Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
In der CSU brodelt es wieder lauter
Bis Mitte November dürfte über Horst Seehofers Schicksal entschieden sein – Lindauer Abgeordneter Beißwenger für Söder als Nachfolger
MÜNCHEN - Ein Nebeneffekt ihres angekündigten Rückzugs vom CDUParteivorsitz war Bundeskanzlerin Angela Merkel sicher ganz recht: Mit ihrem Schritt setzte sie CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer unter zusätzlichen Druck. Jetzt ist die ganze CSU in Wartestellung, wie es deren ehemaliger Vorsitzender Erwin Huber formuliert. Und lange will die CSU-Basis wohl nicht mehr warten.
Es gibt in der nächsten Zeit eine ganze Reihe von Terminen, die bestimmen, wie es in der CSU weiter geht: Am 7. und 8. November findet in Helsinki der Parteitag der Europäischen Volkspartei (EVP) statt, auf dem unter anderem der Spitzenkandidat für die Europawahl 2019 bestimmt werden soll. Der wiederum könnte EU-Kommissionspräsident werden. Aussichtsreicher Bewerber: Der stellvertretende CSU-Vorsitzende Manfred Weber, der gleichzeitig auch als heißer Kandidat für die Nachfolge von CSU-Chef Seehofer gilt. Am 12. November wiederum wird im bayerischen Landtag der Ministerpräsident gewählt. Nach Lage der Dinge gibt es kaum Zweifel daran, dass Amtsinhaber Markus Söder, mit den Stimmen einer sich gerade bildenden Koalition aus CSU und Freien Wählern, im Amt bestätigt wird. Und dann gibt es noch die Ansage Seehofers, bis spätestens Mitte November ein Konzept vorzulegen, wie es mit seiner Partei inhaltlich, strategisch und personell weiter gehen soll. Kurzum: Bis zum 15. November dürfte sich etwas tun in der CSU. Und das nicht zu knapp.
Die Termine sind für die anstehenden Entscheidungen wichtig. Sollte Weber in Helsinki zum EVPSpitzenkandidaten gekürt werden, kann er nicht gleichzeitig Parteichef sein. Das jedenfalls legt ein Verhaltenskodex für die Mitglieder der EUKommission fest – der freilich von der Kommission auch wieder kassiert werden könnte. Außerdem möchte die CSU die Präsentation ihres alten und neuen Ministerpräsidenten nicht durch ein parteiinternes Schauspiel in den Schatten stellen, sondern durch Geschlossenheit einen ordentlichen Rahmen abgeben. Was dann viele CSU-Parteigänger von ihrem Vorsitzenden erwarten, ist klar: Rückzug à la Merkel.
Seehofer ist bis Ende 2019 gewählt
Seehofer ist freilich bis Ende 2019 in diesem Amt gewählt. Nur er kann den Platz vorzeitig frei machen – etwa, indem er sich auf einem auf Januar 2019 vorgezogenen Parteitag nicht wieder zur Wahl stellt.
Am Montag weilte Seehofer im Saarland, er besichtigte ein Ankerzentrum für Flüchtlinge – während in München CSU-Urgestein Wilfried Scharnagl zu Grabe getragen wurde. Fast alle anderen Parteigrößen einschließlich des Ministerpräsidenten waren da, nur nicht der Parteichef, was natürlich auch wieder nicht gut ankam. „Es gibt für Seehofer keine Chance mehr, dem Druck standzuhalten“, sagte ein Parteivorstandsmitglied.
Der Oberallgäuer CSU-Landtagsabgeordnete Eric Beißwenger hat einen klaren Wunsch: dass Ministerpräsident Markus Söder auch CSUChef wird. Das sagte er der „Schwäbischen Zeitung“auf Nachfrage. Allerdings ist für Beißwenger auch klar: Die Koalitionsverhandlungen in München sollten abgeschlossen sein, bis die Frage nach dem Parteivorsitz geklärt ist. Auch die Unterstützung Manfred Webers müsse jetzt Vorrang haben.
Georg Nüßlein, Neu-Ulmer CSUBundestagsabgeordneter und Unions-Fraktionsvize in Berlin, äußerte sich zur Zukunft an der Spitze seiner Partei nicht. Nüßlein – der sich in den vergangenen Monaten immer wieder hinter Seeehofer gestellt hatte – sei es „nicht möglich, ein Statement hierzu abzugeben“, teilte ein Sprecher mit.