Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Umfragen beflügeln die Grünen
Strategie der Partei: Kurs halten, niemanden verschrecken
BERLIN (dpa) - Große Koalition – seit Jahrzehnten ist klar, was das ist: Ein schwarz-rotes Bündnis von Union und SPD. Aber wie lange noch? Gerade mal 39 Prozent haben die beiden noch im „Deutschlandtrend“für das ARD-Morgenmagazin, im ZDF-„Politbarometer“sieht es mit 41 Prozent kaum anders aus. Dafür klettern die Grünen von Woche zu Woche in den Umfragen höher.
Robert Habeck ist nun seit einem Dreivierteljahr Vorsitzender der Grünen, nun wird er gefragt, ob er über die Kanzlerkandidatur nachdenke. „Nein, wahrlich nicht“, antwortet der 49-Jährige dem Südwestrundfunk. Er betont: „Wir arbeiten demütig. Es ist kein Übermut und es ist kein Leichtsinn da.“Na ja: Vor ein paar Tagen sprang Habeck noch in Rockstar-Manier in die Menge und ließ sich buchstäblich auf Händen tragen vor Freude über den Wahlerfolg in Bayern. Dass es dort nun mit dem Regieren nicht klappt, enttäuscht viele Grüne.
Zum Trost können sie sich die Umfragen anschauen: Bis zu 20 Prozent im Bund, zweitstärkste Kraft nach der Union; in Hessen wenige Tage vor der Landtagswahl ebenfalls auf Platz zwei und ziemlich nah an der CDU dran. Gibt es neben Winfried Kretschmann bald einen zweiten grünen Ministerpräsidenten, Tarek Al-Wazir?
Klimaschutz hat Konjunktur
Der erklärt den Umfragehöhenflug seiner Partei mit der Schwäche der Parteien in der Großen Koalition in Berlin. Die GroKo kreise nur um sich selbst, anstatt Probleme zu lösen, erklärte der hessische Vize-Regierungschef gut eine Woche vor der Landtagswahl auf einer Podiumsdiskussion am Freitag in Wiesbaden.
Darüber hinaus helfen den Grünen viele weitere Faktoren: Die Themen Klimaschutz und saubere Luft haben Konjunktur, rot-grüne Wechselwähler wenden sich von der SPD ab, und in der Flüchtlingsdebatte sind sie – anders als Linke und SPD – stets einen klaren, antipopulistischen Kurs gefahren. Habeck und die Co-Parteichefin Annalena Baerbock verschrecken die Linken nicht, wirken auf Konservative aber auch nicht wie grüne Träumer.
Die Grünen als neue Volkspartei? Die Umfragen sahen schon mal danach aus, 2011 nach der Atomkatastrophe von Fukushima, damals hat es nicht geklappt – außer in BadenWürttemberg.
Eine Volkspartei wie CDU und SPD würden die Grünen jedenfalls nicht, sagt Habeck. Für so etwas sei die Gesellschaft inzwischen zu individualisiert.