Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Dissident
war gewarnt, als er ins saudiarabische Konsulat in Istanbul ging. Freunde rieten dem Journalisten davon ab, sich in den Machtbereich von Kronprinz Mohammed bin Salman zu begeben, vor dem er in die USA geflohen war. Doch Chaschukdschi fühlte sich sicher in der Türkei, zu unwahrscheinlich erschienen eine Festnahme oder eine Entführung. Doch nun scheint es, dass Chaschukdschi ermordet wurde.
Aus türkischen Regierungskreisen verlautete, die Polizei gehe davon aus, dass Chaschukdschi in dem Konsulat von einem aus Saudi-Arabien angereisten Kommando umgebracht worden sei. Ein Vertreter des Konsulats wies die Vorwürfe umgehend zurück, doch bleibt Riad den Beweis schuldig, dass der 59-Jährige das Konsulat wie behauptet jemals wieder verlassen hat.
Die Führung in Riad geht seit jeher mit harter Hand gegen Oppositionelle vor. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (RSF) steht Saudi-Arabien auf Platz 169 von 180. Doch die Ermordung eines Kritikers im eigenen Konsulat wäre auch für SaudiArabien beispiellos.
Der 59-Jährige Chaschukdschi ist ein Veteran des saudiarabischen Journalismus und hat für viele Blätter gearbeitet. Zweimal leitete er die angesehene Zeitung „Al-Watan“, zweimal musste er wegen seiner Berichterstattung gehen.
Kashoggis Verhältnis zum Königshaus war ambivalent. Zeitweilig war er Berater des mächtigen Prinzen Turki alFaisal, der lange Botschafter in Washington war und die Geheimdienste leitete. Da sich unter Kronprinz bin Salman die Repression in Saudi-Arabien weiter verschärfte und Chaschukdschi seine Arbeit bei der Zeitung „Al-Hajat“verlor, nachdem er die von Riad als „Terrororganisation“eingestufte islamistische Bewegung der Muslimbrüder verteidigt hatte, ging er 2017 aus Angst vor einer Festnahme in die USA, wo er für die „Washington Post“schrieb.
In seinen Artikeln kritisierte er immer wieder die Politik des Kronprinzen bin Salman, darunter die Militärintervention im Jemen sowie die Blockade gegen das Golfemirat Katar. (AFP)