Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
AfD ist am Bodensee kaum wahrnehmbar
Der Verband Bodenseekreis steht derzeit wegen Spenden aus dem Ausland in der Kritik – man gibt sich verschwiegen
FRIEDRICHSHAFEN - Wer dieser Tage den Versuch unternimmt, Vertreter des AfD-Kreisverbands Bodensee zu erreichen, der wählt sich am Telefon die Finger wund. Antworten auf Presseanfragen zu Spenden aus dem Ausland gibt es nicht. Vorstandsmitglieder hüllen sich in Schweigen und reagieren nicht auf Rückrufbitten. Während die Schatzmeisterin des Kreisverbands inzwischen sogar ihre berufliche Homepage offenbar vom Netz genommen hat, ist einzig und allein Beisitzer Hans Hausberger zu erreichen.
Während andere Anfragen ins Leere laufen und auch im Bundestagsbüro der AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel, die am Bodensee stellvertretende Kreisvorsitzende ist, niemand ans Telefon geht, ruft Hausberger zeitnah zurück. Seine Begründung für die derzeit nicht stattfindende Pressearbeit: Die Vorstandsmitglieder seien alle berufstätig und könnten erst am Abend telefonieren. Bis 18 Uhr meldet sich niemand. Hausberger selbst gibt sich entspannt – bleibt mit seinen Antworten allerdings vage. Gegen welche weiteren Mitglieder des Kreisverbands neben Weidel die Staatsanwaltschaft Konstanz ermittle, könne er nicht sagen: „Da es sich um laufende Ermittlungen handelt, werden wir uns dazu nicht mehr äußern.“
Laut Hausberger sieht die AfD der Untersuchung der Behörden gelassen entgegen.
Die Angelegenheit sei Sache der Bundestagsverwaltung, die den Vorwurf der
illegalen Wahlkampfspende bekanntlich prüfe. Die Staatsanwaltschaft ermittle wegen eines sogenannten Anfangsverdachts eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz, weil eine Anzeige gegen die AfD vorliege.
Urheber ist Leon Hahn (SPD), ehemaliger Landeschef der Jusos. Das Auftreten der AfD habe ihn dazu bewegt, Anzeige gegen den geschäftsführenden Vorstand der AfD Bodenseekreis zu erstatten: „Es ist absurd, wenn eine Partei, die sich so oft auf den Rechtsstaat bezieht und mit Slogans wie ,Kriminelle abschieben’ Wahlkampf macht, mutmaßlich gegen geltendes Recht verstößt und sich damit unlautere Vorteile verschafft.“
Kaum in Erscheinung
Hahn und Weidel kandidierten beide im Bodenseekreis für ein Bundestagsmandat, die AfD-Frau schaffte den Sprung nach Berlin. Im Wahlkampf 2017 hätten seine Partei und er sich das Ziel gesetzt, die AfD und Weidel zu demaskieren. „Anspruch und Wirklichkeit stimmen hier nicht überein“, sagt Hahn. „Die AfD versteckt sich regelmäßig hinter einem Opfermythos. Nun steht sie selbst im Verdacht, gegen geltendes Recht verstoßen zu haben.“
Kommunalpolitisch tritt die AfD im Bodenseekreis kaum in Erscheinung. Sie sitzt bis jetzt in keinem Gemeinderat und auch nicht im Kreistag. Pressemitteilungen zu regionalen Themen gibt es fast nie. Man braucht nur wenige Finger, um die Zahl der öffentlichen Veranstaltungen abseits der Wahlkampfzeiten zu zählen. Wenn die AfD vor Ort
Kandidaten für die Bundes- oder Landtagswahl nominiert, wird die Presse in der Regel nicht eingeladen.
Den Eindruck kommunalpolitischer Zurückhaltung räumt auch das Gespräch mit AfD-Vorstandsbeisitzer Hausberger nicht aus. Auf die Frage zu regionalen Schwerpunkten der Partei sagt er: „Wir engagieren uns vielfältig. Sei es in der Verkehrspolitik oder beim Thema Wohnungsnot.“Schließlich fange die AfD ja erst an mit der Kommunalpolitik, so Hausberger. Nach den Kommunalwahlen im Mai 2019 dürfte die AfD, die im Bodenseekreis nach eigenen Angaben 100 Mitglieder hat, präsenter sein. „Wir werden uns auf den Kreistag und die Gemeinderäte der großen Ortschaften konzentrieren“, hatte Kreisverbandssprecher Högel Anfang 2018 mitgeteilt.
Bislang allerdings ist die AfD, die im Wahlkreis 293 Bodensee 10,4 Prozent der Stimmen erhielt, schwer zu greifen. Das spiegelte bereits der Wahlkampf zur Bundestagswahl 2017 wieder. Direktkandidatin Weidel absolvierte zwar eigene Auftritte, sie nahm aber nur an einer der zahlreichen Podiumsdiskussionen teil. „Abgesehen von diesem Termin habe ich Frau Weidel im Wahlkreis so gut wie gar nicht erlebt“, sagt der direkt gewählte Bundestagsabgeordnete Lothar Riebsamen (CDU) der „Schwäbischen Zeitung“.
Der damalige Kandidat der FDP, Christian Steffen-Stiehl, berichtet von einer unnahbaren, kalten Atmosphäre beim Zusammentreffen mit Weidel. In Erinnerung blieb ihm allerdings: „Im Publikum saß ein Tross an AfD-Sympathisanten, der immer wieder durch Buhrufe störte.“