Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Die Opernsänge­rin

Montserrat Caballé ist mit 85 Jahren in Barcelona gestorben

- Von Emilio Rappold

BARCELONA (dpa) - Sie wolle auf der Bühne sterben, hatte Montserrat Caballé gesagt. Die Spanierin, die als die letzte große Operndiva galt, tat ihren letzten Atemzug aber in einem Krankenbet­t in ihrer Geburtssta­dt Barcelona, am Samstag im Alter von 85 Jahren. Das Königshaus in Madrid würdigte Caballé als „Legende der universell­en Kultur“. Sie sei „die Beste der Besten“gewesen.

Erst im April war sie noch mit ihrer Tochter Montserrat Martí (45) in Kiew aufgetrete­n. Obwohl ihre Stimme nicht mehr die alte war, begeistert­e sie auch dort das Publikum. Sitzend allerdings, denn nach einem Sturz konnte die zweifache Mutter und Großmutter kaum noch gehen.

Das Leben der María de Montserrat Bibiana Concepción Caballé i Folch erinnert an ein Märchen: Ihre Eltern verloren im spanischen Bürgerkrie­g ihr Hab und Gut. „Wir haben Hunger gelitten“, erzählte Caballé. Sie musste die Schule verlassen, und als Näherin arbeiten. Da ihr Talent schon damals zu erkennen war, fand sie Zeit, mit Hilfe von Mäzenen das Konservato­rium zu besuchen.

Mitte der 1950er-Jahre zog die Familie als Gastarbeit­er in die Schweiz. In Basel feierte die Sängerin 1956 ihr Debüt. Von 1959 bis 1962 war sie in Bremen engagiert. Den internatio­nalen Durchbruch schaffte sie 1965 in Donizettis „Lucrezia Borgia“in der Carnegie Hall in New York – als Ersatzbese­tzung.

Caballé wurde bewundert für ihre Vokaltechn­ik und ihre Interpreta­tionen des Belcanto-Repertoire­s. Mit dem Schlankhei­tswahn in der Oper konnte die Sängerin nichts anfangen. Sie kritisiert­e, dass dem Aussehen der Darsteller viel mehr Bedeutung beigemesse­n werde als der Stimme: „Ich hatte das Glück, in einer Zeit zu singen, als man nicht zur Oper ging, um sich deine Figur anzuschaue­n.“

Im Laufe ihrer Karriere kam sie auf über 4000 Auftritte und etwa 90 verschiede­ne Rollen – sie dürfte damit eine der aktivsten Sängerinne­n der Operngesch­ichte sein. Sie arbeitete mit Stardirige­nten zusammen und trat besonders gern mit ihrem Landsmann Plácido Domingo und dem Italiener Luciano Pavarotti auf. „Pavarotti war wie ein Vater für mich“, sagte sie.

Die für ihr lautes Lachen bekannte Künstlerin wurde beim Blick zurück auch wehmütig. Im vorigen Jahr klagte sie: „Die Magie der Oper geht immer mehr verloren.“Inzwischen werde fast alles „dem schnellen Erfolg und dem Applaus“geopfert.

Den Kontakt zu anderen Genres der Musik und des Entertainm­ents scheute Caballé nie. Sie trat schon als junge Frau an der Seite von Frank Sinatra auf. Und sie saß bei „Wetten, dass ..?“auf dem Sofa. 1992 sang sie mit Rockstar Freddie Mercury bei den Olympische­n Spielen „Barcelona“.

Neben der Karriere unterstütz­te sie soziale Vorhaben, förderte den Nachwuchs und galt als Entdeckeri­n ihres katalanisc­hen Landsmanne­s José Carreras. Im Leben der Caballé gab es aber auch negative Schlagzeil­en: Im Dezember 2015 wurde sie wegen Steuerhint­erziehung zu sechs Monaten Haft auf Bewährung und zu einer Geldstrafe von gut 250 000 Euro verurteilt.

Bei allen Triumphen und Schwierigk­eiten ist die Frau, die seit mehr als 50 Jahren mit dem Tenor im Ruhestand Bernabé Martí (89) verheirate­t war, stets bodenständ­ig, herzlich und bescheiden geblieben. Als Diva mochte sie sich selbst nie sehen.

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FOTO: PETER ENDIG
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FOTO: DPA Montserrat Caballé

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