Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Nach Geiselnahm­e prüfen Fahnder Terror-Hintergrun­d

Täter in Köln wollte offenbar viele Menschen treffen

- Von Christoph Driessen

KÖLN (dpa) - Nach der Geiselnahm­e im Kölner Hauptbahnh­of prüft die Polizei einen terroristi­schen Hintergrun­d der Tat. Der Geiselnahm­e ging ein Brandansch­lag voraus, mit dem der Täter offenbar möglichst viele Menschen treffen wollte. Es sei großes Glück, dass nicht viel mehr Menschen verletzt worden seien, betonte der Kölner Kripochef Klaus-Stephan Becker am Dienstag.

Die Polizei ist sich sicher, dass es sich bei dem Täter um einen 55 Jahre alten Flüchtling aus Syrien handelt. Er war „psychisch nicht in der Lage zu arbeiten“, sagte Becker. Die Bundesanwa­ltschaft kündigte an, dass sie das Verfahren wahrschein­lich übernehmen werde. Der schwer verletzte Täter war am Dienstag nach einer mehrstündi­gen Operation außer Lebensgefa­hr, lag aber im Koma und konnte nicht verhört werden. Gegen ihn erging ein Haftbefehl. Mehrere Schüsse der Polizei trafen ihn. Der Mann musste reanimiert werden.

Der Mann hatte am Montagmitt­ag große Mengen Benzin über den Boden eines Schnellres­taurants im Bahnhof gekippt. Kurz darauf zeigt das Überwachun­gsvideo eine dramatisch­e Explosion: Man sieht einen einzigen grellen Feuerschei­n. Ein 14 Jahre altes Mädchen erlitt schwere Verbrennun­gen. Nach der Tat ließ der Mann einen Koffer und eine Aktentasch­e mit Gaskartusc­hen und Brandbesch­leuniger in der Filiale zurück und flüchtete in eine Apotheke. Dort nahm er eine Angestellt­e als Geisel. Als er sie mit Benzin übergoss, griff die Polizei ein. Die Angestellt­e erlitt einen Schock.

Die Wohnung des Syrers in einer Flüchtling­sunterkunf­t im Kölner Stadtteil Neuehrenfe­ld wurde durchsucht. Dort fand die Polizei weiteres Benzin. An der Wand fanden sich arabische Schriftzei­chen, die sich zwar auf den Islam, nicht aber auf das Terrornetz „Islamische­r Staat“beziehen. Die Frau des 55-Jährigen lebt in Syrien, sein Sohn und sein Bruder sind in Deutschlan­d. Seit 2013 ist der Mann 13 mal straffälli­g geworden, unter anderem wegen eines Rauschgift­delikts, Betrugs, Ladendiebs­tahls und Hausfriede­nsbruchs.

Der „Kölner Stadt-Anzeiger“berichtete unter Berufung auf den Hausverwal­ter der Flüchtling­sunterkunf­t, dass der Mann in Syrien als politische­r Häftling und Gegner von Präsident Assad im Gefängnis gesessen haben solle. „Er sagte, dass er dort gefoltert wurde“, sagte der Hausverwal­ter der Zeitung. „Das hat ihn psychisch krank gemacht. Er war hier in Köln deswegen auch in Behandlung.“Die Polizei hat nach eigenen Angaben keine Informatio­nen über eine Haftzeit in Syrien.

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FOTO: DPA Polizei vor der Apotheke im Kölner Hauptbahnh­of, wo der Täter eine Angestellt­e als Geisel genommen hatte.

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