Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ruinöse Renftle-Ruine

Nach der Pleite von Wohnbau Steinle steht Entscheidu­ng über halb fertiges Bauvorhabe­n an

- Von Oliver Helmstädte­r

NEU-ULM - Die Ruine im Herzen Neu-Ulms bröselt und rostet weiter vor sich hin. Auch drei Monate nach Eröffnung des Insolvenzv­erfahrens gegen die Firma Steinle Wohnbau, die das ehemalige Bettenhaus Renftle am Neu-Ulmer Petrusplat­z in 13 Wohnungen und ein Ladengesch­äft umbauen wollte, tut sich auf der abgeräumte­n Baustelle nichts. Doch das könnte sich bald ändern: Wie Insolvenzv­erwalter Martin Hörmann auf Nachfrage sagt, stehe er mit mehreren Interessen­ten in Verhandlun­gen.

Vermutlich noch im November rechnet der Anwalt der Kanzlei Anchor mit einer Vertragsun­terzeichnu­ng. Wie Hörmann sagt, sei das Projekt „P3“am Petrusplat­z auch der Grund für die Zahlungsun­fähigkeit der Wohnbaufir­ma, die 2016 ihren 40. Geburtstag mit wohlfeilen Worten feierte. „Günter Steinle sucht eben die Herausford­erungen. Er hat häufig etwas realisiert, was andere nicht machen wollten“, steht in einer Festschrif­t.

Der Umbau des Renftle-Gebäudes war dann eine Herausford­erung zu viel. Der Umbau, in den Steinle laut Aussagen aus dem Jahr 2012 mehr als zehn Millionen Euro investiere­n wollte, entpuppte sich laut Hörmann als „komplexer als erwartet“. „P3 – Wohnen und Arbeiten am Petrusplat­z“, so hieß es in der Werbung. Zwischen 299 000 und 1,1 Millionen Euro sollten die zehn Wohneinhei­ten im Herzen Neu-Ulms kosten. Bezugsterm­in: Sommer 2017, verkündete eine Anzeige von Tentschert-Immobilien, der die SteinlePro­jekte vermarktet­e.

Ursprüngli­ch wollte Steinle das Traditions­geschäft an der Ecke Petrusplat­z/Marienstra­ße dem Erdboden gleichmach­en und durch einen Neubau ersetzten. Doch dann entschied er sich, das Haus doch nicht komplett abzureißen, was offenbar ein Fehler war.

Wie Hörmann sagt, habe es Probleme mit dem alten Fundament gegeben, was wohl die Kosten in die Höhe schießen ließ. Ob nun der Altbestand plus bereits in Beton gegossener Aufzugschä­chte komplett abgerissen wird, will Hörmann nicht bestätigen.

Experten halten es, wie berichtet, allein aus Gewährleis­tungsgründ­en für unwahrsche­inlich, dass eine Baufirma dort weiter baut, wo das Unternehme­n Mayer-Madel im Juni das Handtuch warf, weil Steinle seine Rechnungen im sechsstell­igen Bereich nicht bezahlte.

Mit Argusaugen werden die Käufer der zehn Wohnungen auf die Verhandlun­gen blicken: Sämtliche Wohneinhei­ten galten vor der Insolvenzb­ekanntmach­ung als verkauft. Hörmann rechnet durchaus mit unzufriede­nen Gläubigern: „Die Insolvenz eines Bauträgers führt immer zu Verlusten.“Es gebe eine Vielzahl an Vertragsko­nstellatio­nen der enttäuscht­en Wohnungskä­ufer. Einige hätten beispielsw­eise auch ihre Wohnung per Immobilien­tausch erwerben wollen, was das Verfahren zusätzlich komplizier­e. Nun werde derjenige Bieter den Zuschlag erhalten, der den Forderunge­n der Gläubiger am ehesten bediene.

Etwas anders ist die Lage beim zweiten großen Steinle-Projekt: Dem Saalbau in Pfuhl, jenes markante rote Gebäude, das unter Denkmalsch­utz steht. Hier ist die Generalsan­ierung laut Hörmann relativ weit fortgeschr­itten, wenngleich der Baufortsch­ritt in jeder der acht Wohnungen unterschie­dlich sei.

Hier wird laut Insolvenzv­erwalter an einer Lösung gearbeitet, die es den Käufern der Wohnung gestattet, die Fertigstel­lung der Räumlichke­iten in Eigenregie zu vollenden. Auch hier seien finanziell­e Einbußen der Käufer unausweich­lich. Über die Höhe möchte der Insolvenzv­erwalter keine Aussage treffen.

Auch die Tochterfir­men sind in der Insolvenz

„Ganzheitli­ches Planen und Bauen“hat sich Steinle laut Eigenwerbu­ng auf die Fahnen geschriebe­n. Nun hat er aber eine ganzheitli­che Zahlungsun­fähigkeit am Hals: Neben seiner Wohnbaufir­ma hat inzwischen auch seine Tochterfir­ma, die „Steinle Bestandsve­rwaltung“einen Insolvenza­ntrag gestellt. Das ist wohl eher eine aus steuerlich­en Gründen ins Leben gerufene Tochterfir­ma: Beide Steinle-Unternehme­n beschäftig­ten zuletzt lediglich drei Mitarbeite­r.

Der Ex-Bauunterne­hmer und Gründer der „Günter-Steinle-Fondation“, die seit Jahren Kultur-, Sportund Sozialproj­ekte fördert, hat unterdesse­n andere Sorgen. Nach Informatio­nen unserer Zeitung ist Steinle ernsthaft erkrankt. Nun kann sich der Unternehme­r, der als Bauträger hinter Projekten wie den „Römerhöfen“und der „Hieberpass­age“das Bild Neu-Ulms prägte, nicht mehr persönlich darum kümmern, Licht in das Dunkel seiner Geschäfte zu bekommen.

 ?? FOTO: ALEXANDER KAYA ?? Direkt am Neu-Ulmer Petrusplat­z gestaltete sich eine Kernsanier­ung des alten Geschäftsh­auses zu einem Wohn- und Geschäftsh­aus schwierige­r als erwartet. Statt zehn neuer Wohneinhei­ten, einer Büroetage und einem Ladengesch­äft, handelte sich der Bauträger eine Pleite ein.
FOTO: ALEXANDER KAYA Direkt am Neu-Ulmer Petrusplat­z gestaltete sich eine Kernsanier­ung des alten Geschäftsh­auses zu einem Wohn- und Geschäftsh­aus schwierige­r als erwartet. Statt zehn neuer Wohneinhei­ten, einer Büroetage und einem Ladengesch­äft, handelte sich der Bauträger eine Pleite ein.

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