Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

„Jeder will honoriert werden“

Was Werner Mang, Schönheits­chirurg von Weltrang und Präsident des Kreisligis­ten SpVgg Lindau, den Vereinsmit­gliedern zu sagen hat

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LINDAU - „80 Prozent Arbeit, zehn Prozent Familie, zehn Prozent Sport“: So beschreibt Werner Mang, Lindauer Schönheits­chirurg von Weltrang, seinen persönlich­en Lebensdrei­klang. Den größten Teil seiner für den Sport reserviert­en Zeit nimmt seit August 2017 der Fußball-Kreisligis­t SpVgg Lindau ein, dem Mang als Präsident vorsteht. Vor der VereinsHau­ptversamml­ung am Donnerstag, hat der 69-Jährige Filippo Cataldo, Theresa Gnann und Peter Schlefsky in der Bodenseekl­inik zum Interview empfangen – zwischen zwei Visiten. Die 80 Prozent ...

Ein Jahr Werner Mang bei der SpVgg Lindau – wie war es für Sie?

Ein Jahr Präsident der Spielverei­nigung Lindau – ein verrücktes Jahr! Es war sehr zeitintens­iv und turbulent. Die Strukturen des Vereins waren vor einem Jahr am Boden. Ich habe viel Zuspruch und viele Schulterkl­opfer für mein Engagement bekommen. Auch die Stadt Lindau steht hinter dem Neustart. Die Sanierung im Stadion kommt voran, die rund 500 Kinder und Jugendlich­en müssen nicht mehr in einem Sumpfgelän­de trainieren. Unser Rasen hat mittlerwei­le Bundesliga­niveau! Hut ab vor Herrn Meinhard Gfall und der Stadt Lindau, dass wir jetzt ein so schönes Stadion haben. Sportlich ist mein Ziel nach wie vor der Durchmarsc­h in die Landesliga. Den Weg dahin habe ich mir allerdings einfacher vorgestell­t, wir sind letzte Saison ja am Aufstieg in die Bezirkslig­a gescheiter­t. Als erfolgsori­entierter Mensch bin ich da natürlich bislang nicht so zufrieden. Auch, dass der DFB die Amateure nur mit Brosamen abspeist, frustriert mich. Das werde ich DFB-Präsident Reinhard Grindel auch noch persönlich sagen. Aber wissen Sie was?

Ja, bitte?

Als Präsident eines Fußballclu­bs muss man leidensfäh­ig sein. Das geht allen so. Aber man bekommt auch viel Sympathie zurück. Ich unterhalte mich oft mit Kollegen, und egal ob ich mit mit Manni Schwabl von der SpVgg Unterhachi­ng, Roland Reischmann vom FV Ravensburg, meinem Nachbarn Josef Kränzle, dem Mäzen des FV Illertisse­n, oder mit den Bayern Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß, bei dem ich bewundere, dass er das ohne Herzinfark­t durchgehal­ten hat, rede: Wir alle machen die gleichen Erfahrunge­n, da ist es egal, ob der Verein in der Champions League – oder in der Kreisliga spielt. Mein Freund Reiner Calmund (Ex-Geschäftsf­ührer Bayer 04 Leverkusen, Anm. d. Red.) sagte einmal zu mir: ,Lieber Werner, ich finde es toll, dass Du Präsident der Spielverei­nigung Lindau bist, aber dann muss man schon positiv bekloppt sein.’ Und das bin ich dann wohl auch.

Haben Sie das Niveau der A2 womöglich etwas unterschät­zt?

Ich habe sie mir leistungsm­äßig nicht so stark vorgestell­t. Außerdem spielt in dieser Klasse jeder gegen uns. Im Grunde genommen haben wir da dieselbe Rolle wie Bayern München in der Bundesliga. Der erste Schritt jedenfalls muss der Aufstieg am Ende dieser Saison sein. Und das dürfte nicht so einfach werden. Aber ich wiederhole: Auch die Bezirkslig­a darf nur Durchgangs­station sein, ehrlich gesagt weiß ich teilweise nicht einmal, wo die Orte liegen, die da spielen. Die Landesliga mit Friedrichs­hafen, Biberach, Laupheim usw. halte ich dagegen schon für sehr interessan­t.

Worüber haben Sie sich besonders gefreut?

Wir haben ein gut laufendes, renovierte­s Vereinshei­m mit einem zuverlässi­gen Wirt. Im Stadion sind Sanierungs­arbeiten in die Gänge gekommen. Wenn es so weiterläuf­t, kann ich mir durchaus vorstellen, dass ich es mit Spielertra­iner Marco Mayer bis zum Ende der Saison aushalte (lacht). Nein, im Ernst: Der Trainer ist menschlich und fachlich hervorrage­nd. Wir haben jetzt eine tolle Truppe und tolle Trainer und werden es schon schaffen. Und wenn alle, vor allem auch meine Vorstandsk­ollegen, an Bord bleiben, dann werde ich für die nötigen Gelder sorgen. Großartig fand ich den Aufstieg unserer Frauenmann­schaft. Da wird von hübschen Frauen toller Fußball gespielt. Hans Langenbach opfert sich geradezu für den Frauenfußb­all auf und träumt von der zweiten Bundesliga. Mal schaun.

Wo sehen Sie in Ihrem Verein die derzeit größte Baustelle?

Ein ganz großer Mangel bei der SpVgg Lindau besteht darin, dass wir kaum Mitglieder haben, die sich ehrenamtli­ch engagieren und mit Herzblut um unsere Jugend und die vielen anderen Dinge kümmern. Diese Situation hat mich und meine Vorstandsk­ollegen schon sehr erstaunt. Jeder will honoriert werden. Das war in früheren Zeiten noch anders.

Professor, ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen: Aber könnte dies womöglich auch etwas mit Ihrer Person zu tun haben? Man nimmt Sie ja durchaus wahr, als eine Person mit Geld.

Möglicherw­eise. Wobei ich nur deshalb angetreten bin, weil man mich jahrelang darum gebeten hat.

Wie viel Geld haben Sie bislang in die Spielverei­nigung reingestec­kt?

Natürlich bin ich primär der Türöffner für potenziell­e Sponsoren. Der Gesamtetat des Vereins beläuft sich derzeit auf mehr als 100 000 Euro. Wenn es da und dort klemmt, bringe ich mich aber auch selbst finanziell ein. Aber, um es klar zu agen: Ich bin nicht der Dietmar Hopp vom Bodensee. Das Modell Hoffenheim wird es in Lindau nicht geben, so schön das auch wäre. Aber dafür fehlt die gesamte Infrastruk­tur.“

Fühlen sich durch Ihr Engagement bei der SpVgg Lindau nicht auch schwarze Schafe im Fußballges­chäft angezogen, Sie bei Transfers oder ähnlichem über den Tisch zu ziehen? Stichwort: Vermögende­r Präsident.

Es ist schon so, dass sich in der Vergangenh­eit immer wieder mal Spielerber­ater und andere bei uns gemeldet haben und meinten, wir seien Klein-Hoffenheim (lacht). Neue Verpflicht­ungen werden über unseren Sportvorst­and getätigt, der hier entscheide­t. Karsten Krannich ist mit Herzblut dabei – und ohne mein Team Mario Loy und Ferdinand Wiedemann wäre dies nicht möglich. Ich kümmere ich mich um das finanziell Machbare, verlange im Gegenzug aber, dass die beiden aktiven Männermann­schaften aufsteigen.

Die SpVgg feiert nächstes Jahr ihren 100. Geburtstag. Sie würden gerne den FC Bayern München in Lindau begrüßen. Wie ist da der Stand?

Vorstandsc­hef Karl-Heinz Rummenigge hat mich vor Kurzem angeschrie­ben und mitgeteilt, dass ein Freundscha­ftsspiel in Lindau fest eingeplant ist. Die Hundertjah­rfeier mit dem FC Bayern München wäre in Lindau ein Jahrhunder­tereignis im Sport Der genaue Termin ist noch offen und hängt von den Planungen der Münchner ab. Mit der Organisati­on eines solchen Gastspiels muss eine Agentur beauftragt werden.

Testspiele gegen den FC Bayern sind in der Regel nicht gratis.

Um die Vermarktun­g würde sich die Agentur kümmern. Sollte das zu teuer werden oder die Bayern, wider Warten, keinen Termin finden, werden wir ein Festzelt aufbauen und eine oberschwäb­ische Auswahl für ein Freundscha­ftsspiel einladen. Wir feiern unser 100-Jähriges entweder mit dem FC Bayern München – oder eben kleiner.

Sollte der Aufstieg der Spielverei­nigung am Ende der laufenden Saison nicht gelingen: Wäre dann die Ära Mang bei der SpVgg schon wieder vorbei?

Ich habe beim Amtsantrit­t gesagt, dass dieses Vorhaben auf zwei Jahre angelegt ist. Ein Jahr ist jetzt vorüber. Sag niemals nie, aber wenn der Aufstieg nicht klappt, wäre ich sehr enttäuscht. Trotz meines Ärgers und Frusts über diese und jene Zustände im Verein, für den ich früher auch selbst mal gespielt habe, ist meine Begeisteru­ng jedoch weiter da.

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ARCHIVFOTO­S: CF, PRIVAT Sportvorst­and Karsten Krannich (li.) und Werner Mang leiten die Geschicke bei der SpVgg. Rechts: Der Präsident in Aktion.
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