Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Die „Igel“wollen weiter Stacheln zeigen
Kommunalwahl-Vorbereitung: Für mehr Wohnraum in Laichingen und gegen Teilortswahl
LAICHINGEN - Muss die Stadt sozialen Wohnungsbau in Laichingen selbst in die Hand nehmen? Bei einem Vorbereitungs-Treffen mit Blick auf die Kommunalwahlen haben sich Unterstützer der „Igel“-Gemeinderatsfraktion mit Problemen in Laichingen beschäftigt. Sie fordern mehr bezahlbaren Wohnraum, weniger Flächenversiegelung und nachhaltige Mobilität. Uneinig zeigten sie sich in der Frage, was vom Gewerbegebiet zwischen Merklingen und Nellingen zu halten ist.
Das Wichtigste kam zum Schluss. Igel-Stadträtin Gisela Steinestel ließ eine Liste rumgehen, auf der sich möglichst viele der Teilnehmer des Treffens im kleinen Saal des Laichinger Rössle verbindlich bereit erklären sollten, für die Igel bei der Kommunalwahl am 26. Mai ins Rennen zu gehen. Abgeschlossen ist die Kandidatensuche damit noch nicht, auch die anderen drei Fraktionen im Laichinger Gemeinderat (BWV, CDU, LAB) akquirieren gerade Kandidaten, was gar nicht so einfach ist (wir berichteten).
Auch das Programm, mit dem die Igel („Initiative gemeinsam engagiert für Laichingen“) möglichst viele Stimmen bekommen möchten, steht noch nicht endgültig fest. Bei der offenen Fraktionssitzung am Montag nahm es aber Gestalt an. Gemeinsam mit Unterstützern, die teils schon auf der Igel-Liste für den Gemeinderat kandidiert hatten, diskutierten aktuelle Mitglieder der Gemeinderatsfraktion verschiedene Punkte.
Sprecherin Gisela Steinestel präsentierte drei Igel-Grundsätze, die unverrückbar seien: nachhaltiges Wirtschaften, der Schutz von Mensch und Natur sowie der Erhalt und die Förderung einer gesunden Umwelt.
Großen Raum nahmen aber auch andere Themen ein, so vor allem fehlender bezahlbarer Wohnraum in der Stadt, ein Unterpunkt auf dem IgelProgramm. Tenor der knapp 20 Anwesenden: Viele Familien leiden unter zu hohen Mieten. Und wer könne es sich heute noch leisten, ein neues Haus zu bauen (was angesichts des stetig steigenden Flächenverbrauchs sowieso eine veraltete Idee sei)?
Laut Steinestel gibt es in Laichingen 150 unbebaute Grundstücke in privater Hand. Würde dort mehr gebaut, könne das die Situation entspannen. BUND-Kreisvorsitzender Christian Killius, der abermals für die Igel um Stimmen kämpfen will, kritisierte die Verwaltung. Diese wolle in erster Linie Grundstücke nur „verkaufen“; was dann entstehe, wenn überhaupt gebaut würde, sei ihr egal.
Da hohe Mieten für viele Familien existenzbedrohend seien, schlug Killius für Laichingen eine vom Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer ins Spiel gebrachte Möglichkeit vor: Hausbesitzer könnten enteignet werden, wenn sie ihr Haus leerstehen lassen, weil ihnen Mieter nicht passen oder diese nicht ausreichend hohe Mieten hinblättern können. Killius zeigte sich der Wirkung seiner Vorschlags bewusst: Doch als Igel-Fraktion müsse man ab und zu auch Mal „kratzbürstig“sein. Grundsätzlich stimme das, so Steinestel.
Auch die Frage machte die Runde, ob nicht die Stadt – oder der Kreis – als Akteur beim (aktuell quasi nicht vorhandenen) sozialen Wohnungsbau auftreten sollen. Dr. Günter Schmid erinnerte an die Baugenossenschaft Münsingen, die ebenfalls mit Preisproblemen zu kämpfen gehabt habe in Laichingen. „Deshalb bauen sie jetzt in Heroldstatt.“Und Simon Wiedemer, lange Laichinger Elternbeirat und Ingenieur in Esslingen, brachte die Idee ein, Gewerbetreibende im Bebauungsplan zu verpflichten, bei eingeschossigen Gewerbebauten oben drauf noch Wohnungen zu setzen. „Aldi macht das schon in Städten.“
Uneins beim Gewerbegebiet
Noch keine einheitliche Meinung scheinen die Igel-Anhänger beim geplanten interkommunalen Gewerbegebiet zu haben. Während der Plan einem der Anwesenden „irrwitzig“vorkam, da sich der Fachkräftemangel dadurch auf der Laichinger Alb verschärfe, brach Wiedemer eine Lanze für Ordnung und Konzentration von Gewerbe an einem Fleck. Wenn nicht an der A8 mitsamt Bahnhofs-Anschluss, wo denn dann? Vielleicht ließe sich dadurch sogar eine Berufsschule in dem Gebiet realisieren? Außerdem soll mit dem neuen Gewerbegebiet verhindert werden, was auch Gisela Steinestel bestätigte, dass Gemeinden vor Ort Gewerbeflächen ausweisen, wie es ihnen gerade passt, ohne Rücksicht auf Verluste und Nachbarkommunen. Am Ende könnte es ohne das Gebiet sogar mehr versiegelte Gewerbeflächen auf der Laichinger Alb geben. Und durch die dezentrale Verteilung auch mehr Verkehr zwischen den Gemeinden.
Alfred Schmid, früherer Rektor der Martinschule und nach eigener Auskunft „Ur-Laichinger“, kann sich eine Mitwirkung bei den „Igeln“vor allem wegen „des grünen Anliegens“vorstellen. Der Klimawandel schlage auch lokal mit voller Wucht durch. Die Fichte sei ein Auslaufmodell, so der Waldbesitzer. In vielen Köpfen müsse ein Umdenken stattfinden. Killius pflichtete ihm bei: Die Stadt müsse endlich Schottergärten vor Wohnhäusern verbieten, ein feindlicher Lebensraum für Tiere.
Mobilität war ein weiterer Punkt: Die Runde begrüßte das von der Stadt auf den Weg gebrachte Fahrradkonzept für zunächst die Innenstadt. In dem Radwege – aufgezeichnet am Fahrbahnrand – wohl in der Hirschstraße vorgesehen seien; nicht in der Bahnhofstraße wegen des Verkehrs.
Zum Schluss das vielleicht komplexeste Thema: die unechte Teilortswahl. Günter Schmid warb dafür, diese Regelung nach 40 Jahren nun auch in Laichingen abzuschaffen. Sie verhelfe den Teilorten zu überproportional großem Gewicht im Gemeinderat im Vergleich zur Kernstadt. Ein großes Anliegen sei dies stets auch von Ernst Joachim Bauer gewesen, dem langjährigen, aber aus gesundheitlichen Gründen aus dem Rat ausgeschiedenen Igel-Sprecher.
Des Öfteren war von ihm am Montag die Rede. Er hat seinen Nachfolgern große Fußstapfen hinterlassen. Seine Stacheln waren meist die spitzesten im Gemeinderat.