Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Ich habe Hochachtung vor dem Arztberuf“
Thomas Rühmann spielt seit 20 Jahren den Chefarzt bei „In aller Freundschaft“
LEIPZIG - Können rund fünf Millionen treue wöchentliche Zuschauer irren? Die Weißkittelsaga „In aller Freundschaft“gehört zu den beliebtesten deutschen Fernsehserien und ist ein echter Dauerbrenner: Seit 20 Jahren kümmern sich die Ärzte der fiktiven Leipziger Sachsenklinik aufopferungsvoll um ihre Patienten. Die ARD feiert ihr Erfolgsformat mit dem Spielfilmspecial „In aller Freundschaft – Zwei Herzen“am kommenden Freitag. Thomas Rühmann verkörpert den Chirurgen und Familienvater Dr. Roland Heilmann seit der ersten Folge. Cornelia Wystrichowski hat sich mit dem Schauspieler aus Sachsen-Anhalt über seine Hochachtung vor Ärzten und die Realitätsferne der Serie unterhalten.
Herr Rühmann, wie oft werden Sie als Herr Doktor Heilmann angesprochen?
Oft. Aber nicht weil die Menschen tatsächlich denken, dass sie einen Doktor vor sich hätten, sondern weil ihnen mein echter Name nicht einfällt (lacht). Ich werde aber nie allen Ernstes um Diagnosen gebeten. Die Leute sind ja nicht bekloppt.
Haben Sie als Fernseharzt viel über Medizin gelernt?
Ehrlich gesagt sind meine medizinischen Kenntnisse sehr überschaubar geblieben. Aber meine Hochachtung vor dem Arztberuf ist enorm gestiegen, denn ich habe in vielen schauspielerischen Situationen eine Ahnung davon bekommen, vor welch weitreichenden Entscheidungen ein Mediziner Tag für Tag steht und was für eine große Verantwortung er hat, was auch schiefgehen kann. Hut ab.
Wie werden Sie selber behandelt, wenn Sie zum Arzt gehen?
Ich komme eher dran, obwohl ich ein Anhänger der gesetzlichen Krankenkassen und deshalb nicht privat versichert bin. Und es wird natürlich viel gewitzelt – die Ärzte sagen „Herr Kollege“zu mir, und ich grinse dann zurück.
Haben Sie als Training bei echten Operationen zugeschaut?
Ganz am Anfang waren wir in einem echten Operationssaal und haben eine Magen-OP verfolgt, aber seitdem haben wir das nicht mehr gemacht. Allerdings werden die Dreharbeiten professionell begleitet, während der Operationen ist immer eine richtige OP-Schwester dabei, die uns die Instrumente zureicht und uns sagt: Fass das mal anders an, das muss man so oder so machen. Das hilft total. Übrigens sind OP-Szenen für uns Schauspieler unergiebig, weil man komplett in Kittel eingehüllt ist, dazu noch einen Mundschutz trägt und nur mit den Augen spielen kann.
Wie stehen Sie zu Kritik?
Ich habe überhaupt kein Problem damit, dass uns manchmal die Seifenoper vorgeworfen wird. Interessant ist allerdings, dass wir vor zwei Jahren eine komplette Staffel gedreht haben, in der die Sachsenklinik privatisiert wurde – auf einmal brach in diese scheinbar heile Welt die Wirklichkeit ein. Das war für uns Schauspieler total interessant zu spielen, aber die Zuschauer haben es nicht goutiert. Die Leute haben weniger geguckt, und deshalb wurde das rückgängig gemacht. Als wir wieder die alte Sachsenklinik waren, schalteten die Leute wieder ein.