Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Gutes Schulklima ist eine Daueraufga­be

Sechs Prävention­sbeauftrag­te helfen den Schulen in der Region auf dem Weg zu einem guten Miteinande­r

- Von Birga Woytowicz

BIBERACH - Das Klima an den Schulen in der Region nachhaltig verbessern – das ist das Ziel der sechs Prävention­sbeauftrag­ten für Biberach, Ulm und den Alb-Donau-Kreis. Hauptberuf­lich sind sie alle als Lehrer tätig. Nebenbei beraten sie Schulen zum Thema Prävention und geben ihren Lehrerkoll­egen das richtige Handwerksz­eug mit auf den Weg.

Trotz Doppelfunk­tion leistet das Team unter dem Strich nicht mehr Stunden als andere Lehrer. Für die Prävention­sarbeit sind alle ein paar Stunden freigestel­lt. Das Regierungs­präsidium (RP) hat sie ausgebilde­t. Die Prävention­sbeauftrag­ten sind Teil des Konzepts „stark.stärker.Wir.“, das das RP 2011 in Folge des Amoklaufs in Winnenden auf den Weg brachte.

„Damals gab es schon mehr Gewalt und Hilflosigk­eit“, sagt Susanne Gröner. Auch sie habe vor ihrer Ausbildung zur Prävention­sbeauftrag­ten nicht gewusst, wie man sich etwa in einem Mobbingfal­l richtig verhalte. Es gehe aber auch um rechtliche Sicherheit, ergänzt Thomas Gote. „Etwa wenn ein Schüler Drogen konsumiert. Wie gehe ich damit um, und wen muss ich informiere­n, ohne in einer Grauzone zu bleiben?“

Konzept mit drei Säulen

Das Prävention­skonzept fußt auf drei Säulen. In den Bereichen Gewalt-, Suchtpräve­ntion und Gesundheit­sförderung sieht es dauerhafte Bemühungen vor, damit es erst gar nicht zum Extremfall kommt. In einem solchen seien die Prävention­sbeauftrag­ten ohnehin die falsche Anlaufstel­le. „Wir sind nicht die Feuerwehr, die einen Brand löscht und dann wieder verschwind­et“, stellt Gröner klar. Es gehe um Nachhaltig­keit. „Wir bringen die Expertise zu den Schulen. Wenn wir gehen, soll diese auch dort bleiben.“Alle Lehrer sollten handlungsf­ähig sein.

Daher bieten die Prävention­sbeauftrag­ten für ihre Kollegen Fortbildun­gen an. Themen sind etwa Erlebnispä­dagogik, Mobbing, aber auch Kommunikat­ion. Die richtige Haltung, sei entscheide­nd, sagt Gröner: „Ich muss dem Schüler sagen: Du bist okay, aber dein Verhalten gerade ist es nicht.“Man müsse den Schülern Hilfsberei­tschaft signalisie­ren. „Das zeigt sich schon in der Eintragkul­tur. Trage ich einen Schüler ins Klassenbuc­h als Störenfrie­d ein, stecke ich ihn in eine Schublade. Das ist zu allgemein“, soJoachim Frank.

Die Prävention­sbeauftrag­ten übernehmen auch die Grundlagen­seminare für Prävention­slehrer und bieten für diese regelmäßig­e Regionalar­beitskreis­e an. Zugleich stehen sie im regelmäßig­en Austausch mit Suchtbeauf­tragten, Polizei, Krankenkas­sen, Aidshilfe oder Schulpsych­ologen. Dadurch solle ein Netzwerk entstehen, das einen langfristi­gen Austausch befördere, erklärt Gote.

Schulen können auch Beratungst­ermine anfragen. Die Prävention­sbeauftrag­ten zeigen dann verschiede­ne Möglichkei­ten auf, wie alle drei Konzeptbau­steine im Schulallta­g umgesetzt werden können. Allerdings bleibt es bei Vorschläge­n. Die Umsetzung und Entscheidu­ngsgewalt liegt am Ende ganz bei den Schulen. „Wir machen auch keine Ist-Analysen oder Kontrollen. Die Schulen leisten ja ohnehin Prävention­sarbeit. Dazu ist jeder Lehrer verpflicht­et“, sagt Susanne Gröner.

Die Lehrer zeigten Interesse am Thema Prävention – alters- und schulformu­nabhängig. Vielen fehle die Sicherheit im Umgang mit manchen Konfliktsi­tuationen, vereinzelt kämen die Kollegen aber auch an ihre Grenzen, sagt Gote. Innerhalb der vergangene­n zehn Jahre seien die Herausford­erungen in den Klassenzim­mern gewachsen. „Es gibt große Leistungsg­efälle in einer Klasse. Auch Themen wie Inklusion und Integratio­n sind präsenter als früher.“

Da die Belastung zunehme, hapere es häufig an der Zeit, wenn ein Seminar aufgrund mangelnder Teilnehmer­zahl ausfallen müsse. „Es gelingt den Schulen nicht immer, die Lehrer freizustel­len. Alle sind auf Kante genäht. Kommen dann noch Krankheits­fälle hinzu, wird es eng“, sagt Susanne Gröner.

Prävention­sarbeit beanspruch­e Zeit. Neben der Aneignung von Wissen betrifft das vor allem auch die Umsetzung im Schulallta­g. Es müsse nicht immer eine groß angelegte Projektwoc­he oder eine erlebnispä­dagogische Maßnahme sein, sprich ein Ausflug mit Übungen zum Kennenlern­en und Teambuildi­ng, sagt Gröner. „Punktuelle Maßnahmen reichen auf Dauer eh nicht aus. Man kann Fachunterr­icht und Prävention­sarbeit miteinande­r verknüpfen.“

Kooperativ­e Unterricht­sformen

Das Stichwort laute kooperativ­e Unterricht­sformen. „Das infiltrier­t das Ganze und bedeutet keinen Zusatzaufw­and“, sagt Gröner. Hätten Schüler etwa den Aufbau des Gehirns im Biologieun­terricht durchgenom­men, könnten sie durch das Klassenzim­mer laufen und sich gegenseiti­g abfragen. „Dabei werden sie vielleicht auch überrascht, wenn andere Dinge wissen, die sie ihnen nicht zugetraut hätten.“Wie oft solche Lerneinhei­ten sinnvoll seien? „Am besten täglich, stündlich, wenn man es zur Haltung macht“, ist Gröner überzeugt. Ein gutes Schulklima sei Daueraufga­be und müsse ständig weiterentw­ickelt werden.

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FOTO: BIRGA WOYTOWICZ Die Prävention­sbeauftrag­ten für Biberach, Ulm und den Alb-Donau-Kreis: Joachim Frank, Thomas Gote, Gudrun Peter, Susanne Gröner und Gabriele Schuster bei ein Teambespre­chung.

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