Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Laichingen gedenkt der Gefallenen
Darum ist der Volkstrauertag auch weiterhin „kein verstaubtes Ritual“.
LAICHINGEN/WESTERHEIM - Etwa 17 Millionen im Ersten, um die 80 Millionen Menschen verloren im Zweiten Weltkrieg ihr Leben: Mit einer Kranzniederlegung im Rahmen einer Gedenkfeier am Friedhof in Laichingen und in den umliegenden Gemeinden wurde am Sonntag den Kriegsgefallenen dieser Welt sowie den Opfern von Hass und Gewalt gedacht. Der Volkstrauertag, so Laichingens Bürgermeister Klaus Kaufmann in seiner Ansprache, sei „kein verstaubtes Ritual“und „mehr als eine langweilig gewordene Tradition“. Denen zu gedenken, die unter Gewalt, Hass, Folter und Krieg zu Tode gekommen sind, sei eine „menschliche Verpflichtung“mit „besonderem Stellenwert“.
Auch und vor allem in der heutigen Zeit, so Kaufmann, wo „ähnliche Tendenzen“wie in der Weimarer Republik wieder aufkommen, sei es wichtig, die Botschaft der Nächstenliebe wieder mehr ins Bewusstsein zu rücken sowie den Menschen wieder mehr mit Achtung zu begegnen. Und dafür müssten die Menschen auch mehr einstehen, sagte Kaufmann: „Es ist nicht selbstverständlich, dass Frieden herrscht.“
Allein in Laichingen seien durch den Ersten Weltkrieg 139 Menschen ums Leben gekommen, im Zweiten Weltkrieg sogar 220 – insgesamt eine „unvorstellbare Zahl von Opfern“(Kaufmann) aus einer Zeit, von der immer weniger Menschen berichten können und so für Jugendliche immer weniger greifbar wird. Erst vor kurzem sei er auf dem 100. Geburtstag des Laichingers Fritz Diez (wir berichteten) gewesen. Was dieser aus der Zeit der Kriege erzählen könne, sei nicht nur interessant, sondern auch wichtig. Der Bürgermeister hält das Wegfallen der Zeitzeugen für „besorgniserregend“.
Jugendliche wirken mit
Wohl auch deshalb haben bei der Gedenkfeier im Hof der St. StephanusKirche in Westerheim in diesem Jahr mit Laura Bäumler, Rebekka Baumeister und Jonas Kneer zum ersten Mal auch Jugendliche beim Volkstrauertag mitgewirkt. Die Großmutter von Rebekka Baumeister – damals zehn Jahre alt – hat bei Kämpfen am 21. April 1945 in der Westerheimer Kirche ihre Mutter, ihren Bruder und ihre Oma verloren. Der Krieg sei meistens weit weg, glaubte Rebekka Baumeister bislang immer: „Auf einmal wird der Krieg zu einem Teil meiner Geschichte“, sagte sie: „Ich wünsche mir Frieden.“
Immer mehr Stimmen, die aus erster Hand über die Grausamkeiten des Krieges berichten können, schweigen, so Westerheims Bürgermeister Hartmut Walz in seiner Ansprache. Zwar werde sich die Vergangenheit nicht wiederholen, so Walz. Was sich aber wiederholen könnte, seien menschliche Verhaltensweisen – im Guten wie im Bösen. Das Chaos nach dem Ersten Weltkrieg habe bereits für den Zweiten gesät. In einer Zeit wie heute, in der zwei Flugzeuge genügen würden, um Kriege zu entfesseln – in einer solchen Zeit habe der Volkstrauertag eine ungeheure Aktualität: Jetzt, so Walz, müsse den nachfolgenden Generationen vermittelt werden: „Nie wieder!“