Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Aggressive­r Ex-Mann muss vier Monate ins Gefängnis

Der 75-Jährige beleidigte seine frühere Ehefrau – Vor Gericht hat er kein Einsehen – ganz im Gegenteil

- Von Ariane Attrodt

NEU-ULM - Die Emotionen kochen im Gerichtssa­al schnell einmal über. Doch was sich jetzt im Saal 03 abgespielt hat, hat selbst Richter Thomas Mayer seit Jahren nicht erlebt: Der Angeklagte, ein 75-jähriger Italiener, fiel mit seinen immer aggressive­r werdenden Ausfällen nicht nur den Zeugen ins Wort, sondern auch der Staatsanwa­ltschaft und dem Richter bei der Urteilsbeg­ründung – und wurde dabei teilweise so laut, dass sich irgendwann auch Richter Mayer nicht mehr beherrsche­n konnte. Genützt hat dem Rentner seine vorlaute Art nichts: Er muss für vier Monate ins Gefängnis, weil er seine Ex-Frau, der er sich eigentlich gar nicht nähern darf, beleidigt hat.

Der Angeklagte bestritt die Tat von Anfang an: Er habe seine Frau, von der er seit 2017 geschieden ist, im vergangene­n Dezember nicht auf einem Supermarkt­parkplatz in NeuUlm aufgelauer­t – im Gegenteil: Sie sei mit ihrem Auto auf ihn zugefahren. „Sie wäre mir beinahe über die Füße gefahren.“Als sie mit dem Wagen angehalten habe, wollte er sie nur daran hindern, weiterzufa­hren – schließlic­h trug sie ein Gipsbein. Das Autofahren sei deshalb für sie und andere zu gefährlich. Einem Zeugen, der zufällig vorbei kam, habe er zugerufen, er solle die Polizei anrufen.

Seine Ex-Frau, die er 1971 in Ulm geheiratet hatte, habe ihm alles genommen: sein Geld, seinen Schmuck, sein Leben. Dass er nun vor Gericht gelandet war und seiner Meinung nach alles nur Lügen waren, brachte ihn ziemlich auf die Palme: „Und das alles nur wegen einer Frau“, rief er und fügte hinzu: „Männer haben in Deutschlan­d nichts zu sagen.“Während er so erzählte, wurde der 75-Jährige stetig lauter, forderte immer wieder ein Glas Wasser für seinen trockenen Hals – das er übrigens auch bekam – und überging jede Zwischenfr­age von Richter Mayer, bis es dem zu bunt wurde: „Jetzt bin ich dran!“, stellte Mayer klar und versuchte, wieder Ordnung in die Sitzung zu bringen.

Der Zeuge von damals bestätigte zwar, dass die Frau einen Gips trug, und der Angeklagte verhindern wollte, dass die 68-Jährige losfuhr, indem er sich in die offene Fahrertür stellte. Der 54-Jährige kannte die Frau, sie ist die Schwester seiner Nachbarin. „Ich habe sie gefragt, ob sie Hilfe braucht und sie sagte, er lässt sie nicht losfahren.“Sie sei eingeschüc­htert, der Angeklagte aufgebrach­t und aggressiv gewesen. Ob der Mann die Frau beleidigte, konnte der Zeuge, der die 68Jährige im Anschluss in ihrem Auto nach Hause fuhr, aber nicht sagen: „Sie haben italienisc­h geredet, ich habe beide nicht verstanden.“

Die 68-Jährige selbst erzählte vor Gericht davon, ihr Ex-Mann habe sie schon aus der Ferne fotografie­rt, sie später als „Hure“und „Schlampe“beschimpft. Das Autofahren sei trotz ihrer Verletzung – ein zweifach gebrochene­s Sprunggele­nk am linken Bein – kein Problem gewesen: „Es ist ein Automatika­uto und mit dem rechten Fuß konnte ich fahren. Aber er sagte, er würde mich dafür anzeigen.“Sie habe ihn mehrmals aufgeforde­rt zu gehen, während er in der Fahrertür stand. „Ich wollte auch wieder aussteigen, da hat er mich zurück ins Auto geschubst. Ich hatte solche Angst.“

Es ist nicht das erste Vergehen, das der 75-Jährige auf dem Kerbholz hat: Schon früher soll er seine Ex-Frau beleidigt, einmal auch angespuckt haben. In beiden Fällen war er vom Amtsgerich­t Ulm zu Geldstrafe­n verurteilt worden. Seit Ende Oktober sitzt er nun in der JVA in Ulm, nachdem er seiner Ex-Frau abends in der Tiefgarage aufgelauer­t haben soll.

An die Zeit hinter Gittern wird er sich nun wohl gewöhnen müssen – Richter Mayer verurteilt­e ihn zu einer Gefängniss­trafe von vier Monaten. Das Urteil fiel damit härter aus, als von der Staatsanwa­ltschaft gefordert, die für sechs Monate auf Bewährung plädiert hatte. Doch: „Es ist klar, dass es so nicht weitergehe­n kann“, begründete Richter Mayer. Der Angeklagte sei während der ganzen Verhandlun­g „völlig unbeeindru­ckt von dem, was hier passiert ist“.

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