Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Jugend-Gang hält Illertissen auf Trab
ILLERTISSEN (sz) - In Illertissen hat sich offenbar eine große Jugendclique gebildet, die gerne mal über die Stränge schlägt. Immer wieder kommt es zu Beschwerden wegen lauter Musik und Pöbeleien. Konflikte werden mitunter mit Fäusten ausgetragen. Die Polizei ist längst hellhörig geworden – das bestätigt deren Leiter Franz Mayr. Sachbeschädigungen und Ladendiebstähle seien aktenkundig. Treibt eine Gang in Illertissen ihr Unwesen? Mayr spricht von „einer Vorstufe“. Auch wenn von organisierter Kriminalität keine Rede sein könne. Im Fokus der Polizei steht die Clique trotzdem, schon wegen ihres Verhaltens: „Sie will die Vormachtstellung“, sagt Mayr. Andere Jugendliche oder Gruppen würden kontrolliert, teilweise schon Zwölfjährige als „Mitläufer“angeworben. „Sie sind respektlos und provozieren, wo sie können“, so der Polizist.
Der Clique rechnet die Illertisser Polizei momentan 40 bis 50 Jugendliche im Alter zwischen 15 und 18 Jahren zu. Der harte Kern bestehe aber aus weniger Personen. Stadtjugendpfleger Harry Heckenberger spricht von einem „Rädelsführer“. Es handele sich um „einen Intensivtäter“, dem andere nacheiferten. Das habe auch schon einen runden Tisch mit Vertretern von Schule, Polizei, Jugendsozialarbeit und Jugendgerichtshilfe beschäftigt. Es sei auch um Körperverletzungen gegangen.
Bei „Dietenheim leuchtet“habe der Anführer einem anderen Besucher unvermittelt durch einen Kopfstoß das Nasenbein gebrochen. Der Vater des Verletzten wolle auf eine Anzeige verzichten, aus Angst vor Folgen gegen seinen Sohn. Nun werde überlegt, was zu tun sei. Für Heckenberger ist klar, dass der Täter eine spürbare Strafe erhalten sollte: „Er muss endlich mal hinter schwedische Gardinen, das ist das Einzige, was noch hilft.“
Auf den Illertisser Straßen sucht der Stadtjugendpfleger regelmäßig Kontakt zu Jugendlichen. Dabei hat er positive Erfahrungen gemacht, etwa, als es um Beschwerden am Skaterpark ging. Gespräche hätten die Situation verbessert. Auch bei der Polizei sind die Treffpunkte der Jugendlichen bekannt: „Wir zeigen Präsenz“, sagt Mayr. Strafbares Verhalten werde nicht toleriert – zugleich wollten die Ordnungshüter nicht überkritisch sein: „Irgendwo müssen sich die Leute ja treffen“, sagt Alexander Kurfürst, neuer stellvertretende Leiter der Illertisser Polizei.
Mit Jugendgangs kennt er sich aus: Er hat längere Zeit in Weißenhorn gearbeitet. Dort sorgte vor einigen Jahren eine Gruppe namens „Brutal Nightmare“(„brutaler Albtraum“) für Aufmerksamkeit. Der Höhepunkt: Im April 2015 kam es zu einer Schlägerei auf offener Straße. Auf der einen Seite standen zehn junge Leute, auf der anderen zwei Männer. Es gab Verletzte, sogar ein Jagdmesser kam zum Einsatz. Auch Mitglieder von „BNM“waren damals angeblich beteiligt. Um eine organisierte kriminelle Bande handelte es sich aber nicht, hieß es von der Polizei. Ob es diese Gang noch gibt? Fraglich, sagt Kurfürst. Die Gründungsmitglieder seien älter geworden, hätten sich distanziert.
Mit einem Ableger oder gar einer Neugründung habe man es in Illertissen nicht zu tun. Dort habe die Clique weder einen Namen noch einen Bekleidungskodex. Nicht alle Mitglieder sind aus Illertissen, sie kommen auch aus Vöhringen und Altenstadt. Zeitweise hielten sie sich am Bahnhof auf. Als wegen des neuen Alkoholverbots häufiger kontrolliert wurde, wichen sie auf andere Orte aus, etwa Spielplätze. Angst müsse in Illertissen deshalb aber niemand haben.