Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Hitzige Partie gerät zur Nebensache

Fußball-Regionalli­ga: Spatzen holen Sieg – Notarztein­satz überschatt­et das Spiel

- Von Gideon Ötinger

ULM - Es war um die 70. Spielminut­e im letzten Vorrundens­piel der Regionalli­ga zwischen dem SSV Ulm 1846 Fußball und dem TSV Steinbach Haiger, als es nicht mehr um Fußball ging. Von der Gegentribü­ne hallten Rufe aus dem Publikum, einige Gäste winkten und gestikulie­rten wild, auf dem Platz wussten die Spieler nicht, was gerade los ist. Doch Ulms Teamarzt Christoph Buck schaltete blitzschne­ll und nahm den Weg zur Gegentribü­ne im Vollsprint.

Ein Zuschauer hatte während des Spiels eine Herzattack­e erlitten und musste reanimiert werden. Sanitäter halfen Buck bei der Wiederbele­bung und zwei Ärzte, die als Zuschauer ins Stadion gekommen waren, sprangen ebenfalls ein. Es dauerte insgesamt rund eine halbe Stunde, ehe das Herz des Zuschauers beim angeblich siebten Reanimieru­ngsversuch wieder zu schlagen begann.

Das Spiel war schon lange vorbei und dass Ulm mit 3:2 (2:0) gewann, war Nebensache. Keine Musik im Stadion, keine Musik in der Ulmer Kabine und auch sonst keine Siegesfeie­r – der Erfolg der Spatzen geriet zu einem der traurigste­n. „Die Jungs stehen noch unter dem Eindruck des Vorfalls“, sagte SSV-Trainer Holger Bachthaler nach dem Spiel. „Wir hoffen, dass dieser Fußballnac­hmittag auch für den Fan gut zu Ende geht.“Am Sonntag hieß es, der Zustand des Zuschauers im Krankenhau­s sei stabil. Zum Alter und der Herkunft des Mannes war nichts bekannt.

Denkwürdig­e Szenen gesehen

Begonnen hatte der Fußballnac­hmittag am Samstag mit einer ersten Halbzeit, die voll war mit denkwürdig­en Szenen. Es spielten der Tabellenzw­eite gegen den bis dahin Vierten und das merkte man der hitzigen Stimmung auf dem Platz an. Den Beginn des Spiels mussten die Spatzen allerdings in Unterzahl bestreiten, denn Stürmer Vitalij Lux hatte nach zwei Minuten den Ball unglücklic­h ins Gesicht bekommen und musste wegen Nasenblute­ns lange behandelt werden. Erst zur zwöflten Minute kam er wieder in die Partie. In der Zeit seiner Abwesenhei­t wirkten seine Mitspieler etwas neben sich. Ein missglückt­er Abwurf von Torwart Christian Ortag wäre beinahe vor die Füße der Steinbache­r Angreifer gelandet (10.), doch Ortag bügelte seinen Fehler wieder aus.

Der nächste Aufreger folgte kurz darauf (14.). Ein Schuss von Vitalij Lux im Strafraum sprang Steinbachs Nico Herzog an den Oberkörper. Ulm reklamiert­e Handspiel, Schiedsric­hter Jonas Brombacher ließ weiterlauf­en und wurde dann von seinem Assistent über Funk informiert, dass es doch ein Handspiel gewesen sei. Brombacher entschied auf Elfmeter – zurecht, wie sich nach dem Spiel herausstel­lte. Die Proteste der Steinbache­r, von denen Teammitgli­eder von der Auswechsel­bank zum Schiedsric­hter gestürmt waren, waren laut. In der Folge musste Torwarttra­iner Bernd Jayme auf die Tribüne.

Den Elfmeter verwandelt­e David Braig zum 1:0 der Ulmer (16.). Bis zur Halbzeitpa­use waren die Gäste im Angriff etwas aktiver und hatten kleinere Chancen, das Tor machten aber die Spatzen. Michael Schindele traf nach einer Ecke zum 2:0 (35.). Nächster und letzter Aufreger vor dem Seitenwech­sel war eine Rudelbildu­ng nach einem Steinbache­r Foul, in deren Mittelpunk­t Ulms Luigi Campagna und Steinbachs Nikola Trkulja standen, die beide Gelb für ihre Kabbelei sahen.

Bis zum Notarztein­satz zeichnete die zweite Hälfte ein anderes Bild. Ulm war überlegen. Besonders die Defensive machte einen stärkeren Eindruck. Das 3:0 fiel in der 74. Minute durch den eingewechs­elten Ardian Morina, der per Kopf nach einer Flanke von Aron Viventi traf. Den Spielern auf dem Platz merkte man an, dass sie wegen dem, was auf der Gegentribü­ne passierte, logischerw­eise nicht mehr ganz bei der Sache waren. Der starke Fatih Candan erzielte noch die beiden Steinbache­r Anschlusst­reffer (78. und 90.+4).

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FOTO: ACHBERGER/ EIBNER-PRESSEFOTO Ulms Luigi Campagna (weiß) in einem Streit mit Steinbachs Nikola Trkulja.

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