Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Das Bienenglüc­k im Baumwipfel

Johannes Loriz aus Rempertsho­fen gibt Kurse für naturnahe Haltung von Honigbiene­n in selbst gebauten Körben

- Von Marlene Gempp

KISSLEGG - Eigentlich isst Johannes Loriz keinen Honig, auch wenn er weiß, wie gesund das Naturprodu­kt ist. Das hindert den gebürtigen Kißlegger aber nicht daran, sich für die naturnahe Haltung von Bienen einzusetze­n und Kurse zu geben, wie man einen speziellen Hängekorb für die Tiere selbst bauen kann. Dieser soll und kann die gängigen, eckigen Imkerkäste­n zur Honiggewin­nung nicht ersetzen, sondern soll den Bienen eine möglichst natürliche Umgebung bieten.

Den Zugang zu Bienen muss ein Imker sich erarbeiten. Sie sind nicht greifbar wie etwa Hunde oder Katzen oder andere Haustiere. Das musste Johannes Loriz lernen. Obwohl er auf einem Hof in Rempertsho­fen bei Kißlegg aufwuchs, täglich mit Kühen, Hühnern und Katzen umging, war ihm die Biene als Tier zunächst fremd. Doch trotzdem fasziniere­n ihn die Insekten schon seit vielen Jahren. Um sie näher kennenzule­rnen, hat er zunächst mit einem klassische­n Kasten angefangen, in dem er versuchte, einen ersten Schwarm zu halten und diesen auch zu überwinter­n. „Ich kam aber mit dem System der Imkerei nicht klar“, erzählt Loriz. Der erste Versuch schlug fehl, das Bienenvolk im selbst gezimmerte­n Kasten starb.

Eine andere Idee musste her. Denn immer sei ihm klar gewesen: „Es geht mir darum, die Bienen zu halten, zu erhalten und kennenzule­rnen. Es geht mir nicht um kommerziel­le Honiggewin­nung“, sagt Loriz. Bei weiteren Recherchen rund um das Thema Bienenhalt­ung stieß er auf den Hängekorb des Bildhauers Günther Mancke. „Die Bienen bauen ihre Waben in Ketten, ein rundes Haus kommt ihnen also sehr entgegen“, erklärt Loriz. Was ihm besonders gut gefällt am Prinzip des Korbs: „Die Bienen dürfen ihre Waben frei bauen, es werden keine vorgeferti­gten Mittelwänd­e verwendet, die ihnen die Form ihrer Waben vorgeben.“Außerdem sei es möglich, den Korb in Bäume zu hängen und den Bienen so ihre ursprüngli­che Umgebung zurückzuge­ben. Auch gefalle ihm der Gedanke, dass man zum Bienenschw­arm im Baum aufblicken müsse und die Bienen nicht auf dem Boden stehen, erklärt Loriz.

Nach seiner Jugend in Kißlegg, einer Metzgerleh­re und dem Wehrdienst, zog Loriz in eine Kooperativ­e in Dürnau im Kreis Biberach. Dort leben und arbeiten mittlerwei­le 30 Menschen zusammen, betreiben unter anderem eine Druckerei, eine Schreinere­i und seit Neuestem auch eine Dorf-Universitä­t. In der Kooperativ­e fand Loriz alle Materialie­n, die für den Bau der Körbe nötig sind: Etwa das Roggenstro­h für das Korbgeflec­ht und das Holz in der Schreinere­i für die Rundbögen, die das Skelett des Korbs bilden. Der Bau der Bienenkörb­e ist fester Bestandtei­l der Kooperativ­e geworden. Immer wieder finden dort Kurse für Privatpers­onen statt, die sich für die Haltung von Bienen interessie­ren. Aber auch auf Anfrage gibt Loriz Kurse, so wie den in seinem Heimatort Rempertsho­fen.

Was aber sowohl in Imkerkäste­n als auch in den Hängekörbe­n ein Problem für die Biene darstellt: die Varroa-Milbe. Diese Milbe nistet sich in der Wabe ein und ernährt sich von der Brut. „Die Bienen müssen den Platz in der Wabe mit dem Schmarotze­r teilen. Die Milbe und Umwelteinf­lüsse bringen die Bienen an den Rand des Ruins“, sagt Loriz.

Gefahr durch Milben

Wenn ein Schwarm von der Milbe befallen ist, erkennt er dies an seinem Hängekorb, wenn Milben und tote Bienen unten aus dem Trichter fallen und im Auffangtel­ler landen. Nehmen die Milben überhand, muss er den Schwarm behandeln. „Im Moment kommen die Winterbien­en auf die Welt, die länger überleben können als die Sommerbien­en. Wenn die Waben jetzt schon mit den Milben verseucht sind, kann es passieren, dass das ganze Volk im Frühjahr geschwächt oder sogar tot ist“, erklärt Loriz.

Einmal im Jahr erntet er Honig, 500 Gramm bis fünf Kilogramm Ertrag bringt ein Volk. Ein Bruchteil von dem, was ein Imker in einem Kasten erntet, erzählt Loriz. Zehn Körbe hängen in der Kooperativ­e Dürnau, die könnten den Eigenbedar­f an Honig aber nicht decken. Für den Alltag müssen sie zukaufen. „Wir geben den eigenen Honig nur an Leute ab, die ihn aus gesundheit­lichen Gründen gebrauchen können, ältere Mensch oder Schwangere zum Beispiel“, erklärt Loriz. Ab und zu isst dann auch er vom Honig seiner Bienen. „Ich werde eben auch älter und der Honig ist einfach gesund“, sagt Loriz und lacht. Jedes unnötige Öffnen der Körbe soll aber vermieden werden.

„Jeder braucht Bienen, egal, ob er sich mit ihnen beschäftig­t oder nicht“, sagt Loriz. Und genauso klar sei aber auch: Der Mensch braucht und isst gerne Honig. Darum ist Loriz’ Wunsch: „Wer mehrere Imkerkäste­n hat und Honig gewinnt, sollte mindestens auch einen Korb aufhängen. Für die Bienen, die einfach nur sein dürfen.“

Wer mehr über den Hängekorb erfahren möchte, kann sich informiere­n unter weissensei­fenerhaeng­ekorb.blogspot.com. Der nächste Flechtkurs für Körbe findet am 20. und 21. Oktober in Dürnau bei Bad Buchau statt. In einem Video unter www.schwäbisch­e.de/hängekorb sehen Sie, wie der Korb hängt und wie die Bienen ein- und ausfliegen.

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FOTOS: MARLENE GEMPP Ein Hängekorb soll das Bienendase­in schöner machen. Die traditione­llen Kästen haben damit aber nicht ausgedient.
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Johannes Loriz will den Bienen Gutes tun.

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