Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Im Spezialanzug 40 Jahre älter: Das Leben von Senioren erleben
Bildungsregion Alb-Donau-Kreis und DRK Kreisverband arbeiten zusammen – Schulen können Simulationskoffer ausleihen
ULM (pm/mö) - Jeder Schritt ist beschwerlich, Bücken kaum möglich, und die Treffsicherheit beim Bedienen von winzigen Tasten kommt einem Glücksspiel gleich: Wer in einen Alterssimulationsanzug schlüpft, bekommt am eigenen Leib einen Eindruck davon, wie sich das Leben als Senior einmal anfühlen wird. 30 bis 40 zusätzliche Lebensjahre lassen sich damit simulieren.
Möglich machen das Gewichte und Schienen an Gelenken und Hals, die die Glieder steif und schwer werden lassen. Eine gelbstichig getönte Brille verengt und trübt die Sicht, und durch die Kopfhörer dringt jeder Laut nur sehr gedämpft. Handschuhe simulieren das abnehmende Fingerspitzengefühl. Innerhalb von Minuten wird so aus einem jungen ein alter Mensch und die Handhabung von Alltagsgegenständen zur Herausforderung
Schwierigkeiten von Älteren und Menschen mit Behinderung im Alltag möchten der Alb-Donau-Kreis und der DRK-Kreisverband Ulm vor allem Kindern und Jugendlichen nahebringen. Dazu haben sie mit finanzieller Unterstützung der Volksbank Ulm-Biberach die Materialbox „Vielfalt leben und erleben“angeschafft. Mittwoch wurde die Kooperationsvereinbarung zwischen der Bildungsregion des Alb-Donau-Kreises und dem DRK-Kreisverband im Landratsamt unterzeichnet.
Schulen, Vereine oder Gruppen können die Box gegen Kaution ausleihen. Der Vorteil sei, dass nicht nur ein Alterssimulationsanzug enthalten ist, sondern verschiedene einzelne Teile, welche die Arbeit mit Gruppen und Klassen ermöglichen, betonte Esther Heipp, stellvertretende Geschäftsführerin des DRK-Kreisverbands. Außerdem gebe sie Lehrern oder Gruppenleitern ausführliches Material und Anleitungen an die Hand.
Wertvoller „Perspektivenwechsel“
Derzeit erstellen Mitarbeiter des Roten Kreuzes und der Bildungsregion Alb-Donau-Kreis zusammen mit Fachleuten eine Projektmappe, die den Umgang mit dem Material erklärt und viele Ideen dazu bereithält. Die Kinder und Jugendlichen können beispielsweise erfahren, wie schwierig es ist, mit motorischen Einschränkungen eine Treppe hinaufoder hinunterzugehen oder sich mit dem Blindenstock zurechtzufinden. Der „Perspektivenwechsel“sei ein wertvoller Beitrag zur Inklusion, da er Verständnis für Menschen mit Beeinträchtigungen wecke, sagte Esther Heipp. Der Wunsch, Material für Projekttage an Schulen zentral ausleihen zu können, sei von der Langenauer Selbsthilfegruppe „Blickwinkel Inklusion“ans Landratsamt herangetragen worden, sagte Heike Leppert von der Bildungsregion Alb-Donau-Kreis.
Die Langenauer bieten seit einigen Jahren Projekttage an und mussten das Material dafür bisher sehr umständlich zusammensuchen. „Außerdem können wir mit der Box und der Kooperation sowie unseren jeweiligen Netzwerken das Thema auf breite Beine stellen“, hob Esther Heipp hervor.