Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Weit mehr als nur eine Waffe des Mittelalters
Die Sonderausstellung im Stuttgarter Landesmuseum widmet sich der Faszination des Schwertes
STUTTGART - Was hat das Nibelungenlied mit den Jedi-Rittern zu tun? Was suchen Jeanne d’Arc und Conan der Barbar in ein und derselben Ausstellung? Es ist eine ganz besondere Waffe, genauer gesagt die älteste Waffe im Kampf Mensch gegen Mensch: das Schwert. Die neue Sonderausstellung im Stuttgarter Landesmuseum dreht sich um die Faszination, die von dieser Waffe ausgeht.
Schlagwörter wie Enthauptungen und Gerechtigkeit zieren die Pappschwerter, die im Eingangsbereich der Ausstellung von der Decke hängen. Der Besucher wird direkt hineingezogen in den Kosmos dieses symbolträchtigen Gegenstands. Raum für Raum geht es durch die verschiedenen Themenfelder, die das Schwert in all seinen Facetten zeigt. Die Projektleiter haben sich dabei auf die Historie in Mitteleuropa beschränkt.
Symbol der Helden
Ob aus Lasern wie bei „Star Wars“oder zur Bezwingung des Drachen im Nibelungenlied – das Schwert ist das ultimative Symbol der Helden. Dabei kommen die Aussteller nicht an starken Frauen vorbei, etwa wenn Jeanne d’Arc in den Krieg zieht oder Uma Thurman alias Beatrice Kiddo ihre Liste des Todes im Actionfilm „Kill Bill“abarbeitet. Aber auch in der Propaganda fand sich das Schwert als Motiv der Macht, wie der Holzschnitt „Bismarck, Schmied der deutschen Einheit, überreicht Germania das Reichsschwert“von Guido Schmitt zeigt. Höhepunkt der Faszination, die von diesem Gegenstand ausgeht, ist die Personifizierung des Schwertes – wie Excalibur von König Artus, dessen Nachbildung der Besucher selbst versuchsweise aus einem Felsen ziehen kann. Das verbogene Schwert, ein frühes keltisches Schwert aus Trochtelfingen, gibt Aufschluss darüber, welchen Stellenwert die Waffe auch als Opfergabe gespielt hatte: Es wurde unbrauchbar gemacht, um es dem toten Besitzer mit ins Grab zu geben.
Doch nicht nur in Mythen, Literatur und Film spielt das Schwert seine Rolle. Auch das Christentum hält eine Reihe von Geschichten bereit. Heilige und Engel tragen die Waffe meist als Zeichen der Gerechtigkeit, wie etwa der Erzengels Michael, verkörpert in einer Statue um 1500. Gleichzeitig brachte die Waffe auch viel Leid, wie der Raum über die zerstörerische Kraft des Schwertes zeigt. Zudem wird die Technik der Herstellung von Schwertern beleuchtet. Denn nicht ohne Grund sind alte Schwerter so wertvoll: Viel Schweiß und Geschick stecken die Schmiede in die Verarbeitung. Dazu zeigt die Ausstellung mehrere dutzend Exponate, Schwerter aus dem frühen 6. Jahrhundert bis in die Neuzeit. So zum Beispiel das Württembergische Herzogsschwert aus dem Jahre 1495, dass zu den Höhepunkten der Schau gehört. Die Waffe galt damals als High-Tech-Produkt. Schwerter aus Bronze waren schwer zu gießen, Schwerter aus Eisen benötigten einiges an aufwendiger Schmiedearbeit. In vielen Kulturen stellen sie deshalb den Höhepunkt der Handwerkskunst dar. Zeitweise schmückten glücksbringende Symbole und Muster die Klinge, mal änderte sich die Form, je nach Schutzausrüstung des Kämpfers.
Das Schwert als Statussymbol
In manchen Völkergruppen umgab die Waffe sogar ein regelrechter Kult. Was heute der Porsche vor der Tür ist, war in früheren Zeiten das Schwert. Es galt nicht nur als Waffe. Lange Zeit war es das ultimative Statussymbol für Herrscher und Könige. Dem Schwert als Waffe kommt heute keine Bedeutung mehr zu. Seine symbolische Wirkkraft ist jedoch ungebrochen.
Wer mit Ausstellungen zur Handwerkskunst eher wenig anfangen kann, kommt im Stuttgarter Landesmuseum dennoch auf seine Kosten. Denn „Faszination Schwert“ist weit mehr als die Präsentation von Exponaten. Die Aufbereitung zieht in den Bann. Die Vitrinen mit den Schwertern stehen meist mitten im Raum, der Griff des Schwertes liegt auf Augenhöhe des Betrachters.
Wer sich auf das Thema einlässt, spinnt seine eigene Geschichte zum Thema Schwert, verwoben mit Erinnerungen aus der Kindheit, aus Büchern, Filmen oder Erzählungen. Der Besucher kann sogar Teil der Ausstellung werden, indem er sich zum Beispiel zum Ritter schlagen lässt.