Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Polizei auf dem Posten?
Ulmer Polizeipräsident im Interview über die Sicherheit auf der Laichinger Alb.
LAICHINGEN - Wie sicher lebt es sich auf der Laichinger Alb? Diese Frage stellt sich SZ-Redakteur Johannes Rauneker im Rahmen des Formats „Gesprächsstoff“. Eine erste Analyse der Statistik belegte: Die Kriminalität zwischen Blaubeuren und Westerheim ist auf vielen Feldern rückläufig. Doch wie sieht es im Bereich der Organisierten Kriminalität aus? Und warum bekommt Laichingen keinen rund um die Uhr besetzten Polizeiposten? Diese Fragen hat der Ulmer Polizeipräsident Christian Nill beantwortet.
Herr Nill, wie würden Sie die Sicherheit der Bewohner der Laichinger Alb vor Kriminalität beschreiben?
Der Alb-Donau-Kreis ist, im jährlichen Wechsel mit dem Enzkreis, der sicherste Landkreis im Land BadenWürttemberg, einem der sichersten Bundesländer in einem der sichersten Staaten Europas. Die Gemeinden auf der Laichinger Alb wiesen meist noch niedrigere Belastungszahlen auf als der Alb-Donau-Kreis. Ausnahmen sind Merklingen und Nellingen. Hier schlagen die Straftaten zu Buche, die auf den Rasthöfen an der Autobahn begangen werden: überwiegend Tankbetrügereien, die keine Auswirkung auf das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung haben. Deshalb: In den Gemeinden auf der Laichinger Alb lebt es sich sicher und aus Sicht des Polizeipräsidiums Ulm ist die Präsenz richtig und angemessen.
Hat die Polizeireform 2014 tatsächlich bewirkt, dass auf der Laichinger Alb mehr Polizisten im Einsatz sind?
Die Polizeireform hatte unter anderem zum Ziel, zwei zusätzliche Polizeibeamte jedem Polizeirevier zuweisen zu können. Das ist uns im Bereich des Polizeipräsidiums Ulm gelungen. Diese Polizisten sind natürlich nicht nur auf der Laichinger Alb unterwegs, aber auch dort. Heute sind wir vierdreiviertel Jahre weiter, in denen sich selbstverständlich auch die Personalentwicklung verändert hat. Die demografische Entwicklung macht vor der Polizei nicht Halt.
Anschließend daran: Nach meinen Informationen sollen Beamte, die auf dem Papier existieren, auf der Laichinger Alb aus gesundheitlichen Gründen teils gar nicht so eingesetzt werden können, wie es eigentlich vorgesehen ist...
Das beschriebene Problem ist real kein Problem. Polizeibeamte, die zeitweise aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr jeden Dienst verrichten können, sind seit Jahren weiterhin in der Polizei tätig. Auch Polizisten werden krank. Wie die Beschäftigten anderer Firmen auch. Diese Beamten werden entsprechend mit Aufgaben betraut und an Stellen verwendet, an denen sie immer noch 100 Prozent Arbeitsleistung erbringen können. Viel mehr drückt uns derzeit die Altersstruktur der Polizei, zumal in den kommenden Jahren noch mehr Polizeibeamte in den Ruhestand gehen als nachrücken. Eine Verbesserung der Situation ist in diesem Jahrzehnt nicht mehr zu erwarten.
Zurück nach Laichingen: Wie wollen Sie, vor allem am Wochenende, die Sicherheit auf der Laichinger Alb gewährleisten, auch wenn der Posten nicht besetzt ist?
Die Diskussion um eine durchgehend besetzte Dienststelle in Laichingen ist eine Diskussion mindestens der letzten drei Jahrzehnte. Eine solche Dienststelle war noch nie angezeigt und ist es heute auch nicht. Die Polizei hat eine bestimmte, von der Landesregierung festgelegte Anzahl von Polizeibeamtinnen und Beamten. Diese können immer nur einmal eingesetzt werden. Wir verteilen das Personal nach dem Bedarf, den wir aus den Belastungszahlen erkennen. Dort, wo viel passiert, werden auch mehr Polizeibeamtinnen und -beamte eingesetzt. Somit erhalten das Polizeirevier in Ehingen und der Polizeiposten in Laichingen eine bestimmte Anzahl von Beschäftigten. Diese beiden Dienststellen unterstützen sich gegenseitig. Dass sie das gut machen, das zeigen die Zahlen, die ich eingangs genannt habe: Sie sorgen für ein hohes Maß an Sicherheit.
Aber die Alb wächst, ein Bahnhof kommt und ein neues, 50 Hektar großes Gewerbegebiet soll bei Merklingen angesiedelt werden. Wie viele Menschen müssen in einem bestimmten Raum X leben, damit es hier ein rund um die Uhr besetztes Revier gibt?
Wie gesagt: Es geht nicht nur um die Zahl der Menschen, die in einer Region leben, sondern auch um die Zahl der Ereignisse, die ein polizeiliches Handeln erfordern. Wir ziehen einen intelligenten Personaleinsatz einer Verteilung nach dem „Gießkannenprinzip“vor.
Was hat sich auf der Laichinger Alb positiv entwickelt?
In den vergangenen fünf Jahren ging die Zahl der registrierten Straftaten in den Albgemeinden – Berghülen, Heroldstatt, Laichingen, Merklingen, Nellingen, Westerheim – leicht zurück. Die Zahl der Wohnungseinbrüche ging im gesamten Alb-Donau-Kreis auf fast die Hälfte zurück. Das zeigt, dass die Maßnahmen, die die Polizei gerade gegen diese schwer wiegenden Delikte eingeleitet hat, erfolgreich sind. Und sie binden viel Personal.
Zuletzt wurden in Laichingen Polizisten angegangen und teils verletzt: Ein sich häufendes Phänomen?
Laut Bernd Hummel, Leiter der Kriminalpolizeidirektion, wurden insgesamt 230 Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamte im vergangenen Jahr registriert. Damit bewegen wir uns auf dem Niveau des Vorjahres. Statistisch betrachtet sind das rund vier Gewaltangriffe pro Woche gegen Polizeibeamtinnen oder Polizeibeamte in der Ausübung ihres Dienstes. Er sagte schon im Frühjahr, dass uns die Fälle Sorgen bereiten, in denen Polizeikräfte angegriffen werden.
Welche Art von Kriminalität beschäftigt Sie und Ihre Kollegen auf der Laichinger Alb besonders?
Die Fälle von Einbrüchen in Wohnungen sind zwar weiter rückläufig, dennoch beeinträchtigen sie das Sicherheitsgefühl der Bürger in besonderem Maß. Deshalb werden wir auch weiter mit hohem Aufwand gegen diese Einbrüche vorgehen. Das Polizeipräsidium hat die Bekämpfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls als ein strategisches Handlungsfeld definiert und damit einen Schwerpunkt gesetzt, der auf gleicher Ebene der Bekämpfung von Gewaltkriminalität und Terrorismus und der Kriminalität durch Asylbewerber und Flüchtlinge gleichzusetzen ist. Durch unsere verstärkte Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität holen wir derzeit immer mehr dieser Fälle aus dem Dunkelfeld. Deshalb wird ihre Zahl in der polizeilichen Kriminalstatistik für das laufende Jahr voraussichtlich steigen. Auch die Fälle von Betrug am Telefon (Enkeltrick, falsche ServiceMitarbeiter, falsche Polizeibeamte und so weiter) nehmen zu. Zwar durchschauen die allermeisten den Betrug, doch in wenigen Fällen gelingt es den geübten Tätern doch, die angerufenen, meist Senioren, zur Übergabe ihrer Wertsachen zu überreden. Mit ständiger Aufklärungsarbeit und intensiven Ermittlungen wollen wir dagegen angehen.
Und die Organisierte Kriminalität: Vor allem Großräume sind in den Schlagzeilen... wie sieht es diesbezüglich auf der Laichinger Alb aus?
Aktuell sind uns solche Strukturen nicht bekannt.