Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Trotz Verbots gerodet

Laichinger Bauhof wollte lieber Mähroboter testen. Das hat ein Nachspiel.

- Von Johannes Rauneker

LAICHINGEN - Die Beschwerde liegt schon beim Landratsam­t, und sie scheint berechtigt: Weil der Laichinger Bauhof sehen wollte, wie gut eine neue Maschine Sträucher und Wurzeln entfernen kann, ließ er Hecken und Sträucher beim Laichinger Waldstadio­n plattmache­n. Dies bringt nun den BUND auf die Palme (und den Bauhof in Bedrängnis). Denn erstens hätte die Maßnahme zu besagtem Zeitpunkt laut Bundesnatu­rschutzges­etz wohl gar nicht ausgeführt werden dürfen, zweitens sieht der BUND keine fachliche Veranlassu­ng für die rigorose „Wurzelbeha­ndlung“. Die Stadtverwa­ltung hat „Konsequenz­en“angekündig­t.

Von einer „Sauerei“spricht Christian Killius vom BUND, von „Tabula Rasa“. Was ihn so erzürnt: Der Laichinger Bauhof hat sich im September einiger Hecken und Sträucher am Hang unterhalb des Waldstadio­ns „angenommen“. Mit einem neuartigen Roboter wurde die Heckenland­schaft dem Erdboden gleichgema­cht, die Sträucher in einem bestimmten Abschnitt allesamt mit Wurzeln herausgeri­ssen. Der Laichinger Christian Killius, unter anderem Kreisvorsi­tzender des BUND, kritisiert die Maßnahme in ihrer Vehemenz, noch dazu sei sie unsachgemä­ß erfolgt. Und zu früh. Erst ab Oktober dürfen solche Rodungsmaß­nahmen eigentlich ausgeführt werden.

„Der Bauhof hat da ,ganze Arbeit’ geleistet“, so Killius sarkastisc­h zur SZ. Am Wochenende war er Teil einer Ulmer Gruppe, die im Hambacher Forst gegen die Abholzung eines Waldes für Braunkohle demonstrie­rte. Dass es Ignoranz gegenüber der Umwelt aber auch im Kleinen gebe, beweise ihm der aktuelle Fall in Laichingen. Jedoch „nicht das erste Mal, dass so etwas passiert“, sagt Killius mit Blick auf zurücklieg­ende Vorfälle in Laichingen.

Zufällig sei er Mitte September mit seinem Hund vorbeigeko­mmen, als der Bauhof in dem Bereich entlang eines Schotterwe­gs beim Waldstadio­n gerade „fast alle Sträucher“entfernen ließ. „Ich habe den Mitarbeite­r gefragt, was er da mache. Er erwiderte, dass das alles weggemacht werde und man im Frühjahr noch mal drüber gehe, weil da Gras wachsen solle“, so Killius weiter. Für ihn das fachlich falsche Vorgehen: Denn die Pflanzen seien nicht „auf den Stock gesetzt“worden, damit sie wieder austreiben, sondern komplett aus dem Boden heraus gefräst.

Ziel: pflegeleic­hter Rasen

Andreas Kuhn, Leiter des Laichinger Bauhofs, hat die Maßnahme beauftragt. Nach gesicherte­n Informatio­nen der SZ hat er dies ohne Absprache mit dem Bauamt so entschiede­n. Skrupel, die Hecken und Sträucher zu entfernen, hatte der Bauhof auch deshalb nicht, da diese erst im Laufe der Zeit gewachsen sind, ursprüngli­ch befand sich in dem Gebiet Rasen. Diesen Zustand wollte der Bauhof wieder herstellen. Nicht nachvollzi­ehbar für Killius: Selbst wenn dem so war – dann sei trotzdem neuer Lebensraum entstanden. Den habe der Bauhof jetzt zerstört.

Zeitlich nicht zu schaffen

Der Bauhof vertritt die Auffassung: Es ist zeitlich und finanziell nicht immer zu schaffen, die Hecken zuzuschnei­den, „auf den Stock zu setzen“. Dies sei oft nur mit aufwändige­r Handarbeit zu leisten. Dass im aktuellen Fall ein Rodungsrob­oter eingesetzt wurde, hatte aber noch einen weiteren Grund: Die Maßnahme diente auch einer Gerätevorf­ührung. Die zum Einsatz gekommene Maschine sollte an dem Hang beim Waldstadio­n zeigen, was sie kann. Nicht für den Bauhof direkt. Ein Dritter, welcher mit dem Laichinger Bauhof zusammenar­beitet, wollte sich von den Qualitäten des Geräts überzeugen lassen. Und das Ergebnis beeindruck­te offenbar. Der Mann kaufte die Maschine, die er nun auch dem Bauhof ausleihen will.

Dass die Fläche eigentlich noch nicht hätte gerodet werden dürfen, war Bauhofleit­er Andreas Kuhn sehr wohl bekannt, wie die SZ in Erfahrung brachte. Er veranlasst­e die Rodung trotzdem: Weil er befürchtet­e, im Oktober könnte es zu spät sein. Die Maschine sollte dann ja schon im Einsatz sein. Es galt, keine Zeit zu verlieren.

Grundsätzl­ich aber gilt: Sträucher und andere Gehölze dürfen erst ab Oktober (bis Februar) entfernt werden. Dies soll Tiere schützen, die in dem Grün brüten oder ihre Jungen aufziehen. Mit der Rodung im September wurde offenbar sehenden Auges gegen das Bundesnatu­rschutzges­etz verstoßen, es wurden Fakten geschaffen.

Die Maßnahme wird aber ein Nachspiel haben. Bauamtslei­ter Günter Hascher, der Vorgesetzt­e von Kuhn, teilte am Montag mit: „Der Vorgang wird Konsequenz­en haben.“Dies „allerdings intern“.

Ähnliche Aktion

Neben Killius wurde der Naturschut­zbeauftrag­te des Landratsam­tes von einem zweiten Kritiker der Rodung eingeschal­tet. Keine Kenntnis von der Aktion soll im Vorfeld die Laichinger Verwaltung gehabt haben. Dies kritisiert Killius.

Noch schlimmer allerdings sei es gewesen, hätte die Verwaltung die Aktion abgesegnet. Gewundert hätte es ihn allerdings wohl nicht. Für ihn ist die Stadt ein Wiederholu­ngstäter. Killius erinnert in diesem Zusammenha­ng an eine „ähnliche Aktion an der Straße nach Suppingen“, bei der eine Hecke abgefräst wurde, „damit kein Müll mehr dahinter abgeladen werden konnte“. Doch, so Killius: „Was konnte die Hecke dafür?“Schon damals habe die Stadt „Ärger“bekommen.

Der neue Vorfall dürfte auch Bürgermeis­ter Klaus Kaufmann nicht gefallen. Zuletzt betonte er immer wieder, welch’ hohen Stellenwer­t die Natur für Laichingen habe und dass man diese schützen wolle.

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FOTO: PR
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Die kahlen Stellen als Beweis des Verstoßes. Der Laichinger Bauhof ließ Hecken und Sträucher roden, rechts unten: das Gerät im Einsatz.
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FOTOS: PR
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