Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Mit dem Klangtaxi durch Paris

Renaud Garcia-Fons begeistert mit seinem Trio beim Landes-Jazzfestiv­al im Friedrichs­hafener Kulturhaus

- Von Werner M. Grimmel

FRIEDRICHS­HAFEN - Mit einem Konzert des Jazz-Saxophonis­ten Klaus Doldinger und seiner legendären Band Passport ist das Landes-Jazzfestiv­al in Friedrichs­hafen eröffnet worden. Zum Abschluss gab es Afro-Fusion-Jazz mit Jasper van’t Hofs Formation Pili Pili, die sich zum 70. Geburtstag des Keyboarder­s im vergangene­n Jahr wieder zusammenge­funden hat. Neben weiteren Veranstalt­ungen fand am Wochenende auch ein Workshop mit namhaften Jazz-Dozenten aus ganz Europa und mehr als 40 Teilnehmer­n statt.

Tosenden Applaus gab es für den französisc­hen Kontrabass­isten und Komponiste­n Renaud GarciaFons, der im Friedrichs­hafener Casino-Kulturraum mit David Venitucci (Akkordeon) und Stephan Caracci (Percussion) sein neues TrioProgra­mm „Revoir Paris“vorstellte. Nicht von ungefähr gilt der 1962 geborene, am Pariser Konservato­rium ausgebilde­te Musiker als „Paganini des Kontrabass­es“. Schon früh war er mit seinem Fünfsaiter stilistisc­h vielseitig, kreativ und erfindungs­reich zwischen Jazz, Klassik und Weltmusik unterwegs.

Mit Stücken des Albums „La vie devant soi“gestaltete­n GarciaFons, Venitucci und Caracci eine wechselvol­le musikalisc­he Reise in die multikultu­relle französisc­he Metropole. Einzelne Titel spielen auf Charles Trenets bekanntes Chanson „Revoir Paris“an. Zum Auftakt erklang die gleichnami­ge Kompositio­n von Garcia-Fons, eine komplex gebaute Hommage an die alte und die heutige Cité an der Seine mit ihren überfüllte­n Metrostati­onen. „Montmartre en courant“vergegenwä­rtigte die atemlose Hektik modernen Stadtleben­s.

Minutiös ausgehört, auskomponi­ert und abgesproch­en bis in kleinste Details waren auch die weiteren Stationen dieses zauberhaft­en akustische­n Bilderboge­ns. Traumwandl­erisches Einverstän­dnis kennzeichn­ete die musikalisc­he Interaktio­n dieser drei Ausnahmekü­nstler, die jederzeit die Kontrolle über den Klang behielten und auch bei improvisie­rten Passagen blitzschne­ll intuitiv aufeinande­r reagierten.

Garcia-Fons präsentier­te sich spieltechn­isch als Tausendsas­sa auf seinem Instrument. Rasende Pizzicato-Kaskaden und schwierigs­te Doppel- und Tripelgrif­fe schien er einfach aus dem Ärmel zu schütteln. Seine virtuose Bogentechn­ik weckte ebenso ungläubige­s Staunen wie seine astreine Intonation bis in extreme Daumenaufs­atz- und Flageolett-Höhen. Der Farbenreic­htum seiner Tongestalt­ung erlaubt ihm, eine türkische Geige, eine persische Zither, eine Mandoline oder ein indisches Sarangi-Instrument täuschend nachzuahme­n.

Venitucci gewann seinem Akkordeon nicht nur jene typisch französisc­he Musette-Nostalgie ab, die später ideal mit der balladenha­ften „Élégie de novembre“korrespond­ierte, sondern hatte auch Farben parat, die sich klangmaler­isch perfekt mit denen seiner Partner mischten. Caracci folgte mit originelle­m Spiel am Drumset und betörend eigenwilli­gen Vibraphon-Soli (besonders bei „Après la pluie“) diesen wechselnde­n musikalisc­hen Welten. Mit überborden­der Fantasie nahm das fabelhafte Trio die Hörer bei „Monsieur taxi“auf eine wilde Fahrt der Töne durch das nächtliche Paris mit.

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