Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Fast wie Sonny Liston
Trauer um Karl Mildenberger, einst Gegner Muhammad Alis
KAISERSLAUTERN (dpa) - Der deutsche Boxsport hat innerhalb von nur vier Tagen zwei ganz Große verloren. Nach dem Unfalltod Graciano Rocchigianis auf einer Schnellstraße auf Sizilien starb der frühere Europameister und Muhammad-Ali-Gegner Karl Mildenberger im Alter von 80 Jahren. „In dieser kurzen Zeit – wir sind sehr traurig“, sagte Thomas Pütz, der Präsident des Bundes Deutscher Berufsboxer. Mildenberger starb in seiner Heimatstadt Kaiserslautern in einem Hospiz.
„Mit dem Kampf gegen Ali hat er sich einen Platz in der Boxgeschichte gesichert“, sagte Verbandschef Pütz. Die Niederlage im WM-Titelkampf am 10. September 1966 im Frankfurter Waldstadion durch Abbruch in der zwölften Runde gegen The Greatest machte den Mildenberger berühmt und sportlich unsterblich. Zweimal war er am Boden, leistete aber großen Widerstand gegen Ali, dem die Rechtsauslage des Pfälzers überhaupt nicht passte. 30 000 Zuschauer feierten ihren „Milde“stürmisch. „Wohl selten wurde ein k.o.-geschlagener Boxer im Triumphzug auf den Schultern aus dem Ring getragen“, schrieb die „Frankfurter Neue Presse“(FNP) damals und attestierte dem krassen deutschen Außenseiter eine „Bravourleistung“. In seiner zehnjährigen Boxkarriere zwischen 1958 und 1968 bestritt Mildenberger 62 Kämpfe, von denen er 53 gewann. Für seinen Kampf gegen Ali kassierte er 220 000 Mark.
Mildenberger verbuchte mehrere Treffer, gewann zwei Runden, konnte dem Druck des haushohen Favoriten letztlich aber nicht standhalten. Der britische Ringrichter Teddy Waltham brach den Kampf ab. Ali adelte den Deutschen hinterher als „zweitschnellsten Schwergewichtler der Welt und am besten aussehenden weißen Boxer“. Wer der Schnellste und Schönste war, stand für Ali natürlich außer Frage. Es sei sein „schwerster Kampf seit dem Titelgewinn gegen Sonny Liston“gewesen, meinte er.
„Ich bin stolz darauf, mit Muhammad Ali im Ring gestanden zu haben. Das war die Krönung meines Lebens“, hatte Mildenberger erklärt, der sich zwei Jahre zuvor den EM-Titel im Schwergewicht erkämpft hatte. 1967 stand er sogar an der Weltranglistenspitze, nachdem Ali der Titel wegen Wehrdienstverweigerung aberkannt worden war. 1968 trat Karl Mildenberger mit 31 Jahren zurück. Sein Weggefährte Jürgen Blin, später ebenfalls Europameister, urteilte über Mildenberger: „Der Mann war eine Granate.“