Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Wohnungen durchsucht: Wurde der Vermisste Opfer einer Gewalttat?
Ibrahim Ürkündag wird seit Oktober 2016 vermisst – Neue Hinweise schließen Verbrechen nicht aus
BLAUBEUREN/SCHELKLINGEN (sz/ krom) - Seit Oktober 2016 wird Ibrahim Ürkündag aus Blaubeuren vermisst. Im April dieses Jahres haben die Ermittler ein Bild des Vermissten veröffentlicht, um weitere Hinweise aus der Bevölkerung zu erhalten. Jetzt bekommt der Fall womöglich eine neue Wendung: Polizei und Staatsanwaltschaft schließen eine Gewalttat im Zusammenhang mit Ürkündags Verschwinden nicht mehr aus. Ende September seien deshalb laut einer Mitteilung der Polizei drei Wohnungen in Schelklingen sowie eine Firma in Blaubeuren untersucht worden. Die Ermittlungen dauern an, heißt es.
Der damals 25 Jahre alte Mann ist nach Angaben der Polizei seit 19. Oktober 2016 aus Blaubeuren verschwunden. Nachdem die Angehörigen sich an die Polizei wandten, habe die Kriminalpolizei Ermittlungen eingeleitet. Nachdem diese jedoch bis Mitte April dieses Jahres keinen Erfolg brachten, veröffentlichte die Polizei das Bild – anderthalb Jahre nach dem Verschwinden des jungen Familienvaters von zwei kleinen Kindern.
Warum erst jetzt?
Warum erst jetzt, war schon damals die Frage an die Ermittler: „Weil wir jetzt keine weiteren Anhaltspunkte mehr haben“, sagte Wolfgang Jürgens, Sprecher des Polizeipräsidiums Ulm im April auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Die öffentliche Suche sei jetzt der einzige Schritt, „bei dem wir mit unseren Ermittlungen noch ansetzen können.“Eine frühzeitige Fahndung in der Öffentlichkeit mit einem Foto sei laut Jürgens nicht möglich gewesen: „Es gibt klare Vorschriften, wann wir das tun dürfen.“
Seither seien aber mehrere Hinweise bei den Ermittlern eingegangen. Auch solche, die den Verdacht begründeten, der Vermisste sei einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen. Es sei zu befürchten, dass Ürkündag, der auch für eine kurze Zeit in der zweiten Mannschaft des FC Blaubeuren gekickt hat, nicht nur weggereist ist, sondern, dass auch etwas passiert sein könnte, so Jürgens am Mittwoch. Deshalb würden Staatsanwaltschaft und Polizei nun intensiv ermitteln, um diesem Verdacht nachzugehen.
Mit einem Durchsuchungsbeschluss durchsuchten Polizeibeamte Ende September drei Wohnungen in Schelklingen und eine Firma in Blaubeuren. Die Ermittler wollen nach eigenen Angaben dadurch Erkenntnisse gewinnen, die den schweren Verdacht erhärten oder aber auch entkräften. Die Inhaber der durchsuchten Räume sollen Personen aus dem persönlichen Umfeld des Vermissten sein. Die bei der Durchsuchung sichergestellten Gegenstände müssen jetzt ausgewertet werden. Weitere Angaben machen die Ermittler dazu nicht.
Doch wieder stellt sich die Frage: Warum erst jetzt? „Weil wir vor der öffentlichen Suche die entsprechenden Hinweise nicht hatten“, so Jürgens. Offenbar hatten die Hinweisgeber bis dahin nichts von dem Vermisstenfall mitbekommen.
Gibt es einen Abschiedsbrief ?
In den Sozialen Medien ging die öffentliche Suche nach Ürkündag schon viel früher los. Seine Mutter veröffentlichte am 30. Oktober bei Facebook ein Bild von ihrem Sohn: „Bitte helft mir meinen Sohn zu finden“, schreibt sie: „Wer ihn gesehen hat, bitte melden.“Weiter heißt es in dem Facebook-Post der Mutter, Ürkündag habe einen Abschiedsbrief geschrieben, in dem er sich auch an seine Frau gewandt haben soll, mit den Worten: „Pass auf unsere Babis gut auf. Ich liebe euch sehr, aber ich muss jetzt gehen.“
Die Polizei bestätigt weder einen solchen Abschiedsbrief, noch widerspricht sie. „Es ist dann ja auch immer die Frage: Wer hat den geschrieben?“, sagt Jürgens.