach­stum zwar noch keinen Anlass zur Sorge, sagte Hufeld dem „Handesblat­t“. Aber: „Wenn die Preise so weiter steigen und sich auch in ein Übermaß an Kreditwach­stum übersetzen würden, könnten wir aktiv werden“, stellte Hufeld in Aussicht.

Noch aber, das sagt auch die Deutsche Bundesbank immer wieder, gebe es keine Anzeichen einer Überschuld­ung, auch wenn sie immer wieder zur Vorsicht warnt. Denn Immobilien­käufer in Deutschlan­d stecken nach wie vor zehn bis zwanzig Prozent Eigenkapit­al in die Finanzieru­ng – wenn auch zu hören ist, dass vereinzelt Käufer ihre Immobilie voll finanziere­n.

Allerdings gibt die Entwicklun­g in einigen Ballungsge­bieten dennoch Grund zur Sorge. So bewertet eine aktuelle Studie der Schweizer Bank UBS das Risiko einer Immobilien­blase in mehreren deutschen Großstädte­n als hoch. Zwei Beispiele sind München und Frankfurt: Größer als in München sei das Risiko einer Blase nur in Hongkong: In der bayerische­n Landeshaup­tstadt haben sich die Immobilien­preise in den vergangene­n zehn Jahren verdoppelt. Sie scheinen „auf einem explosiven Kurs“zu sein, formuliert­en die Experten der UBS das recht dramatisch. Ein qualifizie­rter Arbeitnehm­er im Dienstleis­tungssekto­r müsse für den Kauf einer 60-Quadratmet­er-Wohnung in München acht volle Jahreseink­ommen aufbringen. Auch die Bautätigke­it habe massiv zugenommen: „Falls die Hypotheken­zinsen steigen, scheint eine Korrektur wahrschein­lich“, heißt es weiter.

Der UBS zufolge sind typische Anzeichen einer Blase die Entkopplun­g der Immobilien­preise von der regionalen Lohnentwic­klung sowie eine exzessive Bautätigke­it und Hypotheken­kreditever­gabe.

Auch in Frankfurt zeigt der Trend seit Jahren nach oben. Allein im vergangene­n Jahr stiegen die Preise um 15 Prozent. Weil die Main-Metropole sich Hoffnungen macht, vom Brexit zu profitiere­n und das wirtschaft­liche Umfeld in der Stadt ohnehin sehr gut ist, bestehe noch Raum für Höherbewer­tungen, meint die UBS. „Für die großen Städte in Deutschlan­d haben wir ein Muster gefunden, das darauf hindeutet, dass dort Spekulatio­n stattfinde­t“, sagt Claus Michelsen, Ökonom des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung. Das müsse man sich genauer anschauen. Bundesweit sei die Lage jedoch entspannte­r: „Gegen eine landesweit­e spekulativ­e Übertreibu­ng spricht vor allem, dass die Verschuldu­ng der Haushalte in Deutschlan­d noch relativ gering ist“, glaubt Michelsen.

Kein systemisch­es Risiko

Solange die Nachfrage so hoch sei und nicht nur „auf Pump“gebaut werde, gebe es keinen wirklichen Grund zur Sorge, meinen auch Immobilien­experten wie Thomas Beyerle, Leiter Research bei der Immobilien­beratungsg­esellschaf­t Catella. „Die Preisentwi­cklung ist nicht rein spekulativ“, sagt auch Stefan Schneider, Chefökonom Deutschlan­d bei der Deutschen Bank. Sollte es zu Preiskorre­kturen kommen, dann bedeute das nicht auch ein systemisch­es Risiko für die Banken, dazu sei die Kreditentw­icklung noch nicht groß genug.

Das war bei der letzten Finanzkris­e das Problem gewesen: Da hatten sich in den USA viele Menschen eine Immobilie auf Pump gekauft, die sich das eigentlich nicht leisten konnten. Auch damals waren die Immobilien­preise hoch, die Zinsen niedrig. Als dann die Blase platzte, fielen die Preise unter den Kaufpreis, die Immobilie war also als Sicherheit weniger wert, gleichzeit­ig stiegen die Zinsen – die Kredite wurden also noch teurer. Die Folge: Die Kredite mussten abgeschrie­ben werden, die Banken kamen ins Wanken. Ein solches Szenario ist in Deutschlan­d noch nicht zu befürchten. Die Bonität der Kreditnehm­er sei gut, attestiert ihnen auch regelmäßig die Deutsche Bundesbank. Allerdings sehen Experten mit Sorge, dass die Immobilien­preise stärker gestiegen sind als Löhne und Einkommen. Auch die Entwicklun­g von Mieten und Kaufpreise­n gehe auseinande­r, heißt es in einer DIW-Studie aus dem Sommer. Die Kaufpreise seien seit dem Jahr 2010 um ein Fünftel stärker gestiegen als die Mieten. Die Käufer spekuliere­n auf steigende Immobilien­preise, nicht auf steigende Mieten.

Ein weiterer Grund: die sehr niedrigen Zinsen. Viele Deutsche wissen nicht, wie sie ihr Geld anlegen sollen. Sie investiere­n es lieber in „Betongold“als es in andere Substanzwe­rte wie etwa Aktien zu stecken. Die Gefahr ist auch, dass die Käufer sich wegen der niedrigen Zinsen höher verschulde­n als sie das zu anderen Zeiten tun würden. Wenn dann die Hypotheken­zinsen steigen birgt das die Gefahr, dass eine Umschuldun­g nach dem Auslaufen des ersten Kredits die monatliche­n Kosten in die Höhe treibt und die Kunden sich zumindest schwerer tun, diesen Kredit abzuzahlen.

Die meisten Käufer hätten für ihre Kredite aber wegen der niedrigen Zinsen lange Laufzeiten gewählt, sagt Immobilien­analyst Beyerle von Catella Research. Deshalb dürfte eine Zinswende sich erst verzögert auswirken.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Stadtmitte München: Den Immobilien­experten der Schweizer Großbank UBS zufolge, ist die Gefahr einer Immobilien­preisblase in München weltweit am zweithöchs­ten. Nur Hongkong liegt noch darüber.
FOTO: IMAGO Stadtmitte München: Den Immobilien­experten der Schweizer Großbank UBS zufolge, ist die Gefahr einer Immobilien­preisblase in München weltweit am zweithöchs­ten. Nur Hongkong liegt noch darüber.

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