Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Trotz Verbots gerodet
Laichinger Bauhof wollte lieber Mähroboter testen. Das hat ein Nachspiel.
LAICHINGEN - Die Beschwerde liegt schon beim Landratsamt, und sie scheint berechtigt: Weil der Laichinger Bauhof sehen wollte, wie gut eine neue Maschine Sträucher und Wurzeln entfernen kann, ließ er Hecken und Sträucher beim Laichinger Waldstadion plattmachen. Dies bringt nun den BUND auf die Palme (und den Bauhof in Bedrängnis). Denn erstens hätte die Maßnahme zu besagtem Zeitpunkt laut Bundesnaturschutzgesetz wohl gar nicht ausgeführt werden dürfen, zweitens sieht der BUND keine fachliche Veranlassung für die rigorose „Wurzelbehandlung“. Die Stadtverwaltung hat „Konsequenzen“angekündigt.
Von einer „Sauerei“spricht Christian Killius vom BUND, von „Tabula Rasa“. Was ihn so erzürnt: Der Laichinger Bauhof hat sich im September einiger Hecken und Sträucher am Hang unterhalb des Waldstadions „angenommen“. Mit einem neuartigen Roboter wurde die Heckenlandschaft dem Erdboden gleichgemacht, die Sträucher in einem bestimmten Abschnitt allesamt mit Wurzeln herausgerissen. Der Laichinger Christian Killius, unter anderem Kreisvorsitzender des BUND, kritisiert die Maßnahme in ihrer Vehemenz, noch dazu sei sie unsachgemäß erfolgt. Und zu früh. Erst ab Oktober dürfen solche Rodungsmaßnahmen eigentlich ausgeführt werden.
„Der Bauhof hat da ,ganze Arbeit’ geleistet“, so Killius sarkastisch zur SZ. Am Wochenende war er Teil einer Ulmer Gruppe, die im Hambacher Forst gegen die Abholzung eines Waldes für Braunkohle demonstrierte. Dass es Ignoranz gegenüber der Umwelt aber auch im Kleinen gebe, beweise ihm der aktuelle Fall in Laichingen. Jedoch „nicht das erste Mal, dass so etwas passiert“, sagt Killius mit Blick auf zurückliegende Vorfälle in Laichingen.
Zufällig sei er Mitte September mit seinem Hund vorbeigekommen, als der Bauhof in dem Bereich entlang eines Schotterwegs beim Waldstadion gerade „fast alle Sträucher“entfernen ließ. „Ich habe den Mitarbeiter gefragt, was er da mache. Er erwiderte, dass das alles weggemacht werde und man im Frühjahr noch mal drüber gehe, weil da Gras wachsen solle“, so Killius weiter. Für ihn das fachlich falsche Vorgehen: Denn die Pflanzen seien nicht „auf den Stock gesetzt“worden, damit sie wieder austreiben, sondern komplett aus dem Boden heraus gefräst.
Ziel: pflegeleichter Rasen
Andreas Kuhn, Leiter des Laichinger Bauhofs, hat die Maßnahme beauftragt. Nach gesicherten Informationen der SZ hat er dies ohne Absprache mit dem Bauamt so entschieden. Skrupel, die Hecken und Sträucher zu entfernen, hatte der Bauhof auch deshalb nicht, da diese erst im Laufe der Zeit gewachsen sind, ursprünglich befand sich in dem Gebiet Rasen. Diesen Zustand wollte der Bauhof wieder herstellen. Nicht nachvollziehbar für Killius: Selbst wenn dem so war – dann sei trotzdem neuer Lebensraum entstanden. Den habe der Bauhof jetzt zerstört.
Zeitlich nicht zu schaffen
Der Bauhof vertritt die Auffassung: Es ist zeitlich und finanziell nicht immer zu schaffen, die Hecken zuzuschneiden, „auf den Stock zu setzen“. Dies sei oft nur mit aufwändiger Handarbeit zu leisten. Dass im aktuellen Fall ein Rodungsroboter eingesetzt wurde, hatte aber noch einen weiteren Grund: Die Maßnahme diente auch einer Gerätevorführung. Die zum Einsatz gekommene Maschine sollte an dem Hang beim Waldstadion zeigen, was sie kann. Nicht für den Bauhof direkt. Ein Dritter, welcher mit dem Laichinger Bauhof zusammenarbeitet, wollte sich von den Qualitäten des Geräts überzeugen lassen. Und das Ergebnis beeindruckte offenbar. Der Mann kaufte die Maschine, die er nun auch dem Bauhof ausleihen will.
Dass die Fläche eigentlich noch nicht hätte gerodet werden dürfen, war Bauhofleiter Andreas Kuhn sehr wohl bekannt, wie die SZ in Erfahrung brachte. Er veranlasste die Rodung trotzdem: Weil er befürchtete, im Oktober könnte es zu spät sein. Die Maschine sollte dann ja schon im Einsatz sein. Es galt, keine Zeit zu verlieren.
Grundsätzlich aber gilt: Sträucher und andere Gehölze dürfen erst ab Oktober (bis Februar) entfernt werden. Dies soll Tiere schützen, die in dem Grün brüten oder ihre Jungen aufziehen. Mit der Rodung im September wurde offenbar sehenden Auges gegen das Bundesnaturschutzgesetz verstoßen, es wurden Fakten geschaffen.
Die Maßnahme wird aber ein Nachspiel haben. Bauamtsleiter Günter Hascher, der Vorgesetzte von Kuhn, teilte am Montag mit: „Der Vorgang wird Konsequenzen haben.“Dies „allerdings intern“.
Ähnliche Aktion
Neben Killius wurde der Naturschutzbeauftragte des Landratsamtes von einem zweiten Kritiker der Rodung eingeschaltet. Keine Kenntnis von der Aktion soll im Vorfeld die Laichinger Verwaltung gehabt haben. Dies kritisiert Killius.
Noch schlimmer allerdings sei es gewesen, hätte die Verwaltung die Aktion abgesegnet. Gewundert hätte es ihn allerdings wohl nicht. Für ihn ist die Stadt ein Wiederholungstäter. Killius erinnert in diesem Zusammenhang an eine „ähnliche Aktion an der Straße nach Suppingen“, bei der eine Hecke abgefräst wurde, „damit kein Müll mehr dahinter abgeladen werden konnte“. Doch, so Killius: „Was konnte die Hecke dafür?“Schon damals habe die Stadt „Ärger“bekommen.
Der neue Vorfall dürfte auch Bürgermeister Klaus Kaufmann nicht gefallen. Zuletzt betonte er immer wieder, welch’ hohen Stellenwert die Natur für Laichingen habe und dass man diese schützen wolle.