Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Wohnung in Donaurieden dient als Drogen-Umschlagsplatz
Prozessbeginn: Drei Männer sollen kiloweise Marihuana geschmuggelt und verkauft haben
ULM/ERBACH - Mehrere Autos mit Schmuggelversteck, verräterische Telefongespräche und eine Wohnung in Donaurieden als Umschlageplatz: Drei Männer im Alter von 35 bis 37 Jahren sollen über Monate hinweg ein florierendes Drogengeschäft betrieben haben. Dem Vorwurf der Staatsanwaltschaft Ulm, Marihuana im Wert von über 400 000 Euro aus den Niederlanden, Spanien und Tschechien abgeholt, verpackt und verkauft zu haben, mussten sich die Angeklagten beim Prozessauftakt unter der Leitung von Richter Wolfgang Fischer am Donnerstag stellen.
Auf der Basis abgehörter Telefonate und mitgelesener SMS zeichnete Staatsanwalt Andreas Kröner beim Verlesen der Anklageschrift ein Bild von dem Moment, als das vermeintlich gut laufende Konstrukt zusammenbrach. Am 3. März dieses Jahres überquerte einer der Angeklagten mit einer Mercedes S-Klasse mit Hamburger Kennzeichen die tschechische Grenze bei Marienberg (Sachsen). Mit an Bord: Fast 20 Kilogramm Cannabis, verbaut in einem „professionellen Versteck“.
Der Fahrer des Tatautos wurde durch seine beiden Komplizen telefonisch vor einer Polizeikontrolle gewarnt. Sie fuhren vor ihm und sagten: „Hörst du, sie stehen hier, drehst du um.“Das sei zwar gelungen, jedoch wartete die Polizei bereits – und beschlagnahmte die Ware.
Tief in sich gesunken, mit der Hand vor dem Mund und den Blick auf den Boden gerichtet, hörte einer er Angeklagten zu, während der andere mit finsterer Miene starr nach vorne schaute. In den Ermittlungen, die sich hauptsächlich auf die Auswertung von Kommunikationsdaten stützt, konnten mindestens vier weitere Fälle der Einfuhr rekonstruiert werden. Insgesamt sollen 76 Kilogramm Marihuana den Besitzer gewechselt haben.
Ähnliche Masche
Die Masche sei in allen Fällen ähnlich gewesen, so die Anklage. Während einer der Angeklagten Hintermänner kontaktierte, Art, Menge, Preis und Lieferzeit verhandelte, fuhren meist die beiden Anderen ins Ausland, um die Bestellung entgegenzunehmen und wieder zurück zu bringen. Mal waren die Männer wohl mit einem VW Touran mit Neu-Ulmer Kennzeichen unterwegs, mal mit einem BMW, mal mit einem Mazda. In einer Garage in Erbach soll die Ware jeweils aus dem Versteck im Auto ausgebaut worden sein. Die erste Fahrt soll Mitte Oktober 2017 stattgefunden haben, die letzte an jenem Märztag.
Woher sich die drei Männer kennen, wurde beim ersten der zwölf Verhandlungstage nicht klar. Zumindest der mutmaßliche Organisator der Gruppierung wohnte bis zu seiner Festnahme in Erbach.
Äußern wollten sich die Angeklagten zu den Vorwürfen nicht. Rechtsanwältin Ricarda Lang hatte dagegen einiges zu sagen, denn aus ihrer Sicht kann das Verfahren wie angedacht nicht stattfinden. Eine „rechtswidrige Ausforschung“ihres Mandaten liege vor. Die Anklage basiere „ausschließlich auf heimlichen Ermittlungen“, die wiederum nach einem vorherigen Prozess gegen den Erbacher unrechtmäßig fortgeführt worden seien. Zweifel an der Anklage habe sie zudem auch, weil weder ein einziger Käufer bekannt, noch eines der Schmuggelfahrzeuge in den Textnachrichten erwähnt worden seien.
Der Prozess wird am Montag, 26. November fortgesetzt, dann sollen sieben Zeugen zu Wort kommen.