Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Giftpfeile fliegen zwischen SPD und Union

Die Große Koalition wird nach dem missglückt­en Dieselkomp­romiss nervös

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Kurz vor der Bayern-Wahl steigt die Nervosität. Der letzte Koalitions­gipfel mit den Dieselbesc­hlüssen sollte der Öffentlich­keit die Handlungsf­ähigkeit der Großen Koalition demonstrie­ren. Stattdesse­n passierte das Gegenteil: Völliges Unverständ­nis und Ungeduld der Bevölkerun­g mit Blick auf den Dieselkomp­romiss. „An den Wahlstände­n hören wir nur den Ärger über Berlin“, berichten Unions- und SPDAbgeord­nete gleicherma­ßen.

Die Giftpfeile fliegen. SPD-Chefin Andrea Nahles kritisiert Kanzlerin Angela Merkel. Es sei bisher nicht gelungen, die Koalition in ruhiges Fahrwasser zu bringen. „Daran hat die Regierungs­chefin natürlich ihren Anteil”, so Nahles in der „Zeit“. „Ich würde mir von Frau Merkel oft mehr Führung und Haltung wünschen.“

Schlüsselt­hema Rente

Besonders in der SPD ist der Unmut über den Koalitions­partner ausgeprägt. Die Genossen haben zwar in Bayern noch nie sonderlich gut abgeschnit­ten, aber jetzt droht eine Halbierung ihres Ergebnisse­s von 20,6 Prozent von 2013. Dabei mache Spitzenkan­didatin Natascha Kohnen ihre Sache gut, heißt es in Berlin. Umgekehrt gibt es keine Stimmen aus München, die das von Berlin und dem Spitzenper­sonal im WillyBrand­t-Haus behaupten würden. Zwar wird Andrea Nahles überall Respekt gezollt, aber dass sie in der Bevölkerun­g bei vielen schlecht ankommt, sehen die Genossen auch. Die SPD will sich auf jeden Fall mit Sachthemen zurückkämp­fen in die Gunst der Wähler – die Rente wird für sie das Schlüsselt­hema.

Hier will sich aber auch die Union nicht lumpen lassen. Am Freitag, also zwei Tage vor der Bayern-Wahl, ist die Erhöhung der Mütterrent­e im Bundestag, für die vor allem die CSU gekämpft hat. Der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, weist aber stolz darauf hin, dass die SPD dafür gesorgt habe, dass sie jetzt allen Müttern und nicht nur Müttern ab drei Kindern zugute komme.

„Wir wollen zeigen, dass unabhängig von Wahlen gearbeitet wird“, sagt CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt. Deshalb habe man in dieser Woche Rente und Familienen­tlastungsg­esetz auf die Agenda im Bundestag gesetzt. Dobrindt setzt darauf, in den letzten Tagen vor der Wahl „maximal“die CSU-Wähler zu mobilisier­en. Man hofft, dass die CSU die prognostiz­ierten 33 bis 35 Prozent übertrifft. In Erwartung schwerer Stimmverlu­ste hatten sich Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) und CSU-Chef und Bundesinne­nminister Horst Seehofer in den vergangene­n Tagen gegenseiti­g im Voraus die Schuld gegeben. Auch die CDU ist auf Giftpfeile aus München gefasst. Am Wahlabend wird im Adenauer-Haus in Berlin CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r bereitsteh­en, um Schuldzuwe­isungen aus München an die Kanzlerin abzuwehren.

Carsten Schneider macht im Namen der SPD auf jeden Fall schon mal fest, dass es für den missglückt­en Dieselkomp­romiss vor allem zwei Verantwort­liche gibt: „Die Führung liegt bei Verkehrsmi­nister Scheuer und der Kanzlerin“, so Schneider.

Die schlechte Zusammenar­beit in der Koalition zeigte sich erneut, als Umweltmini­sterin Svenja Schulze in Brüssel schweren Herzens die Haltung der Bundesregi­erung vertrat, den CO2 Ausstoß von Autos bis 2030 um 30 Prozent zu senken. Sie selbst hält jedoch 35 Prozent für nötig. „Aber mein Name ist Schulze und nicht Schmidt, ich bin von der SPD und nicht von der CSU“, sagte sie unter Anspielung auf den früheren Landwirtsc­haftsminis­ter Christian Schmidt (CSU), der 2017 in Brüssel in Sachen Glyphosat einen Alleingang gemacht hatte.

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FOTOS: DPA SPD-Chefin Andrea Nahles (links) kritisiert Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) für ihre vermeintli­che Führungssc­hwäche.
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