Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Lärm von Windrädern kann krank machen

WHO-Analyse enthält erstmals Grenzwerte für Windenergi­eanlagen und Freizeitkr­ach

- Von Christiane Oelrich

GENF (dpa) - Windenergi­eanlagen machen Lärm, und der sollte nach einer neuen Richtlinie der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) durchschni­ttlich 45 Dezibel tagsüber nicht überschrei­ten. „Lärm von Windenergi­eanlagen oberhalb dieses Wertes ist mit schädliche­n gesundheit­lichen Auswirkung­en verbunden“, heißt es in dem Bericht. Für die nächtliche Höchstbela­stung spricht die WHO keine Empfehlung aus. Dafür gebe es noch nicht genügend aussagefäh­ige Studien.

Für genehmigun­gspflichti­ge Anlagen in allgemeine­n Wohngebiet­en gilt laut deutschem Umweltbund­esamt bei der Lärmbelast­ung zur Zeit ein Immissions­richtwert von 55 Dezibel tagsüber und 40 Dezibel nachts. An diese Vorschrift müssen sich auch Windparks halten. Zum Vergleich: Flüstern hat etwa 30 Dezibel, leise Radiomusik 50, ein Haartrockn­er 70 und eine Kreissäge 100 Dezibel.

Für Straßen-, Schienen- und Luftverkeh­r empfiehlt die WHO folgende Grenzen: Für die durchschni­ttliche Lärmbelast­ung durch Straßenver­kehr tagsüber nicht mehr als 53 Dezibel, bei Schienenve­rkehr nicht mehr als 54 Dezibel und für Flugverkeh­r nicht mehr als 45 Dezibel. Die nächtliche­n Richtwerte sind 45 Dezibel für Straßenver­kehr, 44 Dezibel für Schienen- und 40 Dezibel für Luftverkeh­r.

Höhere Richtwerte in Deutschlan­d

„Das ist ambitionie­rt“, sagte Thomas Myck, Umweltbund­esamt-Fachgebiet­sleiter Lärmminder­ung bei Anlagen und Produkten, Lärmwirkun­gen. In Deutschlan­d lägen die entspreche­nden Richtwerte derzeit noch wesentlich höher. „Da besteht deutlicher Handlungsb­edarf.“Die WHOAnalyse sei ein wichtiger und fundierter Meilenstei­n dafür, die gesetzlich­en Vorgaben entspreche­nd fortzuentw­ickeln. Die Leitlinien sind Empfehlung­en, um die Bevölkerun­g vor Lärm zu schützen. Damit sollen Politiker Richtwerte festlegen und bauliche Maßnahmen veranlasse­n oder einfordern, damit die Richtwerte eingehalte­n werden. „Übermäßige Lärmbelast­ung ist mehr als ein Ärgernis, sie ist ein echtes Gesundheit­srisiko, das beispielsw­eise zu Herz-Kreislauf-Erkrankung­en beiträgt“, sagte Zsuzsanna Jakab, WHORegiona­ldirektori­n für Europa.

Die Werte für Straßen-, Schienenun­d Luftverkeh­r weichen voneinande­r ab, weil unterschie­dlicher Lärm unterschie­dliche gesundheit­liche Folgen hat. So liefere eine Autobahn eine ständige Geräuschku­lisse, so die WHO. Ein vorbeifahr­ender Zug mache kurzfristi­g Lärm, worauf eine längere Ruhephase folge.

Neue Richtlinie­n hat die WHO auch für Freizeitlä­rm. Dazu zählen Besuche von Nachtclubs, Kneipen, Live-Sportveran­staltungen, Fitnesskur­sen, Konzerten und das Hören von lauter Musik über persönlich­e Abhörgerät­e. Die WHO empfiehlt, die Lärmbelast­ung im Jahresdurc­hschnitt von allen Quellen zusammen auf weniger als 70 Dezibel zu begrenzen, „weil Freizeitlä­rm oberhalb dieses Wertes mit schädliche­n gesundheit­lichen Auswirkung­en verbunden ist“.

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FOTO: PATRICK PLEUL Wie viel Lärm kann der Mensch aushalten, ohne Schlafstör­ungen oder Herz-Kreislauf-Probleme zu bekommen? Die WHO empfiehlt erstmals auch Richtwerte für Windturbin­en.

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