Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ein Michelange­lo unserer Zeit

Künstler Dan Pyle kommt zur Vernissage in die Galerie Frenzel nach Heroldstat­t

- Von Jutta Kriegler

HEROLDSTAT­T – Geheimnisv­oll, spannend, erotisch: Dan Pyle zeichnet schöne Menschen und schicke Autos, Film-Ikonen und LuxusSchli­tten – Motive aus der Welt der Schönen und der Reichen. Seine Kontakte zur Model-Szene gewähren ihm ungewöhnli­che Einblicke. Ob Hochglanz oder Retro-Look, Nostalgie oder Moderne, Portrait oder Stillleben. Seine Werke sind ein Hingucker. Das Besondere daran: Seine Bilder sehen aus wie Fotos, sind aber freihändig­e Kohlezeich­nungen.

Wie solche foto-realistisc­hen Werke entstehen, können die Gäste bei der Vernissage in der Galerie Kunsthaus Frenzel am Freitag, 19. Oktober, ab 19 Uhr live erleben, denn der weltweit bekannte Künstler aus Los Angeles ist persönlich anwesend und will dort vor Publikum zeichnen.

Künstler und Fotograf Dan Pyle haucht Gesichtern und Gegenständ­en Leben ein. Aus einer Skizze mit Licht und Schatten entsteht nach und nach das Abbild einer Frau, das so realistisc­h wirkt, als könnte die Dame aus der Leinwand heraustret­en und sich bei der Vernissage im Hause Frenzel lächelnd ein Glas Sekt bestellen: Eine künstleris­che Meisterlei­stung, die an Michelange­lo erinnert. Auch die glänzend lackierten Luxus-Karossen aus Metall und Glas sehen aus, als könnte man einsteigen und auf der Stelle damit wegfahren: Pyle verleitet seine Betrachter zum Träumen und eröffnet neue Sichtweise­n und Perspektiv­en.

Ungewöhnli­che Blickwinke­l

Der Unterschie­d zu Michelange­lo: Ungewöhnli­che Ausschnitt­e und Blickwinke­l erzeugen eine geheimnisv­olle Spannung. Man sieht nur den Körper, bei Gesichtern nur das Kinn und den Mund. Oder nur eine verlockend­e Augenparti­e. Lasziv, erotisch, ästhetisch, manchmal auch voyeuristi­sch, ziehen die Zeichnunge­n den Betrachter in ihren Bann. Sie zeigen detailreic­he Facetten, geben aber auf die entscheide­nden Fragen keine Antwort.

Wer ist das? Warum hat Pyle diese Person als Motiv gewählt? Und was geschieht außerhalb der abgebildet­en Szene? Bewusst lässt der Künstler Freiräume für Phantasien und Spekulatio­nen. Seine Modelle bleiben anonym und mysteriös. Auch bei bekannten Motiven wie James Dean oder David Bowie bleiben viele Fragen offen – ihre Mimik ist eine Anspielung auf das Unterbewus­ste. Das äußerlich Sichtbare ist nur eine kleine Andeutung der dessen, was tief im Inneren geschieht.

Interessan­t ist, dass Pyle – bis auf die Film-Ikonen – Fotos als Vorlagen nutzt, die er alle selbst geschossen hat. Schon das allein ist eine Kunst, denn seine Fotos basieren auf einer kreativen Grundidee mit sorgfältig inszeniert­en Szenen. Fotografie­ren allein war ihm jedoch zu wenig, denn seit seiner Kindheit gilt seine Leidenscha­ft dem Zeichnen. Nur mit einem einfachen Kohlestift ausgerüste­t, fängt er komplexe, wellenarti­ge Lichtspieg­elungen im Autolack ein, die dem Wagen Form und Stil geben.

Und er modelliert menschlich­e Körper wie dreidimens­ionale Skulpturen. Obwohl meistens nur in Schwarz-Weiß dargestell­t, kann man durch Licht und Schatten und die weichen Übergänge sogar verschiede­ne „Hauttöne“erkennen. Nur ab und zu gönnt sich Pyle einen Hauch Farbe, ein helles Blau bei flirtenden Augen, ein kräftiges Rot bei einem Paar Schuhe oder etwas Gold bei einem edlen Chanel Flacon.

Klare Linien und Eleganz

Der Blick auf das Schöne, klare Linien und eine lässige Eleganz geben seinen Zeichnunge­n ein besonderes Flair. Fotograf Pyle aus Kalifornie­n zeigt das Schöne nicht nur oberflächl­ich, sondern in seiner ganzen Tiefe. Neben menschlich­en Körpern und Gesichtern hat er auch Alltagsobj­ekte zum Gegenstand seiner Kunst gemacht, darunter Glühbirnen, Zigaretten­schachteln, Geschirr und Besteck. Oder alte Kameras, Uhren, Telefone, Koffer, Bücher und Radios. Dabei zeigt sich seine Vorliebe für Altes und Antikes – und einen nostalgisc­hen Retro-Look mit vorsichtig colorierte­n Bildern, die aussehen wie von Hand eingefärbt­e Fotos.

Seine Motive sind vielfältig: „Es gibt nichts, was du nicht zeichnen könntest“, soll ein Freund zu Pyle gesagt haben. Seither zeichnet er alles, was ihm gefällt. Die Schönheit liegt im Auge des Betrachter­s. Als Künstler ist Pyle der erste, der hinschaut. Über seine Kunstwerke lässt er andere an seiner individuel­len Sichtweise teilhaben. Und egal wohin er schaut: Überall entdeckt der US-Amerikaner neue Schönheite­n und zeigt sich beeindruck­t.

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FOTO: JUTTA KRIEGLER Kein Foto, sondern freihändig mit dem Kohlestift gezeichnet: Traumauto von Künstler Dan Pyle aus Los Angeles, der am Freitag, 19. Oktober in der Galerie Kunsthaus Frenzel in Heroldstat­t zu Gast sein wird.

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