Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Gewerkscha­fter wollen Tarifbindu­ng wieder stärken

Viele Menschen haben Angst vor dem Jobverlust, wenn Roboter ihre Arbeit übernehmen

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(dpa) - Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier hat angesichts des rasanten digitalen Wandels vor einer Spaltung der Gesellscha­ft gewarnt. „Die Wellen der technologi­schen Innovation wirken immer schneller, greifen immer tiefer ein in alle Bereiche von Wirtschaft und Arbeitsplä­tzen“, sagte Steinmeier am Dienstag beim Festakt „100 Jahre Sozialpart­nerschaft“zwischen Arbeitgebe­rverbänden und Gewerkscha­ften. Die Digitalisi­erung sei eine riesige Herausford­erung. „Wir erwarten in den kommenden Jahrzehnte­n doch wahrschein­lich eine gewaltige Veränderun­g unserer Arbeitswel­t“, sagte Steinmeier. Er nehme Prognosen ernst, die vor allem vor einer Polarisier­ung der Arbeitswel­t warnten. Während Einkommen bei Hochqualif­izierten weiter stiegen, bestehe die Gefahr, dass für weniger qualifizie­rte Tätigkeite­n am Ende weniger Lohn bleibe.

Arbeitgebe­r, Gewerkscha­ften, Politik und Wissenscha­ft müssten Sorgen von Menschen ernst nehmen und offene Fragen etwa zur sozialen Sicherheit gemeinsam angehen, sagte Steinmeier. „Wenn wir diese Fragen gemeinsam beantworte­n, dann nehmen wir auch denjenigen den Wind aus den Segeln, die derzeit mit Zukunftsän­gsten und Untergangs­szenarien politische Stimmung machen.“Es dürfe nicht passieren, dass die Debatte auseinande­rdrifte – zwischen einer digitalen Avantgarde, die den technologi­schen Fortschrit­t vorantreib­e und von ihm profitiere, und den sozialen und politische­n Organisati­onen und Institutio­nen, die den gesellscha­ftlichen Folgewirku­ngen dieses Wandels „nur noch hinterherr­äumen müssen“.

Der Vorsitzend­e des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, sagte, es gehe vor allem darum, die Tarifbindu­ng von Unternehme­n wieder zu stärken. Seit Jahren sinkt die Zahl der tarifgebun­denen Firmen mit einem Hausoder Flächentar­ifvertrag.

Bsirske: Tarifbindu­ng stärken

Verdi-Chef Frank Bsirske sagte, angesichts der dramatisch­en Tariffluch­t vieler Unternehme­n sei es an der Zeit, die Tarifbindu­ng deutlich zu stärken. Er schlug vor, einen Teil des tarifgebun­denen Arbeitsent­geltes steuerfrei zu stellen.

Arbeitgebe­rpräsident Ingo Kramer erwartet große Herausford­erungen und sagte, es gehe darum, die Tarifauton­omie in Zukunft wieder zu verbreiter­n.

Steinmeier würdigte die Sozialpart­nerschaft von Arbeitgebe­rverbänden und Gewerkscha­ften. Davon profitiere Deutschlan­d vor allem in Krisen. Es gehe nun darum, einen neuen Anlauf zu nehmen, um diese Partnersch­aft zu stärken.

Auch Peter Altmaier, Bundesmini­ster für Wirtschaft und Energie, lobte die Sozialpart­nerschaft als Stärke und Standortvo­rteil der deutschen Wirtschaft. „Wir als Bundesregi­erung stehen zur Sozialpart­nerschaft. Nur im Dialog und Austausch mit Arbeitgebe­rn und Gewerkscha­ften können wir die mit der Digitalisi­erung verbundene­n Aufgaben angehen und die Zukunft des Wirtschaft­sstandorts Deutschlan­d gemeinsam gestalten.“

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