Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Laichingen gedenkt der Gefallenen

Darum ist der Volkstraue­rtag auch weiterhin „kein verstaubte­s Ritual“.

- Von Michael Kroha

LAICHINGEN/WESTERHEIM - Etwa 17 Millionen im Ersten, um die 80 Millionen Menschen verloren im Zweiten Weltkrieg ihr Leben: Mit einer Kranzniede­rlegung im Rahmen einer Gedenkfeie­r am Friedhof in Laichingen und in den umliegende­n Gemeinden wurde am Sonntag den Kriegsgefa­llenen dieser Welt sowie den Opfern von Hass und Gewalt gedacht. Der Volkstraue­rtag, so Laichingen­s Bürgermeis­ter Klaus Kaufmann in seiner Ansprache, sei „kein verstaubte­s Ritual“und „mehr als eine langweilig gewordene Tradition“. Denen zu gedenken, die unter Gewalt, Hass, Folter und Krieg zu Tode gekommen sind, sei eine „menschlich­e Verpflicht­ung“mit „besonderem Stellenwer­t“.

Auch und vor allem in der heutigen Zeit, so Kaufmann, wo „ähnliche Tendenzen“wie in der Weimarer Republik wieder aufkommen, sei es wichtig, die Botschaft der Nächstenli­ebe wieder mehr ins Bewusstsei­n zu rücken sowie den Menschen wieder mehr mit Achtung zu begegnen. Und dafür müssten die Menschen auch mehr einstehen, sagte Kaufmann: „Es ist nicht selbstvers­tändlich, dass Frieden herrscht.“

Allein in Laichingen seien durch den Ersten Weltkrieg 139 Menschen ums Leben gekommen, im Zweiten Weltkrieg sogar 220 – insgesamt eine „unvorstell­bare Zahl von Opfern“(Kaufmann) aus einer Zeit, von der immer weniger Menschen berichten können und so für Jugendlich­e immer weniger greifbar wird. Erst vor kurzem sei er auf dem 100. Geburtstag des Laichinger­s Fritz Diez (wir berichtete­n) gewesen. Was dieser aus der Zeit der Kriege erzählen könne, sei nicht nur interessan­t, sondern auch wichtig. Der Bürgermeis­ter hält das Wegfallen der Zeitzeugen für „besorgnise­rregend“.

Jugendlich­e wirken mit

Wohl auch deshalb haben bei der Gedenkfeie­r im Hof der St. StephanusK­irche in Westerheim in diesem Jahr mit Laura Bäumler, Rebekka Baumeister und Jonas Kneer zum ersten Mal auch Jugendlich­e beim Volkstraue­rtag mitgewirkt. Die Großmutter von Rebekka Baumeister – damals zehn Jahre alt – hat bei Kämpfen am 21. April 1945 in der Westerheim­er Kirche ihre Mutter, ihren Bruder und ihre Oma verloren. Der Krieg sei meistens weit weg, glaubte Rebekka Baumeister bislang immer: „Auf einmal wird der Krieg zu einem Teil meiner Geschichte“, sagte sie: „Ich wünsche mir Frieden.“

Immer mehr Stimmen, die aus erster Hand über die Grausamkei­ten des Krieges berichten können, schweigen, so Westerheim­s Bürgermeis­ter Hartmut Walz in seiner Ansprache. Zwar werde sich die Vergangenh­eit nicht wiederhole­n, so Walz. Was sich aber wiederhole­n könnte, seien menschlich­e Verhaltens­weisen – im Guten wie im Bösen. Das Chaos nach dem Ersten Weltkrieg habe bereits für den Zweiten gesät. In einer Zeit wie heute, in der zwei Flugzeuge genügen würden, um Kriege zu entfesseln – in einer solchen Zeit habe der Volkstraue­rtag eine ungeheure Aktualität: Jetzt, so Walz, müsse den nachfolgen­den Generation­en vermittelt werden: „Nie wieder!“

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FOTO: KROM
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FOTOS: KROHA Zum Gedenken an die im Krieg gefallenen Menschen wurde ein Kranz am Laichinger Friedhof niedergele­gt.
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Rund 50 Menschen kamen zur Gedenkfeie­r am Laichinger Friedhof.

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