Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Das erste von zwei Endspielen
VfB-Trainer Markus Weinzierl muss gegen RB Leipzig liefern
STUTTGART (dpa/SID/sz) - Die turbulente Woche in Stuttgart hat die Situation von VfB-Trainer Markus Weinzierl zumindest nicht verschlechtert. Die Personalrochade von Michael Reschke zu Thomas Hitzlsperger eröffnet auch dem 44-Jährigen eine neue Chance. Das Ende der kurzen VfB-Ära von Sportvorstand Reschke könnte seine Bewährungszeit verlängert haben. Aber für wie lange? Bis wann wird Weinzierl weiter daran tüfteln dürfen, den Umschwung im Abstiegskampf zu schaffen? Seine Zukunft wird auch davon abhängen, wie sich seine Elf am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen RB Leipzig präsentiert. Es könnte das erste von zwei Endspielen für ihn werden.
„Als Trainer lebst du von Spiel zu Spiel, von Tag zu Tag“, räumte Weinzierl ein und geht mit seiner Position realistisch um. Hitzlsperger hat ihm seine Unterstützung versichert. Und manches deutet darauf hin, dass der Coach zum früheren Nationalspieler ein besseres Verhältnis pflegt als zu dessen Vorgänger. Aber: „In der Konstellation ist es nichts anderes als in der vorherigen – dass wir Punkte brauchen, dass der Trainer Punkte braucht“, sagte Weinzierl. Und das Problem ist: Leipzig ist klarer Favorit, wie auch die Bremer, bei denen Stuttgart die Woche darauf gastiert. Gut möglich, dass Hitzlsperger erst im Falle zweier Niederlagen reagiert – und erst dann, vor dem Kellerduell des Liga-16. gegen den Liga-17. Hannover, zum letzten Strohhalm greift, einem erneuten Trainerwechsel.
Anders als der Abstiegskonkurrent 1. FC Nürnberg sah der VfB Anfang der Woche von einem kompletten Umbruch ab. Weinzierl, der im Oktober kam, arbeitet (vorerst) weiter. Stattdessen musste am Dienstag überraschend Sportvorstand Reschke gehen, der Weinzierl zuvor nur das Leipzig-Spiel versprochen hatte. Zwar lehnte Hitzlsperger ebenfalls ein längerfristiges Treuebekenntnis zum Coach ab, sagte aber auch: „Ich werde alles tun, solange, wie ich spüre, dass es sinnvoll ist, und das geht hoffentlich eine lange Zeit.“
Mit dem Arbeitsbeginn des ExVfB-Profis soll sich die Atmosphäre sogleich verbessert haben: „Die positive Herangehensweise kann ein Trumpf sein“, behauptete Weinzierl, er habe in Hitzlspergers Aussagen „100 Prozent Vertrauen. Wir arbeiten in eine Richtung. Wenn er sagt, er steht bis zum letzten Tag an meiner Seite, dann reicht mir das.“Ob positive Worte des neuen Sportvorstands der schwächsten Offensive der Liga gegen die stärkste Defensive und damit gegen den Champions-LeagueAspiranten Leipzig tatsächlich helfen? Immerhin: Das Ergebnis allein allerdings dürfte über Weinzierls Zukunft nicht entscheiden.
Mut dürfte dem Trainer weiter seine erste Bundesligastation beim FC Augsburg machen, mit dem er 2012/13 eine beinahe aussichtslose Situation mit nur neun Punkten aus der Hinrunde meisterte. Damals hielt der Verein an ihm fest – mit Erfolg. In Stuttgart muss Weinzierl auch mit dem Erbe der misslungenen Kaderplanung von Reschke leben. Mit teuren MillionenTransfers wollte der Rheinländer eine Mannschaft zusammenstellen, die die Europapokal-Plätze angreift. Dem Kader fehle es an „Geschwindigkeit, Zweikampfstärke, Führung, defensiver Stabilität, Homogenität“, ätzte nun der frühere Weltmeister Guido Buchwald. Der Ex-Profi war vor zwei Wochen aus dem VfB-Aufsichtsrat zurückgetreten, auch das hatte für Unruhe gesorgt.
Mit Gomez in der Startelf
Taktisch hat Weinzierl bereits vieles probiert. Auch davor, Torjäger Mario Gomez auf die Bank zu setzen, schreckte er nicht zurück. Der Ex-Nationalspieler dürfte heute allerdings wieder auflaufen, auch, weil Nicolas Gonzalez nach seiner Roten Karte beim 0:3 in Düsseldorf für drei Spiele gesperrt wurde. Gomez sei die „erste Option im Angriff“, sagte Weinzierl, „radikale Wechsel“in seinem Team schloss er aus. Weiter fehlen werden Dennis Aogo (Wadenverletzung) und Timo Baumgartl, der an den Folgen einer Gehirnerschütterung leidet.
Weinzierls Ausbeute bleibt verbesserungswürdig: Nur zehn Punkte holte er in 14 Spielen, zuletzt gab es fünf Niederlagen in sechs Partien. Vorgänger Tayfun Korkut musste sich mit fünf Punkten nach den ersten sieben Saisonspielen verabschieden, kommt also auf den gleichen Schnitt von 0,71 Zählern pro Match. „Was soll der Trainer machen, wenn sich die Mannschaft so präsentiert?“, fragte der frühere Nationaltorhüter Ron-Robert Zieler nach der Düsseldorf-Pleite. Die Frage aber dürfte sein, wie Hitzlsperger reagiert, falls sich die Elf weiter so erschreckend schwach präsentiert.