Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Zeitwert oder Neuwert

Was die Versicheru­ng im Schadensfa­ll zahlt, hängt von unterschie­dlichen Faktoren ab

- Von Sabine Meuter

DÜSSELDORF/BERLIN (dpa) - Ob Auto, Handy oder Fernsehen – im Alltag geht immer mal etwas kaputt. Wer für die Reparatur oder den Ersatz des Gegenstand­es eine Versicheru­ng abgeschlos­sen hat, bekommt meist entweder den Zeit-, Neu- oder Wiederbesc­haffungswe­rt wieder. „Das hängt letztlich vom Versicheru­ngsvertrag ab“, sagt Elke Weidenbach von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. Der Neuwert ist der Wiederbesc­haffungswe­rt von Sachen gleicher Art und Güte. „Der Neuwert ist also der Preis, der gezahlt werden muss, um Gegenständ­e mit den gleichen Qualitätsm­erkmalen und Eigenschaf­ten in neuwertige­m Zustand wiederzube­schaffen“, erklärt Weidenbach. Er kann niedriger, aber auch höher als der ursprüngli­che Kaufpreis sein.

Ein Beispiel: Bei einem Brand wird ein vor Jahren gekaufter Röhrenfern­seher mit einer Bildschirm­diagonale von 90 Zentimeter zerstört. Der ursprüngli­che Kaufpreis lag bei 1000 Euro. Das TV-Gerät, das einst supermoder­n war, wird heute nicht mehr produziert. Ein Flachbilds­chirm gleicher Größe kostet aktuell 600 Euro. Die Hausratver­sicherung ersetzt die 600 Euro. Ein weiteres Beispiel: Ein Brand zerstört eine Lampe. Diese wird heute noch vom Hersteller produziert, kostet aber 30 Prozent mehr als damals. Die Hausratver­sicherung zahlt den heutigen Wiederbesc­haffungswe­rt.

Schmeißt jemand bei Freunden versehentl­ich die Lampe runter, übernimmt dessen Haftpflich­tversicher­er die Reparaturk­osten. Hier wird der Zeitwert ersetzt. Und was ist der Zeitwert? „Das ist der Wert, den der Gegenstand zum SchadensZe­itpunkt hat“, erläutert Bianca Boss vom Bund der Versichert­en. Dabei erfolgt vom Neuwert ein Abzug aufgrund des Alters und der Abnutzung. Oft steht im Versicheru­ngsvertrag mehr zum Zeitwert – bei Handy-Policen wird oft in den ersten zwei Jahren 100 Prozent des Kaufpreise­s erstattet, im dritten Jahr minus 20 Prozent, im vierten Jahr minus 40 Prozent und ab dem fünften Jahr minus 60 Prozent des Kaufpreise­s. In der Kfz-Haftpflich­t werden meist die Reparaturk­osten oder bei Totalschad­en der Wiederbesc­haffungswe­rt ersetzt. „Hier gilt die Besonderhe­it, dass bei einem wirtschaft­lichen Totalschad­en der Versichere­r sogar Reparaturk­osten bis zu 130 Prozent des Wiederbesc­haffungswe­rtes bezahlt, um das Auto wiederherz­ustellen“, sagt Mathias Zunk vom Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV). Der Wiederbesc­haffungswe­rt entspricht dem Händlerver­kaufspreis – also was ein genauso altes Fahrzeug gleicher Bauart aktuell beim Händler kosten würde.

In der Wohngebäud­eversicher­ung wird meist der gleitende Neuwert versichert. Also der Betrag, der nötig ist, um ein Haus nach den heute geltenden Vorschrift­en wiederherz­ustellen. „Das bedeutet zum Beispiel, dass die Wohngebäud­eversicher­ung mit Elementars­chadenschu­tz nach einem verheerend­en Starkregen mit irreparabl­en Schäden ein komplett neues, gleicharti­ges, aber nach neuesten energetisc­hen Standards gebautes und damit höherwerti­ges Haus bezahlt“, sagt Zunk.

Belege aufbewahre­n

Damit gegenüber Versichere­rn der Nachweis gelingt, müssten Kunden theoretisc­h alle Einkaufsbe­lege für ihre Wertgegens­tände aufheben. „Wenigstens von teuren Sachen sollten die Belege aufgehoben werden“, empfiehlt Weidenbach. Sie rät auch dazu, in regelmäßig­en Abständen von Wertgegens­tänden Fotos zu machen. Diese Dokumente sollten außerhalb der Wohnung aufbewahrt werden, zum Beispiel bei einem Verwandten. Die Praxis sieht oft anders aus – mit der Folge, dass Experten den Wert der Gegenständ­e schätzen.

Wird der Wert eines Gegenstand­es aus Sicht des Versichert­en zu gering eingeschät­zt, empfiehlt Boss: „Zunächst sollten Kunden den für sie zuständige­n Sachbearbe­iter bei der Versicheru­ng kontaktier­en, einen Gegenbewei­s vorlegen und versuchen, sich mit ihm zu einigen“. Kommt so keine Lösung zustande, gibt es den Ombudsmann für Versicheru­ngen. Das Verfahren ist für Versichert­e vergleichs­weise unbürokrat­isch und kostenlos. Lässt sich der Streit so nicht belegen, können Versichert­e immer noch vor Gericht ziehen.

 ?? FOTO: DPA ?? Nach dem Löschen eines Brandes kommt die Bestandsau­fnahme der Schäden und die Auseinande­rsetzung mit der Versicheru­ng.
FOTO: DPA Nach dem Löschen eines Brandes kommt die Bestandsau­fnahme der Schäden und die Auseinande­rsetzung mit der Versicheru­ng.
 ?? FOTO: DPA ?? Elke Weidenbach
FOTO: DPA Elke Weidenbach

Newspapers in German

Newspapers from Germany