Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Nach Geiselnahme prüfen Fahnder Terror-Hintergrund
Täter in Köln wollte offenbar viele Menschen treffen
KÖLN (dpa) - Nach der Geiselnahme im Kölner Hauptbahnhof prüft die Polizei einen terroristischen Hintergrund der Tat. Der Geiselnahme ging ein Brandanschlag voraus, mit dem der Täter offenbar möglichst viele Menschen treffen wollte. Es sei großes Glück, dass nicht viel mehr Menschen verletzt worden seien, betonte der Kölner Kripochef Klaus-Stephan Becker am Dienstag.
Die Polizei ist sich sicher, dass es sich bei dem Täter um einen 55 Jahre alten Flüchtling aus Syrien handelt. Er war „psychisch nicht in der Lage zu arbeiten“, sagte Becker. Die Bundesanwaltschaft kündigte an, dass sie das Verfahren wahrscheinlich übernehmen werde. Der schwer verletzte Täter war am Dienstag nach einer mehrstündigen Operation außer Lebensgefahr, lag aber im Koma und konnte nicht verhört werden. Gegen ihn erging ein Haftbefehl. Mehrere Schüsse der Polizei trafen ihn. Der Mann musste reanimiert werden.
Der Mann hatte am Montagmittag große Mengen Benzin über den Boden eines Schnellrestaurants im Bahnhof gekippt. Kurz darauf zeigt das Überwachungsvideo eine dramatische Explosion: Man sieht einen einzigen grellen Feuerschein. Ein 14 Jahre altes Mädchen erlitt schwere Verbrennungen. Nach der Tat ließ der Mann einen Koffer und eine Aktentasche mit Gaskartuschen und Brandbeschleuniger in der Filiale zurück und flüchtete in eine Apotheke. Dort nahm er eine Angestellte als Geisel. Als er sie mit Benzin übergoss, griff die Polizei ein. Die Angestellte erlitt einen Schock.
Die Wohnung des Syrers in einer Flüchtlingsunterkunft im Kölner Stadtteil Neuehrenfeld wurde durchsucht. Dort fand die Polizei weiteres Benzin. An der Wand fanden sich arabische Schriftzeichen, die sich zwar auf den Islam, nicht aber auf das Terrornetz „Islamischer Staat“beziehen. Die Frau des 55-Jährigen lebt in Syrien, sein Sohn und sein Bruder sind in Deutschland. Seit 2013 ist der Mann 13 mal straffällig geworden, unter anderem wegen eines Rauschgiftdelikts, Betrugs, Ladendiebstahls und Hausfriedensbruchs.
Der „Kölner Stadt-Anzeiger“berichtete unter Berufung auf den Hausverwalter der Flüchtlingsunterkunft, dass der Mann in Syrien als politischer Häftling und Gegner von Präsident Assad im Gefängnis gesessen haben solle. „Er sagte, dass er dort gefoltert wurde“, sagte der Hausverwalter der Zeitung. „Das hat ihn psychisch krank gemacht. Er war hier in Köln deswegen auch in Behandlung.“Die Polizei hat nach eigenen Angaben keine Informationen über eine Haftzeit in Syrien.