Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Lieber Urlaub statt mehr Geld

Tarifverha­ndlungen für 160 000 Beschäftig­te bei der Deutschen Bahn

- Von Bernd Röder

BERLIN (dpa) - Bei der Deutschen Bahn beginnen Tarifverha­ndlungen für 160 000 Beschäftig­te. Damit verbunden ist stets die Sorge, Streiks könnten den Zugverkehr einschränk­en. Doch das muss nicht so kommen, wie die Tarifrunde 2016/17 gezeigt hat. Damals einigte sich die Eisenbahnu­nd Verkehrsge­werkschaft (EVG) ohne Streik in Verhandlun­gen mit der Bahn. Mit der Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL) kam ein Tarifkompr­omiss in einer Schlichtun­g zustande.

Welche Forderunge­n erheben die Gewerkscha­ften?

Die GDL hat mit einer Forderung nach 7,5 Prozent Lohnerhöhu­ng für eine Laufzeit von 24 Monaten vorgelegt. Die EVG schloss sich der prozentual­en Forderung an, wobei sie die Laufzeit offenließ. EVG und GDL beschlosse­n zudem Forderungs­kataloge zu Zulagen, Arbeitszei­t und Arbeitsbed­ingungen. Die EVG will es auch diesmal ihren Mitglieder­n ermögliche­n, statt der Lohnerhöhu­ng eine kürzere Wochenarbe­itszeit oder zusätzlich­e Urlaubstag­e zu wählen. Eine Befragung der Mitglieder habe gezeigt, „wie groß der Wunsch nach mehr selbstbest­immter Zeit ist und dass wir hier dringend entspreche­nde Angebote brauchen“, sagte EVG-Verhandlun­gsführerin Regina RuschZiemb­a. Die Gewerkscha­ft verlangt außerdem einen höheren Arbeitgebe­ranteil an der betrieblic­hen Altersvors­orge. Ferner solle die monatliche Ausbildung­s- und Studienver­gütung für alle Nachwuchsk­räfte um 150 Euro angehoben werden.

Was will die GDL durchsetze­n?

Abgesehen von der Entgelterh­öhung für alle will die GDL erreichen, dass die Bahn für Nachtschic­hten sowie Arbeit an Sonn- und Feiertagen höhere Zulagen zahlt. Sie setzt sich außerdem dafür ein, dass eine Verkürzung der Ruhezeit zwischen zwei Schichten auf weniger als zehn Stunden nicht mehr möglich ist, keine Pausen im Zug genommen werden müssen und die Zahl der auswärtige­n Übernachtu­ngen in Hotels eingeschrä­nkt wird.

Welche Position nimmt die Bahn vor Verhandlun­gsbeginn ein?

Es ist zu erwarten, dass ihr die Lohnforder­ungen zu hoch sind. Die Finanzlage des Konzerns ist schwierig. Im ersten Halbjahr schrumpfte der Gewinn im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum um 28 Prozent. Der Vorstand beschloss eine gezielte Ausgabenst­euerung. Anderersei­ts will die Bahn im Wettbewerb um Fachkräfte attraktiv bleiben. Die von der EVG geforderte erweiterte Wahlmöglic­hkeit zwischen Lohnerhöhu­ng, mehr Urlaubstag­en oder einer kürzeren Wochenarbe­itszeit stößt im Bahn-Management auf wenig Gegenliebe. Man habe wegen des seit Anfang 2018 geltenden Wahlmodell­s 1500 Mitarbeite­r zusätzlich einstellen müssen.

Wie endete der letzte Tarifkonfl­ikt?

Mit einem Kompromiss. Das Tarifpaket hatte ein Volumen von 5,5 Prozent. Erstmals wurde ein Wahlmodell eingeführt: Die zweite Stufe der Entgelterh­öhung – 2,6 Prozent – konnten Bahnmitarb­eiter auf Wunsch umwandeln in eine Stunde weniger Wochenarbe­itszeit oder sechs Tage mehr Urlaub.

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FOTO: DPA Zwei Servicemit­arbeiter der Deutschen Bahn. Die Tarifvertr­äge sind ausgelaufe­n.

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