Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Mit Kraus und Ochsenknecht haben sich zwei große Künstler gefunden
Bei einem „Herzstücke Spezial“zeigt der Schauspieler Ochsenknecht, dass er auch ein toller Sänger ist
ULM - Warum wird ein Künstler stets mit einer bestimmten Sparte in Verbindung gebracht? Dieser von Publikum und Kritikern vorgenommenen Einteilung in Schubladensystemen widersetzt sich Uwe Ochsenknecht vehement. Weshalb soll ein Schauspieler nicht singen und ein Sänger nicht schauspielern können? Dass er in der Lage ist, jegliches Schubladendenken zu zerstreuen, das zeigte der 62-Jährige bei einem „Herzstücke Spezial“im Roxy.
Zum zehnten Mal hatte der Ulmer Jazztrompeter Joo Kraus einen Gast oder mehrere Gäste zum gemeinsamen Konzert ins Roxy geladen. Dabei handelt es sich um Freunde und Wegbegleiter des fünffachen JazzAwardsowie Echo-Jazz-Preisträgers. Mancher mag sich dann auch ob des Gastes Ochsenknecht gewundert haben, welche Form der Performance denn nun zu erwarten sei. So viel vorweg: Er wurde nicht enttäuscht.
Der ausverkaufte Saal musste sich allerdings noch gut 20 Minuten gedulden, ehe Kraus auf der Bühne erschien und zunächst aus dem Vollen seines Repertoires schöpfte. Begleitet von Klavier, Bass, Schlagzeug sowie einem fulminanten (Frauen-) Streichensemble des Theaters Ulm stimmte der Künstler Michael Jacksons „Heal The World“an. Heute wichtiger denn je, gerade auch hinsichtlich der bevorstehenden Wahl in Brasilien, begründete Kraus sein Entree mit der aktuellen weltpolitischen Lage. Die Einstimmung ging unter die Haut, die Trompete harmonierte perfekt mit der orchestralen Begleitung.
Mit donnerndem Applaus betrat schließlich Ochsenknecht die Bühne, wobei er umgehend zum Mikrofon griff. Was nun zu hören war, wechselte stimmlich je nach Song und Emotion zwischen Soul, bisweilen Blues, oft Rock ’n’ Roll. Als ob das nicht schon ausreichen würde, faszinierte der Gast an der Trommel. Diese spiele er bereits seit seiner Kindheit, erläuterte Ochsenknecht dem verblüfften Publikum. Zudem schreibe er Songs und war darüber hinaus früher im Kinderchor der Mannheimer Oper aktiv.
Zusammen mit Kraus’ unvergleichlich einfühlsamer Trompetenstimme ergab sich eine Reise durch die Welt der 80er-Jahre bis heute. Van Morrisons „Have I Told You Lately“, „Drive“von The Cars sowie „I Will Remember“bereiteten einen Soundteppich, der das Publikum mitunter zum begeisterten Mitklatschen animierte. Hin und wieder mischten sich Mambo- und gar Reggaeklänge unter, rhythmisch mitreißend und exzellent integriert.
Ochsenknecht erzählt
In kurzen Episoden berichtete Ochsenknecht von seinem musikalischen Werdegang, nicht selten Bezug nehmend auf die gemeinsame Arbeit mit Kraus. Man hatte das Gefühl: Da mögen sich zwei. Von einem Aufenthalt Ochsenknechts auf Kuba erzählte dann auch ein lateinamerikanisches Medley, begonnen mit einem Trommelsolo des Gastes, auf welches nach und nach das Orchester einstimmte. Eine außergewöhnliche Stimm- und Instrumentenakrobatik lieferte die vom Publikum vehement geforderte Zugabe: Glaubte man mitunter, bestimmte Songs zu identifizieren, einen Anklang von „Roxanne“etwa, löste sich das vertraut Werdende rasch wieder auf, um in neuer Gestalt wieder das Spiel mit dem Zuhörer zu wagen. Die Begeisterung des Saals entlud sich mit lang anhaltendem Applaus. Und jeder wusste, dass exzellente Schauspieler durchaus auch sehr gute Sänger sein können.