Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Behörden verabschieden sich vom Papier
Ämter stellen auf die elektronische Akte um – Bürger und Mitarbeiter sollen profitieren
RAVENSBURG - Große Aktenschränke und Dienstboten, die Akten transportieren sollen bald der Vergangenheit angehören. Ihre Aufgaben übernimmt die elektronische Akte (E-Akte). „Mit der Einführung der landeseinheitlichen E-Akte macht das Land einen schnellen, papierlosen Austausch zum Standard“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums in Baden-Württemberg, das unter anderem auch für Digitales zuständig ist, der „Schwäbischen Zeitung“.
Die Einführung der E-Akte geht auf das Bundesgesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung von 2013 und auf das E-Government-Gesetz in Baden-Württemberg aus dem Jahr 2015 zurück. Ab 2022 soll die Landesverwaltung flächendeckend mit der E-Akte arbeiten. Um sie einzuführen, hat die Landesregierung die ressortübergreifende Projektstelle „Landeseinheitliche E-Akte“etabliert. „Das Projekt ,Landeseinheitliche E-Akte’ umfasst nicht allein die Einführung eines neuen IT-Systems, sondern und vor allem die Modernisierung der Arbeits- und Kommunikationsprozesse. Die E-Akte BW bildet damit außerdem verbunden mit weiteren E-GovernmentVerfahren eine Brücke zwischen der Bürgerschaft, der Wirtschaft und der Verwaltung sowie auch zwischen den Behörden“, so der Sprecher weiter.
„Wir verbannen die Papierakte in den Keller. Was in der elektronischen Kommunikation per E-Mail für uns alle längst Alltag ist, soll mit der E-Akte jetzt auch innerhalb der Landesverwaltung Standard werden: ein schneller, papierloser Austausch mit einer optimalen Vernetzung des Know-hows“, wird Innenminister Thomas Strobl (CDU) auf der Webseite des Ministeriums zitiert.
Deutschland im Rückstand
Bei der Umstellung auf die E-Akte gibt es in Deutschland Nachholbedarf. „Die Österreicher sind uns mehr als zehn Jahre voraus, was die elektronische Aktenführung betrifft. Viele deutsche Behörden befinden sich noch in der Planungsphase zur Einführung elektronischer Akten“, sagt Jörn von Lucke, Direktor des Lehrstuhls für Verwaltungs- und Wirtschaftsinformatik der Zeppelin Universität Friedrichshafen. Die Behörden seien durch die E-Government-Gesetze bewusst unter Druck gesetzt, um „ihre Akten in Zukunft elektronisch zu führen“. Des Weiteren hätten die Behörden durch die gesetzlichen Vorgaben die Verpflichtung, genügend „Finanzmittel, Stellen und Infrastruktur zur Verfügung zu stellen“so von Lucke.
Auch die Kommunen beschäftigen sich mit der E-Akte. „Mit der elektronischen Aktenführung spart sich die Kommune Ravensburg die Ausdrucke, die Wege des Transports der Akten und die Portokosten“, sagt Carola Grabherr, Abteilungsleiterin Organisation und Informationstechnik im Hauptamt der Stadt Ravensburg. Für die Bürger könnte die E-Akte Vorteile bringen. Die Verwaltung sei effizienter und schnellere Auskünfte gegenüber den Bürgern seien möglich, so Grabherr. Außerdem hätte der Bürger die Möglichkeit, Inhalte online abzurufen und Anträge zu stellen, die „direkt in die elektronische Bearbeitung“weitergehen. Die Stadt Ravensburg befindet sich in der Pilotphase, in der die E-Akte getestet wird.
Die Stadt Ulm soll eine digitale Vorzeigestadt werden. Oberbürgermeister Günter Czisch (CDU) hat dafür gemeinsam mit dem Gemeinderat Aktivitäten initiiert, unter anderem Initiativ.ulm.digital.e.V. Der Verein ist ein Netzwerk von Unternehmern, Bildungseinrichtungen und Bürgern mit der Zielsetzung, Wissenschaft und Forschung sowie bürgerliches Engagement zu fördern. Ute Besch, Leitung Zentrale Steuerung und Dienste der Stadt Ulm, teilt ebenfalls die Auffassung, dass Bürger von der elektronischen Umstellung profitieren. „Die E-Akte ist Voraussetzung für professionelles Bearbeiten der Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern.“
Die Behörden müssen gewährleisten, die E-Akten vor Hackangriffen zu schützen. „Anbieter und Behörden werden nur solche E-Aktensysteme einsetzen, die Datenschutz und IT-Sicherheit umfänglich gewährleisten können“, sagt Jörn von Lucke von der Zeppelin Universität Friedrichshafen. Auch Carola Grabherr von der Stadt Ravensburg betont, dass der Datenschutz im Besonderen behandelt werden müsse. „Wie in der Papierwelt, gibt es auch in der digitalen Welt Datenschutzbestimmungen die einzuhalten sind“, so Grabherr.